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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Die Ausstellung des Deutschen Weltbundes in Köln

Daß der Werkbund über seinem Bemühen, vor allen Dingen die Form
auf dem ganzen Gebiete werkcünstlerischen Schaffens zu eigenkräfüger Schönheit
zu läutern, die hohe Bedeutung nicht vergißt, die der Farbe in der Gesamt¬
gestaltung unserer Lebensumgebung zukommt, das beweist mit eindrucksvoller
Anschaulichkeit die Farbenschau, die in einem von Hermann Muthesius errichteten
umfangreichen Gebäude eine reiche Fülle erlesenster Reize entfaltet. Das erste
Ziel der Darbietung mußte hier sein, das Gefühl für die unentstellte Schönheit
und Reinheit der Farbe zu wecken und zu klarer Bewußtheit zu steigern. So
ist zunächst aus der Natur das Köstlichste zusammengetragen', was sie an
Farbenwundern dem Auge schenkt: lichtdurchschimmerte Kristalle, geschliffene
Steine von tiefem Feuer oder milden, warmen Tönen, Vögel mit samtenem
Gefieder, glänzende Schmetterlinge und wundersam schimmernde Muscheln. Das
alles hat ein feiner, liebevoller Sinn zu Farbflächen von unerhörter Sattheit,
zu Farbharmonien oder Mustern von lebendigstem Reichtum zusammengefügt.
In einem besonderen Raum sind ferner Topfpflanzen und Schnittblumen in
wechselnden Gruppen von ruhig einheitlicher Farbenwirkung vereint. Von diesen
Ausgangspunkten her wird dann gezeigt, wie menschliche Erfindung die Fülle
dieses natürlichen Farbenlebens aufzufangen und nachzubilden vermag. Hier
kam es vor allem darauf an, den Wert und die Schönheit echter, dauerhafter
Farben im eigentlichsten Sinn ins Licht zu stellen. Die großen chemischen
Fabriken von Ludwigshafen und Leverkursen stellen hier ihre glänzenden Leistungen
zur Schau, mit denen sie der Echtfärberei Hilfsmittel von unerreichter Voll¬
kommenheit geschaffen haben. Und außer der absoluten Schönheit ist überall
auch die Zuverlässigkeit der lichtbeständigen Farbe einleuchtend erwiesen durch
die Gegenüberstellung der landläufigen geringen Erzeugnisse, deren ursprüngliche
Töne rasch und unaufhaltsam stumpf und schmutzig werden. Zu dieser Fülle
von echt gefärbten Garnen, Vorhängen und Möbelstoffen, Papieren und Tapeten,
Lederarten und Hölzern gesellen sich dann in einem weiteren Raum Seidenstoffe
von einer unbeschreiblichen Herrlichkeit tiefer, verhaltener Farben, den Natur¬
vorbildern einer Muschel etwa oder eines Vogelleibes in höchster Vollendung
nachgebildet. Die wunderbare Ausdruckskraft lichtdurchglühter Farben, die sich
die künstlerische Glasmalerei heute wieder zurückgewonnen hat, ist in einer
besonderen Reihe von Fenstern zur Anschauung gebracht. Und endlich läßt ein
großer Saal mit Entwürfen für Flächenschmuck die reichen Möglichkeiten ahnen,
die eine dekorative Farbenwahl bei der Ausgestaltung und Ausschmückung des
Wohnraumes zu entwickeln vermag.

