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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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unterstützen und zu Wort kommen lassen.
Dem "Oau6chans"-Dichter gelten mehrere
Gedichte und Aufsätze; Scheffels Sohn und
Enkel, die beide im letzten Jahre gestorben
sind, Widmet Alberta von Freydorf einen
warmen Nachruf. Mit eigenen, meist ziemlich
belanglosen Produktionen, die zudem teilweise
bereits gedruckten Werken entnommen sind,
treten eine Reihe von jüngeren und älteren
Dichtern und solchen, die es zu sein glauben,
auf. Ich vermag die Notwendigkeit oder gar
Bedeutung dieses Kalenders nicht einzusehen.--

Auch die Verleger wissen, daß der Appetit
beim Essen kommt; sie setzen uns deshalb in
zierlicher Schale geschickt ausgewählte Kost-
Proben des reichlichen Menüs vor, das sie
im Laufe des Jahres der Leserwelt bereitet
haben. Ein Gedicht, eine Erzählung, ein
einzelnes Kapitel, eine Vorrede, ein Brief,
eine Illustration wecken in uns den Wunsch,
nun auch das ganze Buch, aus dem wir ein
Fragment kennen gelernt haben, zu lesen und
-- zu besitzen. Der Insel-Verlag zu Leipzig
hat vor neun Jahren zuerst auf die trockene
Aufzählung der Verlagswerke nebst dem

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üblichen Abdruck vonKritiken verzichtet und eine
neue Forni des Katalogs, den Insel-Almanach
eingeführt; seitdem legt er uns in jedem
Herbst den Rechenschaftsbericht über seine
Tätigkeit in einem Büchlein vor, das immer
eine reizende, eigenartige, niemals die gleiche
Ausstattung erhält.

Der Xenien-Verlag in Leipzig hat jene
Sitte übernommen und bringt gleichfalls in
seinem Xenien-Almanach ausgewählte Stücke
und viele Illustrationen aus seinen Verlags¬
werken. Ebenso ist das Taschenbuch für
Bücherfreunde ein Sammelwerk aus den
neuesten Schriften der Autoren des Verlages
L. Staackmann in Leipzig, das mit zum Teil
recht lustigen Genrebildern der Schriftsteller
geschmückt ist.

Zum ersten Male tritt auch der junge,
durch seine köstlichen Drugulin-Drucke rasch
bekannt gewordene Verlag Kurt Wolfs in
Leipzig (früher Ernst Rohwohlt) mit einem
"Bunten Buch" an die Öffentlichkeit. Der
Verleger Eulenbergs und DauthendevS hat
den Ehrgeiz, die Vertreter des jüngsten
Deutschland um sich zu scharen. Das ist in

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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unterstützen und zu Wort kommen lassen.
Dem „Oau6chans"-Dichter gelten mehrere
Gedichte und Aufsätze; Scheffels Sohn und
Enkel, die beide im letzten Jahre gestorben
sind, Widmet Alberta von Freydorf einen
warmen Nachruf. Mit eigenen, meist ziemlich
belanglosen Produktionen, die zudem teilweise
bereits gedruckten Werken entnommen sind,
treten eine Reihe von jüngeren und älteren
Dichtern und solchen, die es zu sein glauben,
auf. Ich vermag die Notwendigkeit oder gar
Bedeutung dieses Kalenders nicht einzusehen.—

Auch die Verleger wissen, daß der Appetit
beim Essen kommt; sie setzen uns deshalb in
zierlicher Schale geschickt ausgewählte Kost-
Proben des reichlichen Menüs vor, das sie
im Laufe des Jahres der Leserwelt bereitet
haben. Ein Gedicht, eine Erzählung, ein
einzelnes Kapitel, eine Vorrede, ein Brief,
eine Illustration wecken in uns den Wunsch,
nun auch das ganze Buch, aus dem wir ein
Fragment kennen gelernt haben, zu lesen und
— zu besitzen. Der Insel-Verlag zu Leipzig
hat vor neun Jahren zuerst auf die trockene
Aufzählung der Verlagswerke nebst dem

[Spaltenumbruch]

üblichen Abdruck vonKritiken verzichtet und eine
neue Forni des Katalogs, den Insel-Almanach
eingeführt; seitdem legt er uns in jedem
Herbst den Rechenschaftsbericht über seine
Tätigkeit in einem Büchlein vor, das immer
eine reizende, eigenartige, niemals die gleiche
Ausstattung erhält.

Der Xenien-Verlag in Leipzig hat jene
Sitte übernommen und bringt gleichfalls in
seinem Xenien-Almanach ausgewählte Stücke
und viele Illustrationen aus seinen Verlags¬
werken. Ebenso ist das Taschenbuch für
Bücherfreunde ein Sammelwerk aus den
neuesten Schriften der Autoren des Verlages
L. Staackmann in Leipzig, das mit zum Teil
recht lustigen Genrebildern der Schriftsteller
geschmückt ist.

Zum ersten Male tritt auch der junge,
durch seine köstlichen Drugulin-Drucke rasch
bekannt gewordene Verlag Kurt Wolfs in
Leipzig (früher Ernst Rohwohlt) mit einem
„Bunten Buch" an die Öffentlichkeit. Der
Verleger Eulenbergs und DauthendevS hat
den Ehrgeiz, die Vertreter des jüngsten
Deutschland um sich zu scharen. Das ist in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/395>, abgerufen am 24.08.2024.