Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Reichsspiegel und Bild und Rede, die die Gemüter in fortgesetzter Gärung zu erhalten suchen, Die Größe der Gefahr liegt darin, daß die an sich geringe Minderheit, Reichsspiegel und Bild und Rede, die die Gemüter in fortgesetzter Gärung zu erhalten suchen, Die Größe der Gefahr liegt darin, daß die an sich geringe Minderheit, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0582" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328048"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_2704" prev="#ID_2703"> und Bild und Rede, die die Gemüter in fortgesetzter Gärung zu erhalten suchen,<lb/> immer wieder alles, was deutsch ist und worauf deutsche Kraft beruht, mit Haß<lb/> und Hohn verfolgen, immer wieder das leicht erregbare Mißtrauen wecken<lb/> und die Volksseele dem Siedepunkt nahe halten? Hier darf man nicht mit<lb/> Nachsicht dulden; denn sie wissen gar wohl, was sie tun. Und leider finden sie<lb/> auch noch in Eingewanderten erwünschte Helfershelfer; jene öfters wiederholten<lb/> pöbelhafter Ausschreitungen in Zabern verdanken wir einer von drüben im¬<lb/> portierten Demokratenpresse, die mit den übelsten Instinkten der Volkshefe rechnet.<lb/> Als unsere Landesregierung beim Bundesrat sich um besondere Vollmacht bemühte,<lb/> wenigstens gegen die schlimmsten Machenschaften eines dreisten Franzosentums<lb/> im Reichsland mit entsprechenden Maßregeln vorzugehen, haben sich die beiden<lb/> Kammern des Landtags gegen jedes Ausnahmegesetz mit der Erklärung gestemmt,<lb/> daß das elsaß - lothringische Volk schon in sich selbst die Kraft besitze, solches<lb/> Treiben zu überwinden. Nun, es ist Zeit, dies Wort einzulösen. Denn hier<lb/> droht eine ungleich größere Gefahr, als in dem weit über das Maß hinaus<lb/> verschrienen Militarismus.</p><lb/> <p xml:id="ID_2705" next="#ID_2706"> Die Größe der Gefahr liegt darin, daß die an sich geringe Minderheit,<lb/> die solche feindseligen Gesinnungen hegt und planmäßig zu verbreiten sucht, ihre<lb/> einflußreichsten Vertreter in der ultramontanen Geistlichkeit des Landes hat und<lb/> mit der stärksten unserer politischen Parteien durch unzerreißbare Fäden verknüpft<lb/> ist; bezeichnend ist allein schon der Umstand, daß bei dem berüchtigten Nationa¬<lb/> listenskandal des vorigen Jahres die klerikale Partei unter dem Zwang der<lb/> öffentlichen Meinung wohl die Hetzreden Wetterlös verwarf, den Mann aber nicht<lb/> fallen ließ. So vermochte sich denn auch mit Rücksicht auf diese Partei die<lb/> bischöfliche Behörde zu Straßburg nur zu einem matten Verweise aufzuraffen,<lb/> und in Lothringen erfreut sich ein Hetzblatt gehässigster Sorte kirchenfürstlicher<lb/> Gunst. Das gibt um so mehr zu denken, als beide Bischöfe des<lb/> Reichslandes altdeutscher Herkunft sind. Und diese Partei selbst, der man<lb/> es glauben mag. daß es ihr mit der Anerkennung der durch den Frankfurter<lb/> Frieden geschaffenen Verhältnisse Ernst ist, bekundet doch unausgesetzt den<lb/> Charakter der LLLlssia militmis in einer die Ruhe des Landes schwer be¬<lb/> drohenden Kampfesweise. Das hat vor allem der Elsaß-Lothringische Lehrer¬<lb/> verein für seinen mannhaften Anschluß an den Allgemeinen Deutschen Lehrerverein<lb/> empfinden müssen; was für gehässige Angriffe auf Ehre und Sicherheit haben<lb/> katholische Mitglieder dieses Vereins zu ertragen gehabt, weil sie den Mut hatten,<lb/> zu bekunden, daß gut katholisches Christentum und deutsches Vaterlandsgefühl<lb/> auch hierzulande sich verbinden lassen! Dieser Anschluß war eine vaterländische<lb/> Tat, und eben der Haß, mit der sie klerikalerseits verfolgt wird, kann jedem<lb/> Unbefangenen die Augen dafür öffnen, was das nationale Einigungswerk von<lb/> dieser Partei zu hoffen hat. Nein, sie will in ihrer Mehrzahl nicht die Rückkehr<lb/> zu Frankreich, aber sie will Unterwerfung unter ihre Macht. So ist sie un¬<lb/> zufrieden und nährt die Unzufriedenheit, weil diese ihr bester Bundesgenosse</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0582]
Reichsspiegel
und Bild und Rede, die die Gemüter in fortgesetzter Gärung zu erhalten suchen,
immer wieder alles, was deutsch ist und worauf deutsche Kraft beruht, mit Haß
und Hohn verfolgen, immer wieder das leicht erregbare Mißtrauen wecken
und die Volksseele dem Siedepunkt nahe halten? Hier darf man nicht mit
Nachsicht dulden; denn sie wissen gar wohl, was sie tun. Und leider finden sie
auch noch in Eingewanderten erwünschte Helfershelfer; jene öfters wiederholten
pöbelhafter Ausschreitungen in Zabern verdanken wir einer von drüben im¬
portierten Demokratenpresse, die mit den übelsten Instinkten der Volkshefe rechnet.
