Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Lismarck und prokesch-Gstcn reichischen Kolonie am Bosporus auf Händen getragen, von Kaiser Franz Josef So gewiß er unter den Staatsmännern seines Landes in der vordersten Und wiederum bezeichnet selbst dieses ganze reiche Schrifttum noch nicht Lismarck und prokesch-Gstcn reichischen Kolonie am Bosporus auf Händen getragen, von Kaiser Franz Josef So gewiß er unter den Staatsmännern seines Landes in der vordersten Und wiederum bezeichnet selbst dieses ganze reiche Schrifttum noch nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0558" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328024"/> <fw type="header" place="top"> Lismarck und prokesch-Gstcn</fw><lb/> <p xml:id="ID_2577" prev="#ID_2576"> reichischen Kolonie am Bosporus auf Händen getragen, von Kaiser Franz Josef<lb/> mit Ehren überhäuft, der ihn unter anderem zum Grafen ernannte und schon<lb/> früher zum Feldzeugmeister ernannt hatte. An? 26. Oktober 1876 beendete<lb/> Prokesch sein arbeitsreiches Leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2578"> So gewiß er unter den Staatsmännern seines Landes in der vordersten<lb/> Reihe stand, so gewiß er in jeder seiner Stellungen mit vorbildlicher Hingabe,<lb/> mit Einsetzung seiner ganzen Persönlichkeit gewirkt hat, so wenig hat sich doch<lb/> Prokesch in seiner militärischen und politischen Tätigkeit auch nur von weitem<lb/> erschöpft. Eine Spannkraft, eine Leistungsfähigkeit, eine Mannigfaltigkeit der<lb/> Begabung, wie sie sich in jedem Falle nur ganz selten findet, hat es ihm<lb/> ermöglicht, daneben noch eine ruhmreiche und untadelhafte Laufbahn als Schrift¬<lb/> steller, ja als Gelehrter verschiedener Gebiete zu durchlaufen, und das Feuer<lb/> seines Temperamentes, das ihm im Staatsleben nicht selten zum Siege ver¬<lb/> helfen, andere Male aber auch zur Klippe werden sollte, hat ihm, im Bunde<lb/> mit einem durchdringend scharfen Geiste und einem warmen Herzen, eine Reihe<lb/> wissenschaftlicher Erfolge zum Teil der hervorragendsten Art eingetragen. Seine<lb/> politischen und historischen Schriften sind Muster vou Klar- und Tiefblick, sein<lb/> bändereiches Werk über den Abfall der Griechen gilt vor der strengsten historischen<lb/> Kritik als ein Meisterstück von Fleiß und Gründlichkeit, vor allem aber auch<lb/> von Sachlichkeit und Unparteilichkeit. Den Höhepunkt seines wissenschaftlichen<lb/> Wirkens aber bezeichnen seine Reisewerke, insbesondere seine dreibändigen „Denk¬<lb/> würdigkeiten und Erinnerungen aus dem Orient" (Stuttgart 1836 und 1837),<lb/> ein staunenswertes Produkt der Vereinigung von Gelehrsamkeit und Beob¬<lb/> achtung. Für die geographische Wissenschaft, insbesondere sür die Topographie<lb/> der Troas, hat Prokesch Epochemachendes geleistet, und Alexander von Humboldt<lb/> hat ihn „einen Forschungsreisenden, wenn es je einen gegeben hat", genannt.<lb/> Nicht minder groß sind seine Verdienste um die Archäologie, die Epigraphik,<lb/> vor allem aber die antike Münzkunde, in welcher er eine Autorität ersten Ranges<lb/> war. Seine berühmte klassische Sammlung bildet seit 1375 eine Zierde des<lb/> Berliner Münzkabinetts. Zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften, allen voran<lb/> die großen Akademien von Wien und Berlin, haben Prokeschs Verdienste um<lb/> die Wissenschaft durch Verleihung der ordentlichen Mitgliedschaft ehrend an¬<lb/> erkannt, und er hat ihnen und anderen Vertretern der Wissenschaft und der<lb/> Kunst dies durch unermüdliche Beteiligung an ihren Denk- und Zeitschriften in<lb/> einer Fülle von Arbeiten, deren Titel heute kaum alle mehr festzustellen sind,<lb/> gelohnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2579" next="#ID_2580"> Und wiederum bezeichnet selbst dieses ganze reiche Schrifttum noch nicht<lb/> entfernt den ganzen Umfang von Prokeschs geistigem Leben. Daneben entfaltet<lb/> sich in seinen Tagebüchern (erst zum Teil von seinem Sohne herausgegeben,<lb/> Wien 1909), in Briefwechseln, in persönlichem Begegnen ein fast noch ver¬<lb/> schwenderischerer Reichtum an Geist, Wissen und Kenntnissen, immer lebensvoll,<lb/> nie oberflächlich, alles durchgeistigt und befruchtet durch den nie ruhenden Aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0558]
Lismarck und prokesch-Gstcn
reichischen Kolonie am Bosporus auf Händen getragen, von Kaiser Franz Josef
mit Ehren überhäuft, der ihn unter anderem zum Grafen ernannte und schon
früher zum Feldzeugmeister ernannt hatte. An? 26. Oktober 1876 beendete
Prokesch sein arbeitsreiches Leben.
