Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe van Mayen Die Tür des Unwesens ging auf und eine Frau im Reitkleid trat heraus. Ihr folgten "Keinen Streit, Peter! Willkommen Fräulein! Wollt Ihr mich be¬ Heilwig erkannte die Frau von Brewer und grüßte sehr artig, indem sie "So also können wir zusammen den Weg machen, und Ihr," Frau Ursula Peter murmelte nur etwas Unverständliches, spornte sein Pferd und ritt Heilwig achtete gar nicht auf sein Verschwinden. Sie ritt neben der "Ihr habt einen gewaltigen Herzog, wie ich höre!" sagte die Edelfrau, "Er versteht den Krieg sehr gut, es ist seine Freude!" "Schlimm, daß es soviel Krieg gibt!" seufzte Frau Ursula. "Einen Sohn Sie ritten durch zwei Dörfer, in denen die Häuser verbrannt oder zer¬ Und dann sah Heilwig von einer Höhe eine kleine Stadt mit einer Burg Frau von Brewer benutzte einen Augenblick, als ihre Diener vorritten, "Das arme Weib, das Ihr gestern befreitet, ist in einem alten Steinbruch Die Hexe van Mayen Die Tür des Unwesens ging auf und eine Frau im Reitkleid trat heraus. Ihr folgten „Keinen Streit, Peter! Willkommen Fräulein! Wollt Ihr mich be¬ Heilwig erkannte die Frau von Brewer und grüßte sehr artig, indem sie „So also können wir zusammen den Weg machen, und Ihr," Frau Ursula Peter murmelte nur etwas Unverständliches, spornte sein Pferd und ritt Heilwig achtete gar nicht auf sein Verschwinden. Sie ritt neben der „Ihr habt einen gewaltigen Herzog, wie ich höre!" sagte die Edelfrau, „Er versteht den Krieg sehr gut, es ist seine Freude!" „Schlimm, daß es soviel Krieg gibt!" seufzte Frau Ursula. „Einen Sohn Sie ritten durch zwei Dörfer, in denen die Häuser verbrannt oder zer¬ Und dann sah Heilwig von einer Höhe eine kleine Stadt mit einer Burg Frau von Brewer benutzte einen Augenblick, als ihre Diener vorritten, „Das arme Weib, das Ihr gestern befreitet, ist in einem alten Steinbruch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327992"/> <fw type="header" place="top"> Die Hexe van Mayen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2444"> Die Tür des Unwesens ging auf und eine Frau im Reitkleid trat heraus. Ihr folgten<lb/> einigeBewaffnete, von denen einer einen Fluch ausstieß, als er das Pferd an derHand<lb/> Peters sah. Schon riß er eine Pistole hervor, als die Frau einen hellen Befehl rief.</p><lb/> <p xml:id="ID_2445"> „Keinen Streit, Peter! Willkommen Fräulein! Wollt Ihr mich be¬<lb/> suchen? Gerade wollte ich nach Manen reiten, wo mein Sohn verwundet sein soll!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2446"> Heilwig erkannte die Frau von Brewer und grüßte sehr artig, indem sie<lb/> gleichzeitig ihre Absicht aussprach, nach derselben Stadt zu reiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2447"> „So also können wir zusammen den Weg machen, und Ihr," Frau Ursula<lb/> sah den Holsteiner mit ihren hellen Augen an, „habt Ihr irgendeinen Wunsch, so dürft<lb/> Ihr es sagen. Ihr tragt die braunschweigischen Farben und seid also ein Freund!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2448"> Peter murmelte nur etwas Unverständliches, spornte sein Pferd und ritt<lb/> langsam die Straße herauf. Ihm war es recht, daß er das Fräulein los<lb/> wurde, nun konnte er seine eigenen Wege gehen und sich vielleicht Ersatz für<lb/> den Braunen holen, dessen Halfter ihm der lange Kerl, der merkwürdigerweise<lb/> auch Peter hieß, gleich aus der Hand genommen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2449"> Heilwig achtete gar nicht auf sein Verschwinden. Sie ritt neben der<lb/> Edelfrau her, die auf einem hochbeinigen, etwas steifen Schimmel saß, und ließ<lb/> sich berichten, was Frau von Brewer von der Einnahme Mayers wußte.<lb/> Tapfer hatten sie alle gefochten, die Deutschen wie die Franzosen, aber die<lb/> letzteren mußten das Feld vor der Gewalt des Angriffes räumen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2450"> „Ihr habt einen gewaltigen Herzog, wie ich höre!" sagte die Edelfrau,<lb/> und Heilwig bejahte stolz.</p><lb/> <p xml:id="ID_2451"> „Er versteht den Krieg sehr gut, es ist seine Freude!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2452"> „Schlimm, daß es soviel Krieg gibt!" seufzte Frau Ursula. „Einen Sohn<lb/> habe ich nur und er denkt nichts anderes als Krieg. Dabei habe ich Stein¬<lb/> brüche, die das Auge des Herrn bedürfen, und Ländereien, die bestellt werden<lb/> müssen. Die Knechte laufen dem Kriegslärm nach und die Mägde folgen ihnen.