Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Kardinal Ropxs Bedeutung Kopp selbst war fest überzeugt, daß seine drei Amendements auch im Plenum Aber die Kurie hatte schon nachgegeben. In einer vom 4. April datierten Bei der Abstimmung wurde die Vorlage samt den Koppschen Anträgen Zwischen die entscheidende Herrenhaussitzung und die Eröffnung der Ab¬ *) Offizielle Erklärung dos Frhrn, von Solemacher - Antweiler vom 17. April 1886;
Schultheß-Delbrück S. 90. Kardinal Ropxs Bedeutung Kopp selbst war fest überzeugt, daß seine drei Amendements auch im Plenum Aber die Kurie hatte schon nachgegeben. In einer vom 4. April datierten Bei der Abstimmung wurde die Vorlage samt den Koppschen Anträgen Zwischen die entscheidende Herrenhaussitzung und die Eröffnung der Ab¬ *) Offizielle Erklärung dos Frhrn, von Solemacher - Antweiler vom 17. April 1886;
Schultheß-Delbrück S. 90. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0279" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328379"/> <fw type="header" place="top"> Kardinal Ropxs Bedeutung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1202" prev="#ID_1201"> Kopp selbst war fest überzeugt, daß seine drei Amendements auch im Plenum<lb/> auf keine Annahme rechnen konnten, falls nicht dauernde Anzeigepflicht gewährt<lb/> würde. Am Tage vor der entscheidenden Herrenhaussitzung, am 26. März,<lb/> telegraphierte") er, im Einverständnis mit fünf katholischen Herrenhausmitgliedern,<lb/> die sich bei ihm zur Beratung eingefunden hatten, in diesem Sinne nach Rom.<lb/> Es war freilich zu spät, und nur durch besondere Verwendung der Regierung<lb/> lehnte das Haus die Vorlage nicht ab, sondern wies sie an die Kommission<lb/> zurück. Damit war der Kurie nochmals Zeit gegeben; die Regierung ließ<lb/> Schlözer nach Berlin kommen, aber auch er brachte nicht mehr als eine sehr<lb/> verklausulierte und im Grunde wertlose Note der Kurie vom 26. März, wonach<lb/> sie bei Annahme der Kommissionsbeschlüsse samt den Koppschen Anträgen bereit<lb/> war, dem Staate zu gestatten, seine Einwände gegen neu ernannte Priester<lb/> vorzubringen, wenn der „religiöse Friede" hergestellt sei. Als der Kultusminister<lb/> in der auf seinen eigenen Wunsch anberaumten zweiten Kommissionssitzung am<lb/> 5. April diesen Bericht Schlözers zur Kenntnis brachte, mußte er ihn für im<lb/> wesentlichen identisch mit der Auskunft Kopps in der ersten Kommissionssitzung<lb/> erklären: das Versöhnungswerk schien damit gescheitert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1203"> Aber die Kurie hatte schon nachgegeben. In einer vom 4. April datierten<lb/> Note erklärte Jakobini — offenbar von dem Ernste der Situation unter¬<lb/> richtet —, die Kurie sei bereit, schon jetzt die Anzeigepflicht ohne Rückhalt zu<lb/> bewilligen, sobald die Regierung die Erklärung abgebe, daß sie in nächster Zeit<lb/> eine weitere Revision der Maigesetzgebung dem Landtage vorschlagen wolle;<lb/> die Hauptsache, um die sich der ganze Kampf drehte, die Anzeigepflicht in einer<lb/> das Einspruchsrecht des Staates in sich schließenden Form war damit, sogar<lb/> gegen ein nur allgemeines Versprechen der Regierung eingeräumt. Kultus¬<lb/> minister Goßler sandte die Note ans Herrenhaus, wo am 12. und 13. April<lb/> die entscheidende Verhandlung stattfand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1204"> Bei der Abstimmung wurde die Vorlage samt den Koppschen Anträgen<lb/> mit einhundertdreiundzwanzig gegen sechsundvierzig Stimmen angenommen;<lb/> Bismarck und der Justizminister Friedberg gingen mit der Majorität, während<lb/> die liberalen Mitglieder des Hauses, in deren Sinn Beseler und Miquel ge¬<lb/> sprochen hatten, dagegen stimmten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1205" next="#ID_1206"> Zwischen die entscheidende Herrenhaussitzung und die Eröffnung der Ab¬<lb/> geordnetenhausberatung fällt die Note Jakobinis vom 25. April, in welcher<lb/> der Papst — nachdem die Regierung zwei Tage vorher ihre Bereitwilligkeit zu<lb/> weiterer Revision der Maigesetze zugesichert hatte — aus eigener Initiative<lb/> und ohne die vollständige Erfüllung der ausgesprochenen Voraussetzungen ab¬<lb/> zuwarten, die Anzeige für die gegenwärtig vakanten Pfarreien schon von jetzt<lb/> ab eintreten ließ. So konnte Goßler vor das Abgeordnetenhaus mit der<lb/> vollendeten Tatsache hintreten, daß die Bischöfe auf die päpstliche Weisung hin</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Offizielle Erklärung dos Frhrn, von Solemacher - Antweiler vom 17. April 1886;<lb/> Schultheß-Delbrück S. 90.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0279]
Kardinal Ropxs Bedeutung
Kopp selbst war fest überzeugt, daß seine drei Amendements auch im Plenum
auf keine Annahme rechnen konnten, falls nicht dauernde Anzeigepflicht gewährt
würde. Am Tage vor der entscheidenden Herrenhaussitzung, am 26. März,
telegraphierte") er, im Einverständnis mit fünf katholischen Herrenhausmitgliedern,
die sich bei ihm zur Beratung eingefunden hatten, in diesem Sinne nach Rom.
