Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Rechtsfrage von Zäher" Ich wiederhole noch einmal: der Staat und die staatliche Verwaltung lebt Öffentliche Anstalt ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen als gleich¬ Der öffentlichen Anstalt in diesem Sinne eignet nun ohne weiteres, d. h. Diese Sätze waren niedergeschrieben und veröffentlicht, ehe irgend jemand Die Rechtsfrage von Zäher» Ich wiederhole noch einmal: der Staat und die staatliche Verwaltung lebt Öffentliche Anstalt ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen als gleich¬ Der öffentlichen Anstalt in diesem Sinne eignet nun ohne weiteres, d. h. Diese Sätze waren niedergeschrieben und veröffentlicht, ehe irgend jemand <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327579"/> <fw type="header" place="top"> Die Rechtsfrage von Zäher»</fw><lb/> <p xml:id="ID_411"> Ich wiederhole noch einmal: der Staat und die staatliche Verwaltung lebt<lb/> nicht einfach nach dem Rechte des Privatmannes, sondern lebt nach einem eigenen<lb/> Recht! Wie der Staat mehr ist als der Privatmann, so ist selbstverständlich,<lb/> daß die Rechte des Staates weiter greifen als die des Privatmannes. Das<lb/> gilt namentlich aber auch von den Notwehrrechten,- ein Gegenstück zwar zum<lb/> allgemeinen Notwehrrecht, aber zugleich doch etwas, das in wesentlichen<lb/> Beziehungen darüber hinausgeht, bildet das besondere Notwehrrecht der<lb/> öffentlichen Verwaltung, das von der modernen verwaltungsrechtlichen Wissen¬<lb/> schaft nach dem Vorgang von Otto Mayer (Deutsches Verwaltungsrecht I Seite<lb/> 263; vgl. ferner Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, dritte<lb/> Auflage S. 307 f., Kormann, Einführung in die Praxis des Verwaltungsrechts,<lb/> S. 60 f., sowie in dem Artikel „Öffentliche Anstalt" in Stengel - Fleischmanns<lb/> Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Band III S. 1 f.)<lb/> als Polizei der öffentlichen Anstalt oder kurz als Anstaltspolizei bezeichnet wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_412"> Öffentliche Anstalt ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen als gleich¬<lb/> bedeutend mit öffentlicher Veranstaltung. „Öffentliche Anstalt in diesem Sinne<lb/> ist etwa das Heer, das Heer im allgemeinen oder auch die einzelne militärische<lb/> Veranstaltung, wie etwa eine militärische Parade" (Einführung a. a. O. S. 49),<lb/> ebenso aber natürlich auch der Übungsmarsch einer geschlossenen militärischen<lb/> Abteilung wie etwa der, um den es sich bei den Vorgängen in Dettweiler<lb/> handelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_413"> Der öffentlichen Anstalt in diesem Sinne eignet nun ohne weiteres, d. h.<lb/> ohne daß es irgend welcher besonderer gesetzlichen Vorschriften bedarf, eine<lb/> Gewalt, die als Anstaltspolizei bezeichnet wird. Sie ist darauf gerichtet,<lb/> „zwangsweise alles zu beseitigen, was den Betrieb der öffentlichen Anstalt stört"<lb/> (a. a. O. S. 62). Über die allgemeine Notwehr hinaus „gibt es eine verwaltungs¬<lb/> rechtliche Notwehr kraft Anstaltspolizei, die nicht an diese Voraussetzungen der<lb/> strafrechtlichen Notwehr gebunden, sondern ohne besondere gesetzliche Grundlage<lb/> zulässig ist. Sie findet statt, wenn die Militärbehörde durch Militärpersonen<lb/> das Gelände absperrt, in dem die Truppe übt, wenn das Betreten ihrer<lb/> Kasernen, Festungswerke, Pulvermagazine usw. durch Wachtposten verhindert<lb/> wird, wenn bei Märschen oder Paraden der Passantenverkehr unterbrochen und<lb/> der durch die Truppenabstände verbotwidrig hindurcheilende Passant mit Gewalt<lb/> wieder zurückgestoßen wird. Sie findet ferner statt, wenn . . . Personen, die<lb/> eine öffentliche Veranstaltung durch lautes Sprechen oder sonstwie stören, einfach<lb/> weggeführt oder festgenommen werden. Eine Grenze findet diese Notwehr darin,<lb/> daß sie, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften ein weiteres gestatten, nicht<lb/> über die Abwehr der Störung hinausgehen darf und sich dabei mit den zu<lb/> diesem Zweck erforderlichen Maßnahmen begnügen muß" (a. a. O. S. 63).