So gewiß er unter den Staatsmännern seines Landes in der vordersten
Reihe stand, so gewiß er in jeder seiner Stellungen mit vorbildlicher Hingabe,
mit Einsetzung seiner ganzen Persönlichkeit gewirkt hat, so wenig hat sich doch
Prokesch in seiner militärischen und politischen Tätigkeit auch nur von weitem
erschöpft. Eine Spannkraft, eine Leistungsfähigkeit, eine Mannigfaltigkeit der
Begabung, wie sie sich in jedem Falle nur ganz selten findet, hat es ihm
ermöglicht, daneben noch eine ruhmreiche und untadelhafte Laufbahn als Schrift¬
steller, ja als Gelehrter verschiedener Gebiete zu durchlaufen, und das Feuer
seines Temperamentes, das ihm im Staatsleben nicht selten zum Siege ver¬
helfen, andere Male aber auch zur Klippe werden sollte, hat ihm, im Bunde
mit einem durchdringend scharfen Geiste und einem warmen Herzen, eine Reihe
wissenschaftlicher Erfolge zum Teil der hervorragendsten Art eingetragen. Seine
politischen und historischen Schriften sind Muster vou Klar- und Tiefblick, sein
bändereiches Werk über den Abfall der Griechen gilt vor der strengsten historischen
Kritik als ein Meisterstück von Fleiß und Gründlichkeit, vor allem aber auch
von Sachlichkeit und Unparteilichkeit. Den Höhepunkt seines wissenschaftlichen
Wirkens aber bezeichnen seine Reisewerke, insbesondere seine dreibändigen „Denk¬
würdigkeiten und Erinnerungen aus dem Orient" (Stuttgart 1836 und 1837),
ein staunenswertes Produkt der Vereinigung von Gelehrsamkeit und Beob¬
achtung. Für die geographische Wissenschaft, insbesondere sür die Topographie
der Troas, hat Prokesch Epochemachendes geleistet, und Alexander von Humboldt
hat ihn „einen Forschungsreisenden, wenn es je einen gegeben hat", genannt.
Nicht minder groß sind seine Verdienste um die Archäologie, die Epigraphik,
vor allem aber die antike Münzkunde, in welcher er eine Autorität ersten Ranges
war. Seine berühmte klassische Sammlung bildet seit 1375 eine Zierde des
Berliner Münzkabinetts. Zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften, allen voran
die großen Akademien von Wien und Berlin, haben Prokeschs Verdienste um
die Wissenschaft durch Verleihung der ordentlichen Mitgliedschaft ehrend an¬
erkannt, und er hat ihnen und anderen Vertretern der Wissenschaft und der
Kunst dies durch unermüdliche Beteiligung an ihren Denk- und Zeitschriften in
einer Fülle von Arbeiten, deren Titel heute kaum alle mehr festzustellen sind,
gelohnt.
Und wiederum bezeichnet selbst dieses ganze reiche Schrifttum noch nicht
entfernt den ganzen Umfang von Prokeschs geistigem Leben. Daneben entfaltet
sich in seinen Tagebüchern (erst zum Teil von seinem Sohne herausgegeben,
Wien 1909), in Briefwechseln, in persönlichem Begegnen ein fast noch ver¬
schwenderischerer Reichtum an Geist, Wissen und Kenntnissen, immer lebensvoll,
nie oberflächlich, alles durchgeistigt und befruchtet durch den nie ruhenden Aus-
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