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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Fidschi

Polynester, gleich dem Fidschianer, für die Arbeit auf Kopraplantagen vor.
Im allgemeinen liegen besondere Schwierigkeiten, solche Arbeiter zu erhalten,
nicht vor. Auf den die Kokospalme anpflanzenden Inseln finden sich immer
eine Anzahl Südseeinsulaner, die auf diesen Plantagen arbeiten wollen. Man
möchte gern mehr Leute dieser Rassen haben; ein mangelndes Angebot wird
auf den Kopraplantagen stets durch Inder gedeckt.

Zuerst war es die Baumwolle, dann, als diese sich nicht mehr rentierte*),
die Kultur der Kokospalme, die eine Nachfrage nach Arbeitern in Fidschi in den
sechziger und siebziger Jahren wachrief. Man führte die Eingeborenen der
benachbarten Inselgruppen als Arbeiter ein; wie wir sahen, mit gutem Erfolge.
Als aber Anfang der achtziger Jahre Fidschi anfing, auf den Ebenen auf Viti
Leon und Vanua Leon Zuckermühlen anzulegen, für die das Zuckerrohr auf
dem vorzüglich geeigneten Boden am Rewaflusse, sowie um den Ort Labasa
und später in Lautoka angepflanzt wurde, mußte man sich nach anderen Arbeitern
umsehen. Die Südseeinsulaner waren nicht geeignet, in den heißen Ebenen
Zuckerrohr zu bauen und zu schneiden. Auch die Zahl der angeworbenen
Polynesier hätte nie gereicht. Der Lord Stanmore, Gouverneur der Kolonie
Fidschi von 1875 bis 1880, schlug vor. Kontraktarbeiter aus Indien einzu¬
führen. Merkwürdigerweise widersetzten sich derzeit die Pflanzer diesem Ge¬
danken, doch ein oder zwei Jahre später stimmten sie dem Vorschlage zu, und
heute ist natürlich jeder von dem großen Nutzen überzeugt, den die Inder als
Arbeiter der Kolonie gebracht haben. Am 31. Dezember 1911 wurden
43 302 Inder (28 258 Männer und 15 044 Frauen) in Fidschi gezählt. Etwa
ein Drittel davon arbeiteten auf Zuckerplantagen, etwa 2000 auf Kopra- und
Bananenplantagen, während solche Inder den Rest bildeten, die nach Ablauf
ihrer Kontraktszeit frei wurden und sich in der Kolonie seßhaft machten.

Das Verhältnis zwischen der Regierung von Fidschi, den Pflanzern und
den indischen Kukis ist nach dem Gesetze Ur. 1 von 1891 (The Indian Immigration
Ordinance 1891) festgesetzt. Natürlich hat man bei dieser Verordnung sich die
Erfahrungen zunutze machen können, die andere britische Kolonien und Pro¬
tektorate in der Verwertung der indischen Arbeiter sammelten. Es lebten z. B. im
Jahre 1907 in

British Guiana127 000 Inder,
Trinidad . .103 000 "
Jamaica . .13 000 "
Mauritius . .264 000 "
Natal . . .115 000 ,.


*) In den sechziger Jahren setzte ein Baumwollfieber in Fidschi ein. Der Ausbruch
des nordamerikanischen Krieges war die Ursache. Die Anführer in Europa waren ungenügend.
Alles pflanzte Baumwolle in der Südsee mit bedeutendem Nutzen. Nach Beendigung des
Bürgerkrieges hatten die Nordamerikanischen Staaten die Baumwollkultur wieder in Händen.
Man erlitt Verluste in Fidschi; es war nicht mehr konkurrenzfähig. Da ging man Anfang der
siebziger Jahre zur Kultur der Kokospalme über.
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Die Arbeiterfrage in Fidschi

Polynester, gleich dem Fidschianer, für die Arbeit auf Kopraplantagen vor.
Im allgemeinen liegen besondere Schwierigkeiten, solche Arbeiter zu erhalten,
nicht vor. Auf den die Kokospalme anpflanzenden Inseln finden sich immer
eine Anzahl Südseeinsulaner, die auf diesen Plantagen arbeiten wollen. Man
möchte gern mehr Leute dieser Rassen haben; ein mangelndes Angebot wird
auf den Kopraplantagen stets durch Inder gedeckt.

Zuerst war es die Baumwolle, dann, als diese sich nicht mehr rentierte*),
die Kultur der Kokospalme, die eine Nachfrage nach Arbeitern in Fidschi in den
sechziger und siebziger Jahren wachrief. Man führte die Eingeborenen der
benachbarten Inselgruppen als Arbeiter ein; wie wir sahen, mit gutem Erfolge.
Als aber Anfang der achtziger Jahre Fidschi anfing, auf den Ebenen auf Viti
Leon und Vanua Leon Zuckermühlen anzulegen, für die das Zuckerrohr auf
dem vorzüglich geeigneten Boden am Rewaflusse, sowie um den Ort Labasa
und später in Lautoka angepflanzt wurde, mußte man sich nach anderen Arbeitern
umsehen. Die Südseeinsulaner waren nicht geeignet, in den heißen Ebenen
Zuckerrohr zu bauen und zu schneiden. Auch die Zahl der angeworbenen
Polynesier hätte nie gereicht. Der Lord Stanmore, Gouverneur der Kolonie
Fidschi von 1875 bis 1880, schlug vor. Kontraktarbeiter aus Indien einzu¬
führen. Merkwürdigerweise widersetzten sich derzeit die Pflanzer diesem Ge¬
danken, doch ein oder zwei Jahre später stimmten sie dem Vorschlage zu, und
heute ist natürlich jeder von dem großen Nutzen überzeugt, den die Inder als
Arbeiter der Kolonie gebracht haben. Am 31. Dezember 1911 wurden
43 302 Inder (28 258 Männer und 15 044 Frauen) in Fidschi gezählt. Etwa
ein Drittel davon arbeiteten auf Zuckerplantagen, etwa 2000 auf Kopra- und
Bananenplantagen, während solche Inder den Rest bildeten, die nach Ablauf
ihrer Kontraktszeit frei wurden und sich in der Kolonie seßhaft machten.