Nur mit einer raschen Erwähnung sei der kleineren Sonderhäuser gedacht,
die ebenfalls für bestimmte Aufgaben der Wohnhausgestaltung und der Innen¬
ausstattung neue Anregungen geben oder ein erstes Vorbild aufstellen wollen.
Am Rhein drunten haben die Werkstätten von Bernard Stadler in Paderborn
nach Entwürfen von Max Heidrich ein vornehm behagliches Sommerhaus ganz
aus Holz aufrichten lassen; die Stadt Köln zeigt in einem Pavillon liebevoll


Die Ausstellung des Deutschen Weltbundes in Köln

Daß der Werkbund über seinem Bemühen, vor allen Dingen die Form
auf dem ganzen Gebiete werkcünstlerischen Schaffens zu eigenkräfüger Schönheit
zu läutern, die hohe Bedeutung nicht vergißt, die der Farbe in der Gesamt¬
gestaltung unserer Lebensumgebung zukommt, das beweist mit eindrucksvoller
Anschaulichkeit die Farbenschau, die in einem von Hermann Muthesius errichteten
umfangreichen Gebäude eine reiche Fülle erlesenster Reize entfaltet. Das erste
Ziel der Darbietung mußte hier sein, das Gefühl für die unentstellte Schönheit
und Reinheit der Farbe zu wecken und zu klarer Bewußtheit zu steigern. So
ist zunächst aus der Natur das Köstlichste zusammengetragen', was sie an
Farbenwundern dem Auge schenkt: lichtdurchschimmerte Kristalle, geschliffene
Steine von tiefem Feuer oder milden, warmen Tönen, Vögel mit samtenem
Gefieder, glänzende Schmetterlinge und wundersam schimmernde Muscheln. Das
alles hat ein feiner, liebevoller Sinn zu Farbflächen von unerhörter Sattheit,
zu Farbharmonien oder Mustern von lebendigstem Reichtum zusammengefügt.
In einem besonderen Raum sind ferner Topfpflanzen und Schnittblumen in
wechselnden Gruppen von ruhig einheitlicher Farbenwirkung vereint. Von diesen
Ausgangspunkten her wird dann gezeigt, wie menschliche Erfindung die Fülle
dieses natürlichen Farbenlebens aufzufangen und nachzubilden vermag. Hier
kam es vor allem darauf an, den Wert und die Schönheit echter, dauerhafter
Farben im eigentlichsten Sinn ins Licht zu stellen. Die großen chemischen
Fabriken von Ludwigshafen und Leverkursen stellen hier ihre glänzenden Leistungen
zur Schau, mit denen sie der Echtfärberei Hilfsmittel von unerreichter Voll¬
kommenheit geschaffen haben. Und außer der absoluten Schönheit ist überall
auch die Zuverlässigkeit der lichtbeständigen Farbe einleuchtend erwiesen durch
die Gegenüberstellung der landläufigen geringen Erzeugnisse, deren ursprüngliche
Töne rasch und unaufhaltsam stumpf und schmutzig werden. Zu dieser Fülle
von echt gefärbten Garnen, Vorhängen und Möbelstoffen, Papieren und Tapeten,
Lederarten und Hölzern gesellen sich dann in einem weiteren Raum Seidenstoffe
von einer unbeschreiblichen Herrlichkeit tiefer, verhaltener Farben, den Natur¬
vorbildern einer Muschel etwa oder eines Vogelleibes in höchster Vollendung
nachgebildet. Die wunderbare Ausdruckskraft lichtdurchglühter Farben, die sich
die künstlerische Glasmalerei heute wieder zurückgewonnen hat, ist in einer
besonderen Reihe von Fenstern zur Anschauung gebracht. Und endlich läßt ein
großer Saal mit Entwürfen für Flächenschmuck die reichen Möglichkeiten ahnen,
die eine dekorative Farbenwahl bei der Ausgestaltung und Ausschmückung des
Wohnraumes zu entwickeln vermag.

