Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Die Zukunft der preußischen Ansiedlungspolitik in der Vstmark Feinde der Ansiedlungskommission sind ferner natürlich die landwirtschaftlichen Die Zukunft der preußischen Ansiedlungspolitik in der Vstmark Feinde der Ansiedlungskommission sind ferner natürlich die landwirtschaftlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0369" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326539"/> <fw type="header" place="top"> Die Zukunft der preußischen Ansiedlungspolitik in der Vstmark</fw><lb/> <p xml:id="ID_1723" prev="#ID_1722" next="#ID_1724"> Feinde der Ansiedlungskommission sind ferner natürlich die landwirtschaftlichen<lb/> Beamten, die alljährlich so und soviele Administratoren- und Assistentenstellen<lb/> auf den zur Aufteilung gelangenden großen Gütern eingehen sehen und für die<lb/> sich hiermit die Lebensaussichten verschlechtern. Endlich sind manche Beamte in<lb/> der Ostmark schon um deswillen keine Freunde der Ansiedlungskommission. weil<lb/> ihnen durch deren Tätigkeit erhebliche Mehrarbeit erwächst. Wenn man daher<lb/> einer kürzlich erschienenen ziemlich wertlosen Broschüre eines Barons Karl Putt-<lb/> kamer, der vor sehr langen Jahren und sehr kurze Zeit Landrat des Kreises<lb/> Mogilno war und sich jetzt, nachdem sich alle Verhältnisse in der Ostmark, wie<lb/> er sie einst kannte, von Grund aus verändert haben, berufen fühlt, sich über<lb/> „die Mißerfolge in der Polenpolitik" zu verbreiten, wenigstens einen Punkt als<lb/> richtig dargestellt zugeben kann, so ist es der. daß die Ansiedlungspolitik in der<lb/> Ostmark wenig Freunde hat. Jedem Kenner der posenschen und westpreußischen<lb/> Verhältnisse ist es bekannt, daß hinter dieser Politik in den Ansiedlungsprovinzen<lb/> im wesentlichen nur eine Anzahl von Beamten und Lehrern mit ihrem Anhang,<lb/> sowie ganz wenige Großgrundbesitzer und Angehörige der freien Berufe stehen.<lb/> Diese Kreise hat der Ostmarkenverein zu einer ziemlich einflußreichen Organi¬<lb/> sation zusammengefaßt. Die Mehrzahl aber der eingesessener deutschen Land¬<lb/> wirte, Gewerbetreibenden. Ärzte und Anwälte steht dieser Politik leider mit<lb/> Mißtrauen gegenüber und ersehnt die Wiederkehr der alten Zeiten, in denen —<lb/> angeblich — zwischen Polen und Deutschen eitel Friede und Freundschaft<lb/> herrschte. Es hilft nichts, dieser Tatsache gegenüber die Augen zu<lb/> schließen, es kann sich nur darum handeln, wie man hier Abhilfe schafft.<lb/> Viel könnte ja freilich geholfen werden, wenn man sich in Zukunft nicht<lb/> mehr auf die — allerdings für die planmäßige Eindeutschung der ost¬<lb/> märkischen Städte ungemein wichtige — Einkreisung dieser Städte mit einem<lb/> Kranze deutscher Ansiedlungsdörfer allein beschränkte, sondern nunmehr endlich,<lb/> nachdem die Annahme des Antrags Viereck im Abgeordnetenhause deutlich<lb/> erwiesen hat. daß auch parlamentarische Schwierigkeiten nicht zu befürchten sind,<lb/> eine zielbewußte Städtepolitik in Angriff nähme und durchführte. Der An¬<lb/> siedlungskommission kann man keinen großen Vorwurf daraus machen, daß sie<lb/> auf diesem Gebiete bisher wenig geleistet hat, denn ihr ist gesetzlich die Grenze<lb/> gezogen, die sich aus ihrer Ausgabe der Bildung ländlicher Gemeinden und der<lb/> Ansehung von Bauern und Arbeitern ergibt, aber die ordentlichen Verwaltungs¬<lb/> behörden, die ja jetzt endlich, wie ich mit Freuden höre, der Sache nähertreten<lb/> wollen, haben das Stadium der „Erwägungen" allzulange hingezögert. In<lb/> einer vor etwa vier Jahren anonym erschienenen Broschüre über „Ostmärkische<lb/> Städtepolitik" sind hierfür außerordentlich wertvolle Anregungen gegeben worden,<lb/> die leider bisher noch der Verwirklichung harren. Gelingt es beispielsweise<lb/> ebenso wie man jetzt auf dem Lande vermittelst der „Deutschen Bauernbank"<lb/> (Danzig) und der „Deutschen Mittelstandskasse" (Posen) den alten deutschen Be¬<lb/> sitz unter Regelung der Hypotheken und Erleichterung der Zinslast für alle Zeit der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0369]