<lb/> Gott gebe uns einen baldigen Frieden!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2453"> Sie ritten durch zwei Dörfer, in denen die Häuser verbrannt oder zer¬<lb/> schossen waren. Die Einwohner standen aus den Gassen und klagten. Es<lb/> waren die Franzosen gewesen, die hierher einen Zug unternommen hatten,<lb/> gerade am Tage vorher, ehe die Braunschweiger kamen. Die Pferde hatten sie<lb/> mitgenommen, die Kühe und Ziegen. Wer gab den Armen Ersatz?</p><lb/> <p xml:id="ID_2454"> Und dann sah Heilwig von einer Höhe eine kleine Stadt mit einer Burg<lb/> liegen, deren Kirchtum schief war und deren Mauern jetzt zerschossen waren.<lb/> Ein steiler Turm ragte trotzig in die klare Luft, und Heilwig schauerte zusammen.<lb/> Wenn der Junker nicht gewesen wäre, wo wäre sie jetzt? Aber wo war er?</p><lb/> <p xml:id="ID_2455"> Frau von Brewer benutzte einen Augenblick, als ihre Diener vorritten,<lb/> um einige leise Worte zu sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2456"> „Das arme Weib, das Ihr gestern befreitet, ist in einem alten Steinbruch<lb/> verborgen. Nun sehe ich zu, daß ich ihre Kinder croisade. Dann mögen sie<lb/> erst einmal ein Obdach bei mir finden!"</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
Die Hexe van Mayen
Die Tür des Unwesens ging auf und eine Frau im Reitkleid trat heraus. Ihr folgten
einigeBewaffnete, von denen einer einen Fluch ausstieß, als er das Pferd an derHand
Peters sah. Schon riß er eine Pistole hervor, als die Frau einen hellen Befehl rief.
„Keinen Streit, Peter! Willkommen Fräulein! Wollt Ihr mich be¬
suchen? Gerade wollte ich nach Manen reiten, wo mein Sohn verwundet sein soll!"
Heilwig erkannte die Frau von Brewer und grüßte sehr artig, indem sie
gleichzeitig ihre Absicht aussprach, nach derselben Stadt zu reiten.
„So also können wir zusammen den Weg machen, und Ihr," Frau Ursula
sah den Holsteiner mit ihren hellen Augen an, „habt Ihr irgendeinen Wunsch, so dürft
Ihr es sagen. Ihr tragt die braunschweigischen Farben und seid also ein Freund!"
Peter murmelte nur etwas Unverständliches, spornte sein Pferd und ritt
langsam die Straße herauf. Ihm war es recht, daß er das Fräulein los
wurde, nun konnte er seine eigenen Wege gehen und sich vielleicht Ersatz für
den Braunen holen, dessen Halfter ihm der lange Kerl, der merkwürdigerweise
auch Peter hieß, gleich aus der Hand genommen hatte.
Heilwig achtete gar nicht auf sein Verschwinden. Sie ritt neben der
Edelfrau her, die auf einem hochbeinigen, etwas steifen Schimmel saß, und ließ
sich berichten, was Frau von Brewer von der Einnahme Mayers wußte.
Tapfer hatten sie alle gefochten, die Deutschen wie die Franzosen, aber die
letzteren mußten das Feld vor der Gewalt des Angriffes räumen.
„Ihr habt einen gewaltigen Herzog, wie ich höre!" sagte die Edelfrau,
und Heilwig bejahte stolz.
„Er versteht den Krieg sehr gut, es ist seine Freude!"
„Schlimm, daß es soviel Krieg gibt!" seufzte Frau Ursula. „Einen Sohn
habe ich nur und er denkt nichts anderes als Krieg. Dabei habe ich Stein¬
brüche, die das Auge des Herrn bedürfen, und Ländereien, die bestellt werden
müssen. Die Knechte laufen dem Kriegslärm nach und die Mägde folgen ihnen.
Gott gebe uns einen baldigen Frieden!"
Sie ritten durch zwei Dörfer, in denen die Häuser verbrannt oder zer¬
schossen waren. Die Einwohner standen aus den Gassen und klagten. Es
waren die Franzosen gewesen, die hierher einen Zug unternommen hatten,
gerade am Tage vorher, ehe die Braunschweiger kamen. Die Pferde hatten sie
mitgenommen, die Kühe und Ziegen. Wer gab den Armen Ersatz?
Und dann sah Heilwig von einer Höhe eine kleine Stadt mit einer Burg
liegen, deren Kirchtum schief war und deren Mauern jetzt zerschossen waren.
Ein steiler Turm ragte trotzig in die klare Luft, und Heilwig schauerte zusammen.
Wenn der Junker nicht gewesen wäre, wo wäre sie jetzt? Aber wo war er?
Frau von Brewer benutzte einen Augenblick, als ihre Diener vorritten,
um einige leise Worte zu sagen.
„Das arme Weib, das Ihr gestern befreitet, ist in einem alten Steinbruch
verborgen. Nun sehe ich zu, daß ich ihre Kinder croisade. Dann mögen sie
erst einmal ein Obdach bei mir finden!"
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |