Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.England im Miitclmocr nach Gibraltar kommen würde. Aber Malta sollte statt seiner sechs veralteten Damit ist aber die Frage, ob es für die englische Handelsschiffahrt im England im Miitclmocr nach Gibraltar kommen würde. Aber Malta sollte statt seiner sechs veralteten Damit ist aber die Frage, ob es für die englische Handelsschiffahrt im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327746"/> <fw type="header" place="top"> England im Miitclmocr</fw><lb/> <p xml:id="ID_1294" prev="#ID_1293"> nach Gibraltar kommen würde. Aber Malta sollte statt seiner sechs veralteten<lb/> Schlachtschiffe vier große neue Schlachtkreuzer vom Jnvincibleinp erhalten; eine<lb/> Flottille von Unterseebooten und Torpedobooten sollte in Malta bleiben, und<lb/> außerdem sollte eine neue Station von Untersee- und Torpedobooten in<lb/> Alexandria errichtet werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1295" next="#ID_1296"> Damit ist aber die Frage, ob es für die englische Handelsschiffahrt im<lb/> Kriegsfall zweckmäßiger wäre, die Mittelmeerroute aufzugeben und zu dem alten<lb/> Wege um das Kap zurückzukehren, noch nicht beantwortet. Die Frage ist in<lb/> England von Zeit zu Zeit lebhaft erörtert worden. Sie läßt sich allerdings<lb/> nicht in bestimmter Weise beantworten, sondern man muß, je nach den politischen<lb/> Umständen, verschiedene Möglichkeiten in Betracht ziehen. Wenn England sich<lb/> mit einem Staat im Krieg befände, der keine Mittelmeermacht ist, und wenn<lb/> das ganze Mittelmeergebiet neutral bliebe, so läge für England gar keine Ge¬<lb/> fahr darin, alle seine Kampsschiffe aus diesen Gewässern herauszuziehen, um sie<lb/> auf dem Kriegsschauplatze zu verwenden. Wenn sich aber im Mittelmeer eine<lb/> feindliche Macht befände, so würde, selbst wenn das Mittelmeer nicht den haupt¬<lb/> sächlichen Kriegsschauplatz bildete, zunächst der Weg durch das Mittelmeer für<lb/> Truppen- und Munitionstransporte nach Indien zu unsicher sein, und man<lb/> würde diese zweifellos ums Kap schicken. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde<lb/> aber auch die Handelsschiffahrt den weiteren Weg um das Kap wählen. Zwar<lb/> nimmt man heute nicht mehr an, daß der Suezkanal durch Versenken eines<lb/> Schiffes versperrt werden könnte; man würde ein solches Hindernis durch Dynamik<lb/> spätestens in ein paar Tagen aus dem Wege räumen, ohne die Ufer des Kanals<lb/> zu beschädigen. Aber wenn England eine Mittelmeermacht wie Frankreich (wenn<lb/> ' es z. B. wegen Faschodas zum Kriege gekommen wäre) im Kriege gegen sich<lb/> hätte, so würden dessen Schiffe mindestens im Anfange des Krieges in der Lage<lb/> sein, ein paar englische Handelsschiffe aufzubringen oder zu zerstören; und schon<lb/> ein paar solcher Fälle würden genügen, die Versicherungsprämien so in die Höhe<lb/> zu treiben, daß die Schiffahrt von selbst die Mittelmeerroute aufgeben würde,<lb/> bis die Entscheidung im Seekriege gefallen wäre. Die gesamte englische Waren¬<lb/> ausfuhr aus Indien und aus dem Pacific würde den Weg um das Kap nehmen.<lb/> Die modernen Handelsschiffe haben genügend große Kohlenräume für diese<lb/> längere Reise, und die kleineren würden etwas weniger Ladung und etwas mehr<lb/> Kohle aufnehmen müssen. Wie stände es aber mit der englischen Lebensmittel¬<lb/> zufuhr aus den Schwarzmeerhäfen? Deren Menge und Wert ist allerdings<lb/> groß, aber ihre Bedeutung für England wird von einigen Schriftstellern offenbar<lb/> überschätzt. Um bei dem Beispiel eines englisch, französischen Krieges zu bleiben,<lb/> so würde der russische und der rumänische Weizen einfach den Weg zur Ostsee<lb/> per Bahn wählen, und der einzige Schaden, den England hätte, wäre die Preis¬<lb/> differenz zwischen der See- und der Bahnfracht. Nehmen wir den anderen<lb/> Fall, den englische Schriftsteller vielfach behandelt haben, daß England sich —<lb/> so durchaus unwahrscheinlich es ist — im Krieg mit dem Dreibund befände.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0280]
England im Miitclmocr
nach Gibraltar kommen würde. Aber Malta sollte statt seiner sechs veralteten
Schlachtschiffe vier große neue Schlachtkreuzer vom Jnvincibleinp erhalten; eine
Flottille von Unterseebooten und Torpedobooten sollte in Malta bleiben, und
außerdem sollte eine neue Station von Untersee- und Torpedobooten in
Alexandria errichtet werden.