Nur mit einer raschen Erwähnung sei der kleineren Sonderhäuser gedacht,
die ebenfalls für bestimmte Aufgaben der Wohnhausgestaltung und der Innen¬
ausstattung neue Anregungen geben oder ein erstes Vorbild aufstellen wollen.
Am Rhein drunten haben die Werkstätten von Bernard Stadler in Paderborn
nach Entwürfen von Max Heidrich ein vornehm behagliches Sommerhaus ganz
aus Holz aufrichten lassen; die Stadt Köln zeigt in einem Pavillon liebevoll


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[0232] Die Ausstellung des Deutschen Weltbundes in Köln Daß der Werkbund über seinem Bemühen, vor allen Dingen die Form auf dem ganzen Gebiete werkcünstlerischen Schaffens zu eigenkräfüger Schönheit zu läutern, die hohe Bedeutung nicht vergißt, die der Farbe in der Gesamt¬ gestaltung unserer Lebensumgebung zukommt, das beweist mit eindrucksvoller Anschaulichkeit die Farbenschau, die in einem von Hermann Muthesius errichteten umfangreichen Gebäude eine reiche Fülle erlesenster Reize entfaltet. Das erste Ziel der Darbietung mußte hier sein, das Gefühl für die unentstellte Schönheit und Reinheit der Farbe zu wecken und zu klarer Bewußtheit zu steigern. So ist zunächst aus der Natur das Köstlichste zusammengetragen', was sie an Farbenwundern dem Auge schenkt: lichtdurchschimmerte Kristalle, geschliffene Steine von tiefem Feuer oder milden, warmen Tönen, Vögel mit samtenem Gefieder, glänzende Schmetterlinge und wundersam schimmernde Muscheln. Das alles hat ein feiner, liebevoller Sinn zu Farbflächen von unerhörter Sattheit, zu Farbharmonien oder Mustern von lebendigstem Reichtum zusammengefügt. In einem besonderen Raum sind ferner Topfpflanzen und Schnittblumen in wechselnden Gruppen von ruhig einheitlicher Farbenwirkung vereint. Von diesen Ausgangspunkten her wird dann gezeigt, wie menschliche Erfindung die Fülle dieses natürlichen Farbenlebens aufzufangen und nachzubilden vermag. Hier kam es vor allem darauf an, den Wert und die Schönheit echter, dauerhafter Farben im eigentlichsten Sinn ins Licht zu stellen. Die großen chemischen Fabriken von Ludwigshafen und Leverkursen stellen hier ihre glänzenden Leistungen zur Schau, mit denen sie der Echtfärberei Hilfsmittel von unerreichter Voll¬ kommenheit geschaffen haben. Und außer der absoluten Schönheit ist überall auch die Zuverlässigkeit der lichtbeständigen Farbe einleuchtend erwiesen durch die Gegenüberstellung der landläufigen geringen Erzeugnisse, deren ursprüngliche Töne rasch und unaufhaltsam stumpf und schmutzig werden. Zu dieser Fülle von echt gefärbten Garnen, Vorhängen und Möbelstoffen, Papieren und Tapeten, Lederarten und Hölzern gesellen sich dann in einem weiteren Raum Seidenstoffe von einer unbeschreiblichen Herrlichkeit tiefer, verhaltener Farben, den Natur¬ vorbildern einer Muschel etwa oder eines Vogelleibes in höchster Vollendung nachgebildet. Die wunderbare Ausdruckskraft lichtdurchglühter Farben, die sich die künstlerische Glasmalerei heute wieder zurückgewonnen hat, ist in einer besonderen Reihe von Fenstern zur Anschauung gebracht. Und endlich läßt ein großer Saal mit Entwürfen für Flächenschmuck die reichen Möglichkeiten ahnen, die eine dekorative Farbenwahl bei der Ausgestaltung und Ausschmückung des Wohnraumes zu entwickeln vermag. Nur mit einer raschen Erwähnung sei der kleineren Sonderhäuser gedacht, die ebenfalls für bestimmte Aufgaben der Wohnhausgestaltung und der Innen¬ ausstattung neue Anregungen geben oder ein erstes Vorbild aufstellen wollen. Am Rhein drunten haben die Werkstätten von Bernard Stadler in Paderborn nach Entwürfen von Max Heidrich ein vornehm behagliches Sommerhaus ganz aus Holz aufrichten lassen; die Stadt Köln zeigt in einem Pavillon liebevoll

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/232>, abgerufen am 28.07.2024.