Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Goethes Vater in der Erziehung seiner Kinder zu erblicken haben, wurde sogar von einem Kaspar Goethe stand im Anfang der sechziger Jahre. Er hatte sein Mit dem Berühmtwerden Wolfgangs ging es Hand in Hand, daß der Also Anregung für den Rat Goethe von allen Seiten. Als aber der Erbprinz von Sachsen-Weimar mit seinem Bruder Kon¬ Goethe aber ließ sich nicht beirren, er folgte den weimarischen Prinzen Als der Dichter dann sein Verlöbnis mit Lilly Schönemann, der "Staats- Was konnte dem nach dem Höchsten strebenden Künstler förderlicher sein, *) Goethe: "Dichtung und Wahrheit".
Goethes Vater in der Erziehung seiner Kinder zu erblicken haben, wurde sogar von einem Kaspar Goethe stand im Anfang der sechziger Jahre. Er hatte sein Mit dem Berühmtwerden Wolfgangs ging es Hand in Hand, daß der Also Anregung für den Rat Goethe von allen Seiten. Als aber der Erbprinz von Sachsen-Weimar mit seinem Bruder Kon¬ Goethe aber ließ sich nicht beirren, er folgte den weimarischen Prinzen Als der Dichter dann sein Verlöbnis mit Lilly Schönemann, der „Staats- Was konnte dem nach dem Höchsten strebenden Künstler förderlicher sein, *) Goethe: „Dichtung und Wahrheit".
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Goethes Vater
in der Erziehung seiner Kinder zu erblicken haben, wurde sogar von einem
Erfolge gekrönt, wie er nie vermutet hätte.
Kaspar Goethe stand im Anfang der sechziger Jahre. Er hatte sein
langes Leben hinbringen müssen, ohne, wie er wünschte, seine Begabung be¬
tätigen, seinen eigentlichen Beruf als Jurist ausüben zu können, denn der
Charakter als kaiserlicher Rat verbot eine solche öffentliche Beschäftigung. In der
Advokatur seines Sohnes konnte er wieder seine Kenntnisse verwerten, von
einem neuen Ziel und Zweck, den Sohn, wo er irgend kann, zu fördern, werden
seine alten Tage erfüllt, denn er schätzt des Sohnes dichterische Begabung
höher als dessen juristische. Es ist ein Aufleben in dem alten Mann, der seine
Fähigkeiten immer brachliegen und sich aus seinem größeren Wirkungskreis
verbannt sah. Jedermann wird diese glückliche Stimmung dem kaiserlichen Rat
nachempfinden können.
Mit dem Berühmtwerden Wolfgangs ging es Hand in Hand, daß der
junge Dichter von vielen Durchreisenden aufgesucht wurde. Um des Sohnes
willen erweiterte der Vater seinen streng geschlossenen Haushalt. Er lud Fremde
und Einheimische zu Tisch und genoß dann, nach Goethes eigenen Worten:
„sehr gern eines munteren, ja paradoxen Gespräches, da ich ihm dann dnrch
allerlei dialektisches Klopffechten großes Behagen und ein freundliches Lächeln
bereitete"").
Also Anregung für den Rat Goethe von allen Seiten.
Als aber der Erbprinz von Sachsen-Weimar mit seinem Bruder Kon¬
stantin nach Frankfurt kam und Goethe aufgefordert wurde, mit nach Mainz zu
folgen, ist es, als ob der Rat eine Gefahr für sich wittere. Er widersetzt sich
mit allerlei nichtigen Gründen dieser kurzen Reise, will von der Fürstendienerei
nichts wissen und behauptet, es sei auf eine Demütigung des Sohnes ab¬
gesehen, um Wieland für die Farce „Götter, Helden und Wieland" zu rächen.
Als stärkstes Abschreckungsmittel führt er das Erlebnis Voltaires mit Friedrich
dem Großen an, wie der von der königlichen Gunst verwöhnte Dichter plötzlich
in Ungnade gefallen, in Frankfurt arretiert und in einem Gasthof gefangen
gehalten worden sei.
Goethe aber ließ sich nicht beirren, er folgte den weimarischen Prinzen
nach Mainz.
Als der Dichter dann sein Verlöbnis mit Lilly Schönemann, der „Staats-
dame", wie sie der Vater spöttisch nannte, gelöst hatte, entspricht es voll¬
kommen den Absichten des letzteren, daß der Sohn sich den beiden Grafen
Stolberg zu einer Reise nach Italien anschließt.
Was konnte dem nach dem Höchsten strebenden Künstler förderlicher sein,
als eine Reise nach Italien? Als der Dichter dann seine Reise auf dem
Gotthardt abbricht und nach Hause zurückkehrt, wird er zwar wohl von dem
*) Goethe: „Dichtung und Wahrheit".
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