Als unsere Landesregierung beim Bundesrat sich um besondere Vollmacht bemühte,
wenigstens gegen die schlimmsten Machenschaften eines dreisten Franzosentums
im Reichsland mit entsprechenden Maßregeln vorzugehen, haben sich die beiden
Kammern des Landtags gegen jedes Ausnahmegesetz mit der Erklärung gestemmt,
daß das elsaß - lothringische Volk schon in sich selbst die Kraft besitze, solches
Treiben zu überwinden. Nun, es ist Zeit, dies Wort einzulösen. Denn hier
droht eine ungleich größere Gefahr, als in dem weit über das Maß hinaus
verschrienen Militarismus.
Die Größe der Gefahr liegt darin, daß die an sich geringe Minderheit,
die solche feindseligen Gesinnungen hegt und planmäßig zu verbreiten sucht, ihre
einflußreichsten Vertreter in der ultramontanen Geistlichkeit des Landes hat und
mit der stärksten unserer politischen Parteien durch unzerreißbare Fäden verknüpft
ist; bezeichnend ist allein schon der Umstand, daß bei dem berüchtigten Nationa¬
listenskandal des vorigen Jahres die klerikale Partei unter dem Zwang der
öffentlichen Meinung wohl die Hetzreden Wetterlös verwarf, den Mann aber nicht
fallen ließ. So vermochte sich denn auch mit Rücksicht auf diese Partei die
bischöfliche Behörde zu Straßburg nur zu einem matten Verweise aufzuraffen,
und in Lothringen erfreut sich ein Hetzblatt gehässigster Sorte kirchenfürstlicher
Gunst. Das gibt um so mehr zu denken, als beide Bischöfe des
Reichslandes altdeutscher Herkunft sind. Und diese Partei selbst, der man
es glauben mag. daß es ihr mit der Anerkennung der durch den Frankfurter
Frieden geschaffenen Verhältnisse Ernst ist, bekundet doch unausgesetzt den
Charakter der LLLlssia militmis in einer die Ruhe des Landes schwer be¬
drohenden Kampfesweise. Das hat vor allem der Elsaß-Lothringische Lehrer¬
verein für seinen mannhaften Anschluß an den Allgemeinen Deutschen Lehrerverein
empfinden müssen; was für gehässige Angriffe auf Ehre und Sicherheit haben
katholische Mitglieder dieses Vereins zu ertragen gehabt, weil sie den Mut hatten,
zu bekunden, daß gut katholisches Christentum und deutsches Vaterlandsgefühl
auch hierzulande sich verbinden lassen! Dieser Anschluß war eine vaterländische
Tat, und eben der Haß, mit der sie klerikalerseits verfolgt wird, kann jedem
Unbefangenen die Augen dafür öffnen, was das nationale Einigungswerk von
dieser Partei zu hoffen hat. Nein, sie will in ihrer Mehrzahl nicht die Rückkehr
zu Frankreich, aber sie will Unterwerfung unter ihre Macht. So ist sie un¬
zufrieden und nährt die Unzufriedenheit, weil diese ihr bester Bundesgenosse
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