Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Goethes Vater ihm, genau wie früher die zeichnerischen Versuche, diese Papiere, rubrizierte sie Die Zeit nach dem Wetzlarschen Aufenthalt Goethes, also die der Jahre Die Gestaltung dieser Probleme wäre ausgeschlossen gewesen, hätte der "Gründlich und tüchtig, aber von langsamer Konzeption und Ausführung, An einer anderen Stelle heißt es: "Ich machte mich mit den Akten bekannt, mein Vater las sie ebenfalls Der Lebensplan, den der Rat für seinen Sohn entworfen hatte, schien ') Goethe: "Dichtung und Wahrheit/' -) Ebenda. 17"
Goethes Vater ihm, genau wie früher die zeichnerischen Versuche, diese Papiere, rubrizierte sie Die Zeit nach dem Wetzlarschen Aufenthalt Goethes, also die der Jahre Die Gestaltung dieser Probleme wäre ausgeschlossen gewesen, hätte der „Gründlich und tüchtig, aber von langsamer Konzeption und Ausführung, An einer anderen Stelle heißt es: „Ich machte mich mit den Akten bekannt, mein Vater las sie ebenfalls Der Lebensplan, den der Rat für seinen Sohn entworfen hatte, schien ') Goethe: „Dichtung und Wahrheit/' -) Ebenda. 17»
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Goethes Vater
ihm, genau wie früher die zeichnerischen Versuche, diese Papiere, rubrizierte sie
und verlangte von Unvollendetem die Vollendung. Ja, er hat sogar den
Wunsch geäußert, die Gedichte gedruckt zu sehen, ehe Goethe selber an die Ver¬
öffentlichung dachte. Daß er sie indessen nicht überschätzte, geht daraus hervor,
daß er, nachdem der Götz und Werther erschienen war, von der Beschäftigung
des Sohnes mit dichterischen Tändeleien nichts mehr wissen wollte, sondern ihn
vielmehr immer zu Größerem antrieb.
Die Zeit nach dem Wetzlarschen Aufenthalt Goethes, also die der Jahre
1772 bis 1775, zeigt Goethe Vater und Sohn in einem ausgezeichneten Ein¬
vernehmen, wie man es sich besser kaum denken kann. Vor Wetzlar war Goethe
bereits in Frankfurt zur Advokatur zugelassen worden, die er nach seiner Rück¬
kehr wieder aufnahm. Aber die Juristerei vermochte den jungen Dichter nicht
zu befriedigen. Er trug sich mit einer Fülle schöpferischer Gedanken, zu deren
Ausführung die Advokatur nur hinderlich sein konnte. Der Götz wurde be¬
arbeitet und der Werther forderte Gestaltung; außer einer Reihe von Gedichten
und Fragment bleibender Ansätze beschäftigten den Dichter der Faust, Clavigo,
Stella und endlich Egmont.
Die Gestaltung dieser Probleme wäre ausgeschlossen gewesen, hätte der
Vater nicht verständnisvoll dem Sohne die Advokatentätigkeit erleichtert, ja, sie
ihm zum größten Teile abgenommen. Das Zusammenarbeiten von Vater und
Sohn schildert uns Goethe folgendermaßen:
„Gründlich und tüchtig, aber von langsamer Konzeption und Ausführung,
studierte er die Alten als geheimer Referendar, und wenn wir zusammentraten,
legte er mir die Sache vor und die Anfertigung ward von mir mit solcher
Leichtigkeit vollbracht, daß es ihm zur höchsten Vaterfreude gedieh und er auch
einmal auszusprechen nicht unterließ, wenn ich ihn? fremd wäre, er würde mich
beneiden" *).
An einer anderen Stelle heißt es:
„Ich machte mich mit den Akten bekannt, mein Vater las sie ebenfalls
mit Vergnügen, da er sich, durch Veranlassung des Sohnes, wieder in einer
Tätigkeit sah, die er so lange entbehrt hatte. Wir besprachen uns darüber,
und mit großer Leichtigkeit machte ich alsdann die nötigen Aufsätze. — So
war mir dies Geschäft eine um so angenehmere Unterhaltung, als es mich dem
Vater näher brachte, der mit meinem Benehmen in diesem Punkte völlig zu¬
frieden, allem übrigen, was ich trieb, gern nachsah, in der sehnlicher Erwartung,
daß ich nun bald auch schriftstellerischen Ruhm einernten würde"**).
Der Lebensplan, den der Rat für seinen Sohn entworfen hatte, schien
sich nach allen exzentrischen Seitensprüngen des letzteren doch vollkommen nach
dem Wunsche des alten Herrn gestalten zu wollen. Sein Lebenswerk, das wir
') Goethe: „Dichtung und Wahrheit/'
-) Ebenda.
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