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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

ihrer Nacktheit stünde die Tragödie vor uns.
Ob in Jlg vielleicht der erste wirkliche Dra¬
matiker der Schweiz ersteht?

Der glückhafte Einjall, seinem Roman als
Kompositionsmitte die Geschichte der Räuber¬
ausführung einzumauern, gewinnt im Lichte
dieser Frage tiefere Bedeutung, Bekenntnis¬
wert. Jlgs Wesensverwandtschaft mit Schiller
tritt gar häufig und stets sympathisch an
seinem Werk hervor. Das leise anklingende
Don Carlos-Motiv sei bloß erwähnt, tiefer
liegt sein sieghafter Glaube an die unerschütter¬
liche Vorherrschaft des Geistes über der Materie,
dem auch der erstaunlich reife, gehaltene
Pathos seiner Periode entstammt. Die anti¬

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thetische Anschauungsweise des Lebens, die
das Vielfältige und Nuancierte in Schwarz-
Weiß umwandelt und dadurch dem kleinen
Geschehnis Größe, Einfachheit verleiht, die
sittliche Erhabenheit eherner Pflichtreligion,
die doch durchglüht ist von sinnenglühendem
Glücksverlangen, das alles bringt Jlg dem
großen Schatten so nah. Von Abhängigkeit
oder gar Nachahmung kann gar nicht ge¬
sprochen werden, aber mit Spannung wollen
wir Jlgs weitere Entfaltung verfolgen und
zusehen, was Schillers Geist neuerwacht in
der Brust des stammverwandten Alemannen
zutage fördert.

Dr. Richard Mcßlöny [Ende Spaltensatz]


Nachdruck sitmtlichrr Aufsätze nur mit -usdrttcklicher Erlaubn!" d-S Verlags gestatte".
Verantwortlich: der Herausgiber George Eleinow in Berlin - SchSneberg. -- Mamislriptsendunge" "ut ort">"
werden erbeten unter der Adresse! An den Herausgeber der Grrnzbotr" in Berlin-Nrirdena", Hcdwigftr. t".
Fernsprecher der Schristleitung- Amt Abt-ut "630, de" "erlag": Amt Lü"vo W10.
Berl-g: Verlag der "renzüoten B. in. ". H. tu Berlin SV. 11.
Druck: .Der ReichSb-te" ". in. b. H. in Berlin SV/. 11, Dessau", Strad" SS/M.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

ihrer Nacktheit stünde die Tragödie vor uns.
Ob in Jlg vielleicht der erste wirkliche Dra¬
matiker der Schweiz ersteht?

Der glückhafte Einjall, seinem Roman als
Kompositionsmitte die Geschichte der Räuber¬
ausführung einzumauern, gewinnt im Lichte
dieser Frage tiefere Bedeutung, Bekenntnis¬
wert. Jlgs Wesensverwandtschaft mit Schiller
tritt gar häufig und stets sympathisch an
seinem Werk hervor. Das leise anklingende
Don Carlos-Motiv sei bloß erwähnt, tiefer
liegt sein sieghafter Glaube an die unerschütter¬
liche Vorherrschaft des Geistes über der Materie,
dem auch der erstaunlich reife, gehaltene
Pathos seiner Periode entstammt. Die anti¬

[Spaltenumbruch]

thetische Anschauungsweise des Lebens, die
das Vielfältige und Nuancierte in Schwarz-
Weiß umwandelt und dadurch dem kleinen
Geschehnis Größe, Einfachheit verleiht, die
sittliche Erhabenheit eherner Pflichtreligion,
die doch durchglüht ist von sinnenglühendem
Glücksverlangen, das alles bringt Jlg dem
großen Schatten so nah. Von Abhängigkeit
oder gar Nachahmung kann gar nicht ge¬
sprochen werden, aber mit Spannung wollen
wir Jlgs weitere Entfaltung verfolgen und
zusehen, was Schillers Geist neuerwacht in
der Brust des stammverwandten Alemannen
zutage fördert.

Dr. Richard Mcßlöny [Ende Spaltensatz]


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[0204] Maßgebliches und Unmaßgebliches ihrer Nacktheit stünde die Tragödie vor uns. Ob in Jlg vielleicht der erste wirkliche Dra¬ matiker der Schweiz ersteht? Der glückhafte Einjall, seinem Roman als Kompositionsmitte die Geschichte der Räuber¬ ausführung einzumauern, gewinnt im Lichte dieser Frage tiefere Bedeutung, Bekenntnis¬ wert. Jlgs Wesensverwandtschaft mit Schiller tritt gar häufig und stets sympathisch an seinem Werk hervor. Das leise anklingende Don Carlos-Motiv sei bloß erwähnt, tiefer liegt sein sieghafter Glaube an die unerschütter¬ liche Vorherrschaft des Geistes über der Materie, dem auch der erstaunlich reife, gehaltene Pathos seiner Periode entstammt. Die anti¬ thetische Anschauungsweise des Lebens, die das Vielfältige und Nuancierte in Schwarz- Weiß umwandelt und dadurch dem kleinen Geschehnis Größe, Einfachheit verleiht, die sittliche Erhabenheit eherner Pflichtreligion, die doch durchglüht ist von sinnenglühendem Glücksverlangen, das alles bringt Jlg dem großen Schatten so nah. Von Abhängigkeit oder gar Nachahmung kann gar nicht ge¬ sprochen werden, aber mit Spannung wollen wir Jlgs weitere Entfaltung verfolgen und zusehen, was Schillers Geist neuerwacht in der Brust des stammverwandten Alemannen zutage fördert. Dr. Richard Mcßlöny Nachdruck sitmtlichrr Aufsätze nur mit -usdrttcklicher Erlaubn!» d-S Verlags gestatte«. Verantwortlich: der Herausgiber George Eleinow in Berlin - SchSneberg. — Mamislriptsendunge» «ut ort«>« werden erbeten unter der Adresse! An den Herausgeber der Grrnzbotr» in Berlin-Nrirdena», Hcdwigftr. t». Fernsprecher der Schristleitung- Amt Abt-ut »630, de» «erlag«: Amt Lü«vo W10. Berl-g: Verlag der «renzüoten B. in. ». H. tu Berlin SV. 11. Druck: .Der ReichSb-te" «. in. b. H. in Berlin SV/. 11, Dessau», Strad« SS/M.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/204>, abgerufen am 29.12.2024.