Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Rechtsfrage von Zabern sonstige Handlungen, wozu natürlich insbesondere Schmährufe, Johlen usw. zu Keinem Zweifel kann das unterliegen bezüglich des Vorfalles in Dett- Auch bezüglich der Räumung des Schloßplatzes vor der Kaserne und Zweifelhaft kann die Sache sein bezüglich der Zulässigkeit derjenigen Ma߬ Die Rechtsfrage von Zabern sonstige Handlungen, wozu natürlich insbesondere Schmährufe, Johlen usw. zu Keinem Zweifel kann das unterliegen bezüglich des Vorfalles in Dett- Auch bezüglich der Räumung des Schloßplatzes vor der Kaserne und Zweifelhaft kann die Sache sein bezüglich der Zulässigkeit derjenigen Ma߬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327580"/> <fw type="header" place="top"> Die Rechtsfrage von Zabern</fw><lb/> <p xml:id="ID_415" prev="#ID_414"> sonstige Handlungen, wozu natürlich insbesondere Schmährufe, Johlen usw. zu<lb/> rechnen sein würden, ganz unmittelbar zu auf Vorgänge der Zaberner Art.</p><lb/> <p xml:id="ID_416"> Keinem Zweifel kann das unterliegen bezüglich des Vorfalles in Dett-<lb/> weiler: Hier handelte es sich um den Marsch einer geschlossenen Abteilung,<lb/> d. h. um eine öffentliche Veranstaltung in dem vorhin bezeichneten Sinne oder<lb/> wie es Herr von Jagow in seiner bekannten Veröffentlichung mit vollem Recht<lb/> in etwas anderer Terminologie bezeichnete, um einen „Akt der Staatshoheit".<lb/> Die Belästigungen, deren sich das Publikum schuldig machte, waren, wie man<lb/> nach den Zeitungsberichten über die kriegsgerichtliche Verhandlung vom<lb/> 19. Dezember unbedenklich wird annehmen können, gerichtet gegen die mili¬<lb/> tärische Abteilung überhaupt, nicht etwa bloß gegen den Leutnant von Forstner<lb/> persönlich, der übrigens als Führer der Abteilung überhaupt schwerlich ohne<lb/> Zusammenhang mit ihr gedacht werden kann. Darauf konnte das Militär<lb/> reagieren mit Anstaltspolizei. Aus dieser Anstaltspolizei rechtfertigt sich ins¬<lb/> besondere, wie schon vorhin in dem zitierten, gänzlich ohne Beziehung auf den<lb/> konkreten Fall niedergesehriebenen Satz gesagt ist, die Festnahme der Schreier.<lb/> Von einer Überschreitung desjenigen Maßes, das durch den Zweck der Abwehr<lb/> der Störung geboten war, kann nicht die Rede sein, da die Festnahme schon<lb/> deshalb nötig war, um dem Publikum zu zeigen, daß Ernst gemacht wurde.<lb/> Aus diesem Gesichtspunkt heraus darf man sogar noch weitergehend sagen, daß<lb/> die objektive Rechtmäßigkeit der Festnahme nicht einmal dann ausgeschlossen<lb/> wäre, wenn der Festgenommene vielleicht, was nach den Erfahrungen aller<lb/> Krawallprozesse sich nachträglich doch niemals mit Sicherheit feststellen läßt,<lb/> gar nicht selbst geschrien hätte, sondern nur als Glied der schreienden Menge<lb/> mehr passiv „dabei gewesen" wäre; denn eine Störung der öffentlichen Anstalt<lb/> stellt schon diese schreiende Menge als solche dar.</p><lb/> <p xml:id="ID_417"> Auch bezüglich der Räumung des Schloßplatzes vor der Kaserne und<lb/> der dabei vorgenommenen Verhaftungen ließe sich das Vorgehen des Mili¬<lb/> tärs wohl leicht aus dem Gesichtspunkt der Anstaltspolizei rechtfertigen.<lb/> Denn wenn gerade vor der Kaserne demonstriert wurde, so ist ganz offen¬<lb/> sichtlich, daß auch hier das Militär als solches, d. h. eine öffentliche Anstalt<lb/> gestört wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_418"> Zweifelhaft kann die Sache sein bezüglich der Zulässigkeit derjenigen Ma߬<lb/> nahmen, die in der Aussendung von Militärpatrouillen durch die städtischen<lb/> Straßen und in den durch diese Patrouillen vorgenommenen Verhaftungen ihren<lb/> Ausdruck fanden. Unzulässig wäre das dann gewesen, wenn die Belästigungen,<lb/> die durch diese Maßnahmen unterdrückt werden sollten, sich nur gegen einzelne<lb/> Offiziere persönlich gerichtet hätten, zulässig dagegen dann, wenn sich feststellen<lb/> ließ, daß sie diese Offiziere als Teile des Heeres im Auge hatten, anders aus¬<lb/> gedrückt, daß „systematisch" gegen das Militär als solches vorgegangen wurde;<lb/> ob der erste oder der zweite Fall vorlag, ist eine aus der Gesamtanschauung<lb/> der Verhältnisse heraus zu beurteilende Tatfrage.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Die Rechtsfrage von Zabern
sonstige Handlungen, wozu natürlich insbesondere Schmährufe, Johlen usw. zu
rechnen sein würden, ganz unmittelbar zu auf Vorgänge der Zaberner Art.
