Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Rechtsfrage von ^abern Nicht zu rechtfertigen ist aus dem Gesichtspunkt der Anstaltsgewalt die Es kann gegen das Rechtsinstitut der Anstaltspolizei nicht etwa eingewendet Zweck der vorstehenden Erörterung war. zu zeigen, daß diese Wissenschaft Die Rechtsfrage von ^abern Nicht zu rechtfertigen ist aus dem Gesichtspunkt der Anstaltsgewalt die Es kann gegen das Rechtsinstitut der Anstaltspolizei nicht etwa eingewendet Zweck der vorstehenden Erörterung war. zu zeigen, daß diese Wissenschaft <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0115" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327581"/> <fw type="header" place="top"> Die Rechtsfrage von ^abern</fw><lb/> <p xml:id="ID_419"> Nicht zu rechtfertigen ist aus dem Gesichtspunkt der Anstaltsgewalt die<lb/> Gefangensetzung der Beteiligten zum Zweck ihres militärischen Verhörs. Denn<lb/> ein Verhör mit ihnen anzustellen war nicht mehr Sache der bloßen Abwehr,<lb/> sondern eine Vorbereitung der Bestrafung. Damit ist aber nicht gesagt, daß<lb/> die Festgenommenen unter keinen Umständen in der Kaserne hätten festgehalten<lb/> werden dürfen; nur wäre zur Rechtfertigung dieser Maßnahme eine andere<lb/> Begründung notwendig gewesen, etwa die Gefahr, daß bei Freilassung die<lb/> Störungen alsbald sich wiederholt hätten; ob diese Gefahr vorlag, ist wiederum<lb/> Tatfrage.</p><lb/> <p xml:id="ID_420"> Es kann gegen das Rechtsinstitut der Anstaltspolizei nicht etwa eingewendet<lb/> werden, daß es im Widerspruch stehe mit dem Grundsatz der gesetzmäßigen<lb/> Verwaltung. Dieser Grundsatz muß selbstverständlich anerkannt werden, aber<lb/> er hat nicht die Bedeutung, daß für jedes Handeln der öffentlichen Verwaltung<lb/> eine gesetzliche Spezialbestimmung nötig wäre, sondern es genügen auch General-<lb/> klauselu wie Z 10 A. L. R. II. 17; und es gibt ferner bei der formalen Un-<lb/> vollkommenheit unseres ja nicht in einer großen Kodifikation niedergelegten Ver¬<lb/> waltungsrechts eine Menge ungeschriebenes Recht, wie vorliegenden Falls das,<lb/> was man das Recht der öffentlichen Anstalt nennt, — ungeschriebenes Recht, das<lb/> in anerkannten Einzelsätzen und in der mit dem Bewußtsein der Gesetzmäßigkeit<lb/> ausgeübten und unwidersprochenen Verwaltungspraxis gelegentlich zum Aus¬<lb/> druck kommt, das aber in seiner grundsätzlichen Bedeutung klarzulegen Sache<lb/> der nicht zum Erfinden, wohl aber zum Entdecken neuer Rechtssätze bestimmten<lb/> verwaltungsrechtlichen Wissenschaft ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_421"> Zweck der vorstehenden Erörterung war. zu zeigen, daß diese Wissenschaft<lb/> in der Tat Möglichkeiten bietet, wie sie durch die unzweifelhaften Bedürfnisse<lb/> der Praxis gebieterisch verlangt werden. Wenn die Zaberner Offiziere wieder¬<lb/> holt erklärten, der Rock des Königs müsse unter allen Umständen geschützt<lb/> werden, so war das natürlich durchaus unjuristisch ausgedrückt. Aber das<lb/> berechtigte die Juristen noch nicht, wegen des unjuristischen Ausdrucks die<lb/> Forderung selbst zu ignorieren. Sie mußte nur in juristische Ausdrucksweise<lb/> umgesetzt werden; der juristische Ausdruck heißt Anstaltspolizei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0115]
Die Rechtsfrage von ^abern
Nicht zu rechtfertigen ist aus dem Gesichtspunkt der Anstaltsgewalt die
Gefangensetzung der Beteiligten zum Zweck ihres militärischen Verhörs. Denn
ein Verhör mit ihnen anzustellen war nicht mehr Sache der bloßen Abwehr,
sondern eine Vorbereitung der Bestrafung. Damit ist aber nicht gesagt, daß
die Festgenommenen unter keinen Umständen in der Kaserne hätten festgehalten
werden dürfen; nur wäre zur Rechtfertigung dieser Maßnahme eine andere
Begründung notwendig gewesen, etwa die Gefahr, daß bei Freilassung die
Störungen alsbald sich wiederholt hätten; ob diese Gefahr vorlag, ist wiederum
Tatfrage.
Es kann gegen das Rechtsinstitut der Anstaltspolizei nicht etwa eingewendet
werden, daß es im Widerspruch stehe mit dem Grundsatz der gesetzmäßigen
Verwaltung. Dieser Grundsatz muß selbstverständlich anerkannt werden, aber
er hat nicht die Bedeutung, daß für jedes Handeln der öffentlichen Verwaltung
eine gesetzliche Spezialbestimmung nötig wäre, sondern es genügen auch General-
klauselu wie Z 10 A. L. R. II. 17; und es gibt ferner bei der formalen Un-
vollkommenheit unseres ja nicht in einer großen Kodifikation niedergelegten Ver¬
waltungsrechts eine Menge ungeschriebenes Recht, wie vorliegenden Falls das,
was man das Recht der öffentlichen Anstalt nennt, — ungeschriebenes Recht, das
in anerkannten Einzelsätzen und in der mit dem Bewußtsein der Gesetzmäßigkeit
ausgeübten und unwidersprochenen Verwaltungspraxis gelegentlich zum Aus¬
druck kommt, das aber in seiner grundsätzlichen Bedeutung klarzulegen Sache
der nicht zum Erfinden, wohl aber zum Entdecken neuer Rechtssätze bestimmten
verwaltungsrechtlichen Wissenschaft ist.
Zweck der vorstehenden Erörterung war. zu zeigen, daß diese Wissenschaft
in der Tat Möglichkeiten bietet, wie sie durch die unzweifelhaften Bedürfnisse
der Praxis gebieterisch verlangt werden. Wenn die Zaberner Offiziere wieder¬
holt erklärten, der Rock des Königs müsse unter allen Umständen geschützt
werden, so war das natürlich durchaus unjuristisch ausgedrückt. Aber das
berechtigte die Juristen noch nicht, wegen des unjuristischen Ausdrucks die
Forderung selbst zu ignorieren. Sie mußte nur in juristische Ausdrucksweise
umgesetzt werden; der juristische Ausdruck heißt Anstaltspolizei.
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