Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen schöpfen. Wenigstens würde ich es tun, wenn ich besagter Schreiber wäre. "Gnädiger Herr!" Heilwig stand erregt auf. "Dem armen Junker darf Hans Adolf klopfte sie auf die Wange. "Ihr glaubt, ich würde Euch erlösen, wenn Ihr noch als Hexe im Turm "Also mit dem Weib, das hier die Grill genant wird, seid Ihr gekommen. "Sie zürnt mir, weil ich die Hexe aus dem Turm und nicht der kleine "Sie hat auf dem Wege mit niemandem gesprochen?" "Nicht, nachdem sie mich fand. Aber das war schon am Morgen und ich "Also in Mayen ist ein Loch in der Mauer?" fragte der Herzog plötzlich, "Wir werden uns öfters sehen, Fräulein, und ich freue mich des holden Er führte Heilwigs Hand leicht an die Lippen und geleitete sie aus seinem Die Tage gingen hin. In der Ferne hörte man wohl Kanonendonner Die Hexe von Mayen schöpfen. Wenigstens würde ich es tun, wenn ich besagter Schreiber wäre. „Gnädiger Herr!" Heilwig stand erregt auf. „Dem armen Junker darf Hans Adolf klopfte sie auf die Wange. „Ihr glaubt, ich würde Euch erlösen, wenn Ihr noch als Hexe im Turm „Also mit dem Weib, das hier die Grill genant wird, seid Ihr gekommen. „Sie zürnt mir, weil ich die Hexe aus dem Turm und nicht der kleine „Sie hat auf dem Wege mit niemandem gesprochen?" „Nicht, nachdem sie mich fand. Aber das war schon am Morgen und ich „Also in Mayen ist ein Loch in der Mauer?" fragte der Herzog plötzlich, „Wir werden uns öfters sehen, Fräulein, und ich freue mich des holden Er führte Heilwigs Hand leicht an die Lippen und geleitete sie aus seinem Die Tage gingen hin. In der Ferne hörte man wohl Kanonendonner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327845"/> <fw type="header" place="top"> Die Hexe von Mayen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1756" prev="#ID_1755"> schöpfen. Wenigstens würde ich es tun, wenn ich besagter Schreiber wäre.<lb/> Aber wir wollen das Beste hoffen und ich bitte Euch, sich nicht allzu schlimme<lb/> Gedanken über den fremden Junker zu machen. Der eine Jüngling fällt auf<lb/> dem Felde der Ehre, der andere muß im Kerker sterben. Es ist kein angenehmes<lb/> Abscheiden, wer aber etwas Gutes tat, dem wird auch dies Sterben leicht!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1757"> „Gnädiger Herr!" Heilwig stand erregt auf. „Dem armen Junker darf<lb/> doch kein Haar von seinen Landsleuten gekrümmt werden. Lieber bin ich bereit,<lb/> wieder in den Turm zu Manen zu gehen und zu warten, bis Eure Gnaden<lb/> mich erlösen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1758"> Hans Adolf klopfte sie auf die Wange.</p><lb/> <p xml:id="ID_1759"> „Ihr glaubt, ich würde Euch erlösen, wenn Ihr noch als Hexe im Turm<lb/> säßet? Wenn ich geahnt, welch Kleinod darin war, ich würde nicht gezögert<lb/> haben. Nun werde ich dies Städtlein wohl in Frieden lassen müssen. Der<lb/> Luxemburger will an die Mosel und ich stehe unter seinen Befehlen!" Er<lb/> seufzte ein wenig und spielte mit seinem Degen, fragte aber dann gleich weiter.</p><lb/> <p xml:id="ID_1760"> „Also mit dem Weib, das hier die Grill genant wird, seid Ihr gekommen.<lb/> Was denkt Ihr von ihr?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1761"> „Sie zürnt mir, weil ich die Hexe aus dem Turm und nicht der kleine<lb/> Jäger bin, für den sie mich hielt. Auch hat sie mich betrogen, weil ich nach<lb/> dem Kloster Laach wollte und sie mich nach Andernach brachte."</p><lb/> <p xml:id="ID_1762"> „Sie hat auf dem Wege mit niemandem gesprochen?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1763"> „Nicht, nachdem sie mich fand. 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Die Hexe von Mayen
schöpfen. Wenigstens würde ich es tun, wenn ich besagter Schreiber wäre.
Aber wir wollen das Beste hoffen und ich bitte Euch, sich nicht allzu schlimme
Gedanken über den fremden Junker zu machen. Der eine Jüngling fällt auf
dem Felde der Ehre, der andere muß im Kerker sterben. Es ist kein angenehmes
Abscheiden, wer aber etwas Gutes tat, dem wird auch dies Sterben leicht!"
„Gnädiger Herr!" Heilwig stand erregt auf. „Dem armen Junker darf
doch kein Haar von seinen Landsleuten gekrümmt werden. Lieber bin ich bereit,
wieder in den Turm zu Manen zu gehen und zu warten, bis Eure Gnaden
mich erlösen!"
Hans Adolf klopfte sie auf die Wange.
„Ihr glaubt, ich würde Euch erlösen, wenn Ihr noch als Hexe im Turm
säßet? Wenn ich geahnt, welch Kleinod darin war, ich würde nicht gezögert
haben. Nun werde ich dies Städtlein wohl in Frieden lassen müssen. Der
Luxemburger will an die Mosel und ich stehe unter seinen Befehlen!" Er
seufzte ein wenig und spielte mit seinem Degen, fragte aber dann gleich weiter.
„Also mit dem Weib, das hier die Grill genant wird, seid Ihr gekommen.
Was denkt Ihr von ihr?"
„Sie zürnt mir, weil ich die Hexe aus dem Turm und nicht der kleine
Jäger bin, für den sie mich hielt. Auch hat sie mich betrogen, weil ich nach
dem Kloster Laach wollte und sie mich nach Andernach brachte."
„Sie hat auf dem Wege mit niemandem gesprochen?"
„Nicht, nachdem sie mich fand. Aber das war schon am Morgen und ich
hatte mich schon hinter Felsen und Wald versteckt, weil einzelne Leute kamen."
„Also in Mayen ist ein Loch in der Mauer?" fragte der Herzog plötzlich,
und als Heilmig bejahte, verabschiedete er sie sehr gnädig.
„Wir werden uns öfters sehen, Fräulein, und ich freue mich des holden
Zuwachses in meinem Gefolge. Laßt Euch von den Junkern den Kopf nicht
allzusehr verdrehen — es find brave Gesellen, aber sie spielen mit Mädchen¬
herzen. Gerade, wie ich es ehemals tat; aber nun bin ich brav geworden und
meine es ehrlich!"
Er führte Heilwigs Hand leicht an die Lippen und geleitete sie aus seinem
Zelt. Sehr nachdenklich ging sie wieder dem ihren zu. Aber ihre Gedanken
weilten nicht bei dem galanten Fürsten, sondern gingen in jene graue kleine
Stadt, von der sie nichts kannte, als das Gefängnis, ein paar Stuben und
ein Loch in der Mauer.
Die Tage gingen hin. In der Ferne hörte man wohl Kanonendonner
und dann waren es die Franzosen, die von Trier aus ihre Raubzüge machten
und die Burgen beschossen und aufbrannten. Oder es war Montecucculi, der
einmal ganz in der Nähe von Koblenz stand, dann aber nach dem Schwarz¬
wald ging. Turenne und er spielten Schach miteinander, wie man sagte; die
Heere schoben sich bald hier, bald dort hin, und die Landschaften, über die sich
die Soldaten ergossen, wurden wüst und ausgeplündert.
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