Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen Roman Charlotte Niese von (Dritte Fortsetzung) Die Edelfrau drückte ihren Kater an sich und war verschwunden, eheJuvv Während Sebastian sich dies vornahm, stand die Botenfrau Grill vor dem "Werter Herr, ich habe den Packen oben auf meinen Wagen gelegt, und Die Hexe von Mayen Roman Charlotte Niese von (Dritte Fortsetzung) Die Edelfrau drückte ihren Kater an sich und war verschwunden, eheJuvv Während Sebastian sich dies vornahm, stand die Botenfrau Grill vor dem „Werter Herr, ich habe den Packen oben auf meinen Wagen gelegt, und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0179" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327645"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_327465/figures/grenzboten_341899_327465_327645_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Hexe von Mayen<lb/> Roman<lb/><note type="byline"> Charlotte Niese</note> von<lb/> (Dritte Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_760"> Die Edelfrau drückte ihren Kater an sich und war verschwunden, eheJuvv<lb/> merkte, daß es ein Delinquent war, der dort weggetragen wurde. Doch über<lb/> den Gulden schmunzelte er und nahm sich vor, dem Stadtschreiber zu melden,<lb/> daß der böse Kater eines plötzlichen Todes gestorben sei, wie das bei ihm nur<lb/> begreiflich war. Auch Sebastian ging wieder in sein Häuschen zurück. Die<lb/> Nachmittagssonne stand in seinem Garten, und durch das Loch in der Mauer<lb/> und die Efeuranken sah er wieder in die weite Welt. Sein neuer Hausgenosse,<lb/> der Bursch, kam ihm entgegen, wedelte und brachte ihm eine halb verzehrte<lb/> Ratte. Er war kein Kostverächter und säuberte das Haus von Insassen, die<lb/> auch Sebastian nicht gefielen. Dann aber schnupperte er an dem Wandschrank,<lb/> wo noch ein Teil der Würste und das geräucherte Fleisch lagen. Er schien<lb/> für Wechsel in der Nahrung zu sein, während Sebastian errötete. Denn es<lb/> war ihm klar geworden, daß dieses angenehme Paket nicht direkt vom heiligen<lb/> Sebastian kam, sondern von dem Botenwagen der Grill, dem er in der engen<lb/> Gasse begegnete. Er hatte kein ganz reines Gewissen, tröstete sich aber mit<lb/> Elias, den die Raben in der Wüste speisten. Niemand wußte, woher sie das<lb/> Brot nahmen. Also ging er zum Schrank, stärkte sich, und Bursch, sein Rabe,<lb/> erhielt sein Teil. Aber beim Essen kamen wieder die Gedanken, die ihn ver¬<lb/> folgten und unruhig machten, und er nahm sich vor, morgen zum Stadt¬<lb/> schreiber zu gehen und ihn zu bitten, daß er, der Herr von Wiltberg, ein ernstes<lb/> Wort mit dem verirrten Geschöpf reden dürfte. Mit der Fremden, die, ob sie<lb/> nun eine Lutherische oder eine Hexe war, jedenfalls auf den Wegen des Bösen<lb/> wandelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_761"> Während Sebastian sich dies vornahm, stand die Botenfrau Grill vor dem<lb/> Stadtschreiber und redete auf ihn ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_762" next="#ID_763"> „Werter Herr, ich habe den Packen oben auf meinen Wagen gelegt, und<lb/> was darinnen war, ist alles in Ordnung gewesen. Zwei Gulden habe ich<lb/> dafür ausgegeben, und ich habe es billig gekriegt, weil der Fleischer in Koblenz<lb/> mich kennt und mich nit anführen darf! Und wenn nun der Packen nit mehr<lb/> auf meinem Wagen war, so ist es daher, daß sich der Böse ein scheußliches Spiel<lb/> mit mir erlaubte. Was wohl daher kommt, daß ja eine Hexe hier im Turm</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0179]
[Abbildung]
Die Hexe von Mayen
Roman
Charlotte Niese von
(Dritte Fortsetzung)
Die Edelfrau drückte ihren Kater an sich und war verschwunden, eheJuvv
merkte, daß es ein Delinquent war, der dort weggetragen wurde. Doch über
den Gulden schmunzelte er und nahm sich vor, dem Stadtschreiber zu melden,
daß der böse Kater eines plötzlichen Todes gestorben sei, wie das bei ihm nur
begreiflich war. Auch Sebastian ging wieder in sein Häuschen zurück. Die
Nachmittagssonne stand in seinem Garten, und durch das Loch in der Mauer
und die Efeuranken sah er wieder in die weite Welt. Sein neuer Hausgenosse,
der Bursch, kam ihm entgegen, wedelte und brachte ihm eine halb verzehrte
Ratte. Er war kein Kostverächter und säuberte das Haus von Insassen, die
auch Sebastian nicht gefielen. Dann aber schnupperte er an dem Wandschrank,
wo noch ein Teil der Würste und das geräucherte Fleisch lagen. Er schien
für Wechsel in der Nahrung zu sein, während Sebastian errötete. Denn es
war ihm klar geworden, daß dieses angenehme Paket nicht direkt vom heiligen
Sebastian kam, sondern von dem Botenwagen der Grill, dem er in der engen
Gasse begegnete. Er hatte kein ganz reines Gewissen, tröstete sich aber mit
Elias, den die Raben in der Wüste speisten. Niemand wußte, woher sie das
Brot nahmen. Also ging er zum Schrank, stärkte sich, und Bursch, sein Rabe,
erhielt sein Teil. Aber beim Essen kamen wieder die Gedanken, die ihn ver¬
folgten und unruhig machten, und er nahm sich vor, morgen zum Stadt¬
schreiber zu gehen und ihn zu bitten, daß er, der Herr von Wiltberg, ein ernstes
Wort mit dem verirrten Geschöpf reden dürfte. Mit der Fremden, die, ob sie
nun eine Lutherische oder eine Hexe war, jedenfalls auf den Wegen des Bösen
wandelte.
Während Sebastian sich dies vornahm, stand die Botenfrau Grill vor dem
Stadtschreiber und redete auf ihn ein.
„Werter Herr, ich habe den Packen oben auf meinen Wagen gelegt, und
was darinnen war, ist alles in Ordnung gewesen. Zwei Gulden habe ich
dafür ausgegeben, und ich habe es billig gekriegt, weil der Fleischer in Koblenz
mich kennt und mich nit anführen darf! Und wenn nun der Packen nit mehr
auf meinem Wagen war, so ist es daher, daß sich der Böse ein scheußliches Spiel
mit mir erlaubte. Was wohl daher kommt, daß ja eine Hexe hier im Turm
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