Es war freilich zu spät, und nur durch besondere Verwendung der Regierung
lehnte das Haus die Vorlage nicht ab, sondern wies sie an die Kommission
zurück. Damit war der Kurie nochmals Zeit gegeben; die Regierung ließ
Schlözer nach Berlin kommen, aber auch er brachte nicht mehr als eine sehr
verklausulierte und im Grunde wertlose Note der Kurie vom 26. März, wonach
sie bei Annahme der Kommissionsbeschlüsse samt den Koppschen Anträgen bereit
war, dem Staate zu gestatten, seine Einwände gegen neu ernannte Priester
vorzubringen, wenn der „religiöse Friede" hergestellt sei. Als der Kultusminister
in der auf seinen eigenen Wunsch anberaumten zweiten Kommissionssitzung am
5. April diesen Bericht Schlözers zur Kenntnis brachte, mußte er ihn für im
wesentlichen identisch mit der Auskunft Kopps in der ersten Kommissionssitzung
erklären: das Versöhnungswerk schien damit gescheitert.
Aber die Kurie hatte schon nachgegeben. In einer vom 4. April datierten
Note erklärte Jakobini — offenbar von dem Ernste der Situation unter¬
richtet —, die Kurie sei bereit, schon jetzt die Anzeigepflicht ohne Rückhalt zu
bewilligen, sobald die Regierung die Erklärung abgebe, daß sie in nächster Zeit
eine weitere Revision der Maigesetzgebung dem Landtage vorschlagen wolle;
die Hauptsache, um die sich der ganze Kampf drehte, die Anzeigepflicht in einer
das Einspruchsrecht des Staates in sich schließenden Form war damit, sogar
gegen ein nur allgemeines Versprechen der Regierung eingeräumt. Kultus¬
minister Goßler sandte die Note ans Herrenhaus, wo am 12. und 13. April
die entscheidende Verhandlung stattfand.
Bei der Abstimmung wurde die Vorlage samt den Koppschen Anträgen
mit einhundertdreiundzwanzig gegen sechsundvierzig Stimmen angenommen;
Bismarck und der Justizminister Friedberg gingen mit der Majorität, während
die liberalen Mitglieder des Hauses, in deren Sinn Beseler und Miquel ge¬
sprochen hatten, dagegen stimmten.
Zwischen die entscheidende Herrenhaussitzung und die Eröffnung der Ab¬
geordnetenhausberatung fällt die Note Jakobinis vom 25. April, in welcher
der Papst — nachdem die Regierung zwei Tage vorher ihre Bereitwilligkeit zu
weiterer Revision der Maigesetze zugesichert hatte — aus eigener Initiative
und ohne die vollständige Erfüllung der ausgesprochenen Voraussetzungen ab¬
zuwarten, die Anzeige für die gegenwärtig vakanten Pfarreien schon von jetzt
ab eintreten ließ. So konnte Goßler vor das Abgeordnetenhaus mit der
vollendeten Tatsache hintreten, daß die Bischöfe auf die päpstliche Weisung hin
*) Offizielle Erklärung dos Frhrn, von Solemacher - Antweiler vom 17. April 1886;
Schultheß-Delbrück S. 90.
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