Das Verhältnis zwischen der Regierung von Fidschi, den Pflanzern und
den indischen Kukis ist nach dem Gesetze Ur. 1 von 1891 (The Indian Immigration
Ordinance 1891) festgesetzt. Natürlich hat man bei dieser Verordnung sich die
Erfahrungen zunutze machen können, die andere britische Kolonien und Pro¬
tektorate in der Verwertung der indischen Arbeiter sammelten. Es lebten z. B. im
Jahre 1907 in

British Guiana127 000 Inder,
Trinidad . .103 000 „
Jamaica . .13 000 „
Mauritius . .264 000 „
Natal . . .115 000 ,.


*) In den sechziger Jahren setzte ein Baumwollfieber in Fidschi ein. Der Ausbruch
des nordamerikanischen Krieges war die Ursache. Die Anführer in Europa waren ungenügend.
Alles pflanzte Baumwolle in der Südsee mit bedeutendem Nutzen. Nach Beendigung des
Bürgerkrieges hatten die Nordamerikanischen Staaten die Baumwollkultur wieder in Händen.
Man erlitt Verluste in Fidschi; es war nicht mehr konkurrenzfähig. Da ging man Anfang der
siebziger Jahre zur Kultur der Kokospalme über.
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[0463] Die Arbeiterfrage in Fidschi Polynester, gleich dem Fidschianer, für die Arbeit auf Kopraplantagen vor. Im allgemeinen liegen besondere Schwierigkeiten, solche Arbeiter zu erhalten, nicht vor. Auf den die Kokospalme anpflanzenden Inseln finden sich immer eine Anzahl Südseeinsulaner, die auf diesen Plantagen arbeiten wollen. Man möchte gern mehr Leute dieser Rassen haben; ein mangelndes Angebot wird auf den Kopraplantagen stets durch Inder gedeckt. Zuerst war es die Baumwolle, dann, als diese sich nicht mehr rentierte*), die Kultur der Kokospalme, die eine Nachfrage nach Arbeitern in Fidschi in den sechziger und siebziger Jahren wachrief. Man führte die Eingeborenen der benachbarten Inselgruppen als Arbeiter ein; wie wir sahen, mit gutem Erfolge. Als aber Anfang der achtziger Jahre Fidschi anfing, auf den Ebenen auf Viti Leon und Vanua Leon Zuckermühlen anzulegen, für die das Zuckerrohr auf dem vorzüglich geeigneten Boden am Rewaflusse, sowie um den Ort Labasa und später in Lautoka angepflanzt wurde, mußte man sich nach anderen Arbeitern umsehen. Die Südseeinsulaner waren nicht geeignet, in den heißen Ebenen Zuckerrohr zu bauen und zu schneiden. Auch die Zahl der angeworbenen Polynesier hätte nie gereicht. Der Lord Stanmore, Gouverneur der Kolonie Fidschi von 1875 bis 1880, schlug vor. Kontraktarbeiter aus Indien einzu¬ führen. Merkwürdigerweise widersetzten sich derzeit die Pflanzer diesem Ge¬ danken, doch ein oder zwei Jahre später stimmten sie dem Vorschlage zu, und heute ist natürlich jeder von dem großen Nutzen überzeugt, den die Inder als Arbeiter der Kolonie gebracht haben. Am 31. Dezember 1911 wurden 43 302 Inder (28 258 Männer und 15 044 Frauen) in Fidschi gezählt. Etwa ein Drittel davon arbeiteten auf Zuckerplantagen, etwa 2000 auf Kopra- und Bananenplantagen, während solche Inder den Rest bildeten, die nach Ablauf ihrer Kontraktszeit frei wurden und sich in der Kolonie seßhaft machten. Das Verhältnis zwischen der Regierung von Fidschi, den Pflanzern und den indischen Kukis ist nach dem Gesetze Ur. 1 von 1891 (The Indian Immigration Ordinance 1891) festgesetzt. Natürlich hat man bei dieser Verordnung sich die Erfahrungen zunutze machen können, die andere britische Kolonien und Pro¬ tektorate in der Verwertung der indischen Arbeiter sammelten. Es lebten z. B. im Jahre 1907 in British Guiana127 000 Inder, Trinidad . .103 000 „ Jamaica . .13 000 „ Mauritius . .264 000 „ Natal . . .115 000 ,. *) In den sechziger Jahren setzte ein Baumwollfieber in Fidschi ein. Der Ausbruch des nordamerikanischen Krieges war die Ursache. Die Anführer in Europa waren ungenügend. Alles pflanzte Baumwolle in der Südsee mit bedeutendem Nutzen. Nach Beendigung des Bürgerkrieges hatten die Nordamerikanischen Staaten die Baumwollkultur wieder in Händen. Man erlitt Verluste in Fidschi; es war nicht mehr konkurrenzfähig. Da ging man Anfang der siebziger Jahre zur Kultur der Kokospalme über. 2S*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/463>, abgerufen am 28.06.2024.