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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Die deutschen Studenten und der deutsch-französische Krieg

akademische Jugend am Kampfe gegen die Feinde Bayerns und Deutschlands
beteiligt, die alma mater freut sich des frischen Mutes ihrer Söhne, ist stolz auf sie
und begleitet sie in allen Gefahren mit ihrem Segen und ihren Segenswünschen."

Sogar jenseits der schwarz-gelben Grenzpfähle fand die studentische Bewegung
lebhaften Widerhall.

Die große Leipziger Studentenversammlung vom 18. Juli hatte auch einen
Aufruf an die deutsch-österreichischen Studenten erlassen, in dem sie aufgefordert
werden, an dem nationalen Kampfe wenigstens im Geiste teilzunehmen und ihn
mit ihren Sympathien und allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen.
"Erklärt den von Frankreich angezettelten Krieg für ein Verbrechen an deutscher
Kultur und deutschem Wesen, das jeder von euch verabscheut; denn es wird an
euch mitbegangen! Tretet hervor mit euren Gesinnungen und sucht sie zu ver¬
breiten, soweit es in euren Kräften steht! Tut dies, und ihr werdet mit um
so größerer Genugtuung unsere Erfolge verzeichnen. Jeder Sieg, den wir er¬
ringen, wird euch erscheinen, als hättet ihr ihn miterfochten!"

Solcher Aufforderung hätte es kaum bedurft. Von Anfang an gab die
österreichische Studentenschaft ihren Sympathien für den Krieg lebhaften Ausdruck.

In Graz scheiterte zwar an dem Widerstände der politischen und akade¬
mischen Behörden eine allgemeine Demonstration, aber die Burschenschafter
Arminia, Orion und Stiria ließen es sich nicht nehmen, an die reichsdeutschen
Kommilitonen einen Ausruf zu richten, in dem es heißt: "Die deutsche akade¬
mische Jugend Österreichs stimmt begeistert ein in die heldenhafte Erregung, die
ganz Deutschland durchbraust von den Gehängen der Alpen bis zu den Gestaden
des Meeres. Nur ein Schmerz erfüllt ihre Seele, der Schmerz, daß sie nicht
kämpfen und siegen darf mit euch, Kommilitonen! Aber ihr Geist umgibt euch
aus den Beschwerden des Kriegszuges und im Getümmel der Schlacht. Glück
und Unglück wird sie mit euch tragen, und Hilfe wird sie spenden dort, wo sie
helfen kann, aus ganzem Herzen und mit ganzer Kraft. Der Sieg sei mit euch!
Hoch Deutschland! Hoch die deutschen Waffen!"

In Wien meldeten sich am 20. Juli viele Studenten, besonders die Mit¬
glieder der Arminia, Teutonia und Silesia, beim preußischen Gesandten zum
Eintritt in das deutsche Heer. Graf Schweinitz ließ ihnen zwar seine wärmste
Anerkennung dafür aussprechen, mußte aber darauf verzichten, "auf diese An¬
gelegenheit irgendwelchen Einfluß zu nehmen," weil die österreichischen Gesetze
den Eintritt in ein fremdes Heer von der ausdrücklichen Genehmigung der
Regierung abhängig machten. Am 21. beschloß ein Deputiertenkonvent der
Germania, Arminia, Olympia, Liberias, Silesia, Teutonia, Alemannia, Cheruscia,
Markomannia. Jglavia und des Wiener deutschen Studentenklubs die Einberufung
einer allgemeinen Versammlung der deutschen Studenten zur Beschlußfassung
über folgende Punkte: 1. Es ist eine Sammlung unter der deutsch-österreichischen
Studentenschaft für die verwundeten deutschen Krieger einzuleiten, 2. die deutsche
Studentenschaft Wiens hegt die sichere Erwartung, Österreich werde weder in


Die deutschen Studenten und der deutsch-französische Krieg

akademische Jugend am Kampfe gegen die Feinde Bayerns und Deutschlands
beteiligt, die alma mater freut sich des frischen Mutes ihrer Söhne, ist stolz auf sie
und begleitet sie in allen Gefahren mit ihrem Segen und ihren Segenswünschen."

Sogar jenseits der schwarz-gelben Grenzpfähle fand die studentische Bewegung
lebhaften Widerhall.

Die große Leipziger Studentenversammlung vom 18. Juli hatte auch einen
Aufruf an die deutsch-österreichischen Studenten erlassen, in dem sie aufgefordert
werden, an dem nationalen Kampfe wenigstens im Geiste teilzunehmen und ihn
mit ihren Sympathien und allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen.
„Erklärt den von Frankreich angezettelten Krieg für ein Verbrechen an deutscher
Kultur und deutschem Wesen, das jeder von euch verabscheut; denn es wird an
euch mitbegangen! Tretet hervor mit euren Gesinnungen und sucht sie zu ver¬
breiten, soweit es in euren Kräften steht! Tut dies, und ihr werdet mit um
so größerer Genugtuung unsere Erfolge verzeichnen. Jeder Sieg, den wir er¬
ringen, wird euch erscheinen, als hättet ihr ihn miterfochten!"

Solcher Aufforderung hätte es kaum bedurft. Von Anfang an gab die
österreichische Studentenschaft ihren Sympathien für den Krieg lebhaften Ausdruck.

In Graz scheiterte zwar an dem Widerstände der politischen und akade¬
mischen Behörden eine allgemeine Demonstration, aber die Burschenschafter
Arminia, Orion und Stiria ließen es sich nicht nehmen, an die reichsdeutschen
Kommilitonen einen Ausruf zu richten, in dem es heißt: „Die deutsche akade¬
mische Jugend Österreichs stimmt begeistert ein in die heldenhafte Erregung, die
ganz Deutschland durchbraust von den Gehängen der Alpen bis zu den Gestaden
des Meeres. Nur ein Schmerz erfüllt ihre Seele, der Schmerz, daß sie nicht
kämpfen und siegen darf mit euch, Kommilitonen! Aber ihr Geist umgibt euch
aus den Beschwerden des Kriegszuges und im Getümmel der Schlacht. Glück
und Unglück wird sie mit euch tragen, und Hilfe wird sie spenden dort, wo sie
helfen kann, aus ganzem Herzen und mit ganzer Kraft. Der Sieg sei mit euch!
Hoch Deutschland! Hoch die deutschen Waffen!"

In Wien meldeten sich am 20. Juli viele Studenten, besonders die Mit¬
glieder der Arminia, Teutonia und Silesia, beim preußischen Gesandten zum
Eintritt in das deutsche Heer. Graf Schweinitz ließ ihnen zwar seine wärmste
Anerkennung dafür aussprechen, mußte aber darauf verzichten, „auf diese An¬
gelegenheit irgendwelchen Einfluß zu nehmen," weil die österreichischen Gesetze
den Eintritt in ein fremdes Heer von der ausdrücklichen Genehmigung der
Regierung abhängig machten. Am 21. beschloß ein Deputiertenkonvent der
Germania, Arminia, Olympia, Liberias, Silesia, Teutonia, Alemannia, Cheruscia,
Markomannia. Jglavia und des Wiener deutschen Studentenklubs die Einberufung
einer allgemeinen Versammlung der deutschen Studenten zur Beschlußfassung
über folgende Punkte: 1. Es ist eine Sammlung unter der deutsch-österreichischen
Studentenschaft für die verwundeten deutschen Krieger einzuleiten, 2. die deutsche
Studentenschaft Wiens hegt die sichere Erwartung, Österreich werde weder in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/516>, abgerufen am 20.10.2024.