</p><lb/> <p xml:id="ID_414" next="#ID_415"> Diese Sätze waren niedergeschrieben und veröffentlicht, ehe irgend jemand<lb/> an Zabern denken konnte, aber sie treffen in demjenigen Satz, in dem die Rede<lb/> ist von Störungen einer öffentlichen Veranstaltung durch lautes Sprechen oder</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
Die Rechtsfrage von Zäher»
Ich wiederhole noch einmal: der Staat und die staatliche Verwaltung lebt
nicht einfach nach dem Rechte des Privatmannes, sondern lebt nach einem eigenen
Recht! Wie der Staat mehr ist als der Privatmann, so ist selbstverständlich,
daß die Rechte des Staates weiter greifen als die des Privatmannes. Das
gilt namentlich aber auch von den Notwehrrechten,- ein Gegenstück zwar zum
allgemeinen Notwehrrecht, aber zugleich doch etwas, das in wesentlichen
Beziehungen darüber hinausgeht, bildet das besondere Notwehrrecht der
öffentlichen Verwaltung, das von der modernen verwaltungsrechtlichen Wissen¬
schaft nach dem Vorgang von Otto Mayer (Deutsches Verwaltungsrecht I Seite
263; vgl. ferner Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, dritte
Auflage S. 307 f., Kormann, Einführung in die Praxis des Verwaltungsrechts,
S. 60 f., sowie in dem Artikel „Öffentliche Anstalt" in Stengel - Fleischmanns
Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Band III S. 1 f.)
als Polizei der öffentlichen Anstalt oder kurz als Anstaltspolizei bezeichnet wird.
Öffentliche Anstalt ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen als gleich¬
bedeutend mit öffentlicher Veranstaltung. „Öffentliche Anstalt in diesem Sinne
ist etwa das Heer, das Heer im allgemeinen oder auch die einzelne militärische
Veranstaltung, wie etwa eine militärische Parade" (Einführung a. a. O. S. 49),
ebenso aber natürlich auch der Übungsmarsch einer geschlossenen militärischen
Abteilung wie etwa der, um den es sich bei den Vorgängen in Dettweiler
handelte.
Der öffentlichen Anstalt in diesem Sinne eignet nun ohne weiteres, d. h.
ohne daß es irgend welcher besonderer gesetzlichen Vorschriften bedarf, eine
Gewalt, die als Anstaltspolizei bezeichnet wird. Sie ist darauf gerichtet,
„zwangsweise alles zu beseitigen, was den Betrieb der öffentlichen Anstalt stört"
(a. a. O. S. 62). Über die allgemeine Notwehr hinaus „gibt es eine verwaltungs¬
rechtliche Notwehr kraft Anstaltspolizei, die nicht an diese Voraussetzungen der
strafrechtlichen Notwehr gebunden, sondern ohne besondere gesetzliche Grundlage
zulässig ist. Sie findet statt, wenn die Militärbehörde durch Militärpersonen
das Gelände absperrt, in dem die Truppe übt, wenn das Betreten ihrer
Kasernen, Festungswerke, Pulvermagazine usw. durch Wachtposten verhindert
wird, wenn bei Märschen oder Paraden der Passantenverkehr unterbrochen und
der durch die Truppenabstände verbotwidrig hindurcheilende Passant mit Gewalt
wieder zurückgestoßen wird. Sie findet ferner statt, wenn . . . Personen, die
eine öffentliche Veranstaltung durch lautes Sprechen oder sonstwie stören, einfach
weggeführt oder festgenommen werden. Eine Grenze findet diese Notwehr darin,
daß sie, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften ein weiteres gestatten, nicht
über die Abwehr der Störung hinausgehen darf und sich dabei mit den zu
diesem Zweck erforderlichen Maßnahmen begnügen muß" (a. a. O. S. 63).
Diese Sätze waren niedergeschrieben und veröffentlicht, ehe irgend jemand
an Zabern denken konnte, aber sie treffen in demjenigen Satz, in dem die Rede
ist von Störungen einer öffentlichen Veranstaltung durch lautes Sprechen oder
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