Keinem Zweifel kann das unterliegen bezüglich des Vorfalles in Dett-
weiler: Hier handelte es sich um den Marsch einer geschlossenen Abteilung,
d. h. um eine öffentliche Veranstaltung in dem vorhin bezeichneten Sinne oder
wie es Herr von Jagow in seiner bekannten Veröffentlichung mit vollem Recht
in etwas anderer Terminologie bezeichnete, um einen „Akt der Staatshoheit".
Die Belästigungen, deren sich das Publikum schuldig machte, waren, wie man
nach den Zeitungsberichten über die kriegsgerichtliche Verhandlung vom
19. Dezember unbedenklich wird annehmen können, gerichtet gegen die mili¬
tärische Abteilung überhaupt, nicht etwa bloß gegen den Leutnant von Forstner
persönlich, der übrigens als Führer der Abteilung überhaupt schwerlich ohne
Zusammenhang mit ihr gedacht werden kann. Darauf konnte das Militär
reagieren mit Anstaltspolizei. Aus dieser Anstaltspolizei rechtfertigt sich ins¬
besondere, wie schon vorhin in dem zitierten, gänzlich ohne Beziehung auf den
konkreten Fall niedergesehriebenen Satz gesagt ist, die Festnahme der Schreier.
Von einer Überschreitung desjenigen Maßes, das durch den Zweck der Abwehr
der Störung geboten war, kann nicht die Rede sein, da die Festnahme schon
deshalb nötig war, um dem Publikum zu zeigen, daß Ernst gemacht wurde.
Aus diesem Gesichtspunkt heraus darf man sogar noch weitergehend sagen, daß
die objektive Rechtmäßigkeit der Festnahme nicht einmal dann ausgeschlossen
wäre, wenn der Festgenommene vielleicht, was nach den Erfahrungen aller
Krawallprozesse sich nachträglich doch niemals mit Sicherheit feststellen läßt,
gar nicht selbst geschrien hätte, sondern nur als Glied der schreienden Menge
mehr passiv „dabei gewesen" wäre; denn eine Störung der öffentlichen Anstalt
stellt schon diese schreiende Menge als solche dar.
Auch bezüglich der Räumung des Schloßplatzes vor der Kaserne und
der dabei vorgenommenen Verhaftungen ließe sich das Vorgehen des Mili¬
tärs wohl leicht aus dem Gesichtspunkt der Anstaltspolizei rechtfertigen.
Denn wenn gerade vor der Kaserne demonstriert wurde, so ist ganz offen¬
sichtlich, daß auch hier das Militär als solches, d. h. eine öffentliche Anstalt
gestört wurde.
Zweifelhaft kann die Sache sein bezüglich der Zulässigkeit derjenigen Ma߬
nahmen, die in der Aussendung von Militärpatrouillen durch die städtischen
Straßen und in den durch diese Patrouillen vorgenommenen Verhaftungen ihren
Ausdruck fanden. Unzulässig wäre das dann gewesen, wenn die Belästigungen,
die durch diese Maßnahmen unterdrückt werden sollten, sich nur gegen einzelne
Offiziere persönlich gerichtet hätten, zulässig dagegen dann, wenn sich feststellen
ließ, daß sie diese Offiziere als Teile des Heeres im Auge hatten, anders aus¬
gedrückt, daß „systematisch" gegen das Militär als solches vorgegangen wurde;
ob der erste oder der zweite Fall vorlag, ist eine aus der Gesamtanschauung
der Verhältnisse heraus zu beurteilende Tatfrage.
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