Damit ist aber die Frage, ob es für die englische Handelsschiffahrt im
Kriegsfall zweckmäßiger wäre, die Mittelmeerroute aufzugeben und zu dem alten
Wege um das Kap zurückzukehren, noch nicht beantwortet. Die Frage ist in
England von Zeit zu Zeit lebhaft erörtert worden. Sie läßt sich allerdings
nicht in bestimmter Weise beantworten, sondern man muß, je nach den politischen
Umständen, verschiedene Möglichkeiten in Betracht ziehen. Wenn England sich
mit einem Staat im Krieg befände, der keine Mittelmeermacht ist, und wenn
das ganze Mittelmeergebiet neutral bliebe, so läge für England gar keine Ge¬
fahr darin, alle seine Kampsschiffe aus diesen Gewässern herauszuziehen, um sie
auf dem Kriegsschauplatze zu verwenden. Wenn sich aber im Mittelmeer eine
feindliche Macht befände, so würde, selbst wenn das Mittelmeer nicht den haupt¬
sächlichen Kriegsschauplatz bildete, zunächst der Weg durch das Mittelmeer für
Truppen- und Munitionstransporte nach Indien zu unsicher sein, und man
würde diese zweifellos ums Kap schicken. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde
aber auch die Handelsschiffahrt den weiteren Weg um das Kap wählen. Zwar
nimmt man heute nicht mehr an, daß der Suezkanal durch Versenken eines
Schiffes versperrt werden könnte; man würde ein solches Hindernis durch Dynamik
spätestens in ein paar Tagen aus dem Wege räumen, ohne die Ufer des Kanals
zu beschädigen. Aber wenn England eine Mittelmeermacht wie Frankreich (wenn
' es z. B. wegen Faschodas zum Kriege gekommen wäre) im Kriege gegen sich
hätte, so würden dessen Schiffe mindestens im Anfange des Krieges in der Lage
sein, ein paar englische Handelsschiffe aufzubringen oder zu zerstören; und schon
ein paar solcher Fälle würden genügen, die Versicherungsprämien so in die Höhe
zu treiben, daß die Schiffahrt von selbst die Mittelmeerroute aufgeben würde,
bis die Entscheidung im Seekriege gefallen wäre. Die gesamte englische Waren¬
ausfuhr aus Indien und aus dem Pacific würde den Weg um das Kap nehmen.
Die modernen Handelsschiffe haben genügend große Kohlenräume für diese
längere Reise, und die kleineren würden etwas weniger Ladung und etwas mehr
Kohle aufnehmen müssen. Wie stände es aber mit der englischen Lebensmittel¬
zufuhr aus den Schwarzmeerhäfen? Deren Menge und Wert ist allerdings
groß, aber ihre Bedeutung für England wird von einigen Schriftstellern offenbar
überschätzt. Um bei dem Beispiel eines englisch, französischen Krieges zu bleiben,
so würde der russische und der rumänische Weizen einfach den Weg zur Ostsee
per Bahn wählen, und der einzige Schaden, den England hätte, wäre die Preis¬
differenz zwischen der See- und der Bahnfracht. Nehmen wir den anderen
Fall, den englische Schriftsteller vielfach behandelt haben, daß England sich —
so durchaus unwahrscheinlich es ist — im Krieg mit dem Dreibund befände.
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