Die Zukunft der preußischen Ansiedlungspolitik in der Vstmark
Feinde der Ansiedlungskommission sind ferner natürlich die landwirtschaftlichen
Beamten, die alljährlich so und soviele Administratoren- und Assistentenstellen
auf den zur Aufteilung gelangenden großen Gütern eingehen sehen und für die
sich hiermit die Lebensaussichten verschlechtern. Endlich sind manche Beamte in
der Ostmark schon um deswillen keine Freunde der Ansiedlungskommission. weil
ihnen durch deren Tätigkeit erhebliche Mehrarbeit erwächst. Wenn man daher
einer kürzlich erschienenen ziemlich wertlosen Broschüre eines Barons Karl Putt-
kamer, der vor sehr langen Jahren und sehr kurze Zeit Landrat des Kreises
Mogilno war und sich jetzt, nachdem sich alle Verhältnisse in der Ostmark, wie
er sie einst kannte, von Grund aus verändert haben, berufen fühlt, sich über
„die Mißerfolge in der Polenpolitik" zu verbreiten, wenigstens einen Punkt als
richtig dargestellt zugeben kann, so ist es der. daß die Ansiedlungspolitik in der
Ostmark wenig Freunde hat. Jedem Kenner der posenschen und westpreußischen
Verhältnisse ist es bekannt, daß hinter dieser Politik in den Ansiedlungsprovinzen
im wesentlichen nur eine Anzahl von Beamten und Lehrern mit ihrem Anhang,
sowie ganz wenige Großgrundbesitzer und Angehörige der freien Berufe stehen.
Diese Kreise hat der Ostmarkenverein zu einer ziemlich einflußreichen Organi¬
sation zusammengefaßt. Die Mehrzahl aber der eingesessener deutschen Land¬
wirte, Gewerbetreibenden. Ärzte und Anwälte steht dieser Politik leider mit
Mißtrauen gegenüber und ersehnt die Wiederkehr der alten Zeiten, in denen —
angeblich — zwischen Polen und Deutschen eitel Friede und Freundschaft
herrschte. Es hilft nichts, dieser Tatsache gegenüber die Augen zu
schließen, es kann sich nur darum handeln, wie man hier Abhilfe schafft.
Viel könnte ja freilich geholfen werden, wenn man sich in Zukunft nicht
mehr auf die — allerdings für die planmäßige Eindeutschung der ost¬
märkischen Städte ungemein wichtige — Einkreisung dieser Städte mit einem
Kranze deutscher Ansiedlungsdörfer allein beschränkte, sondern nunmehr endlich,
nachdem die Annahme des Antrags Viereck im Abgeordnetenhause deutlich
erwiesen hat. daß auch parlamentarische Schwierigkeiten nicht zu befürchten sind,
eine zielbewußte Städtepolitik in Angriff nähme und durchführte. Der An¬
siedlungskommission kann man keinen großen Vorwurf daraus machen, daß sie
auf diesem Gebiete bisher wenig geleistet hat, denn ihr ist gesetzlich die Grenze
gezogen, die sich aus ihrer Ausgabe der Bildung ländlicher Gemeinden und der
Ansehung von Bauern und Arbeitern ergibt, aber die ordentlichen Verwaltungs¬
behörden, die ja jetzt endlich, wie ich mit Freuden höre, der Sache nähertreten
wollen, haben das Stadium der „Erwägungen" allzulange hingezögert. In
einer vor etwa vier Jahren anonym erschienenen Broschüre über „Ostmärkische
Städtepolitik" sind hierfür außerordentlich wertvolle Anregungen gegeben worden,
die leider bisher noch der Verwirklichung harren. Gelingt es beispielsweise
ebenso wie man jetzt auf dem Lande vermittelst der „Deutschen Bauernbank"
(Danzig) und der „Deutschen Mittelstandskasse" (Posen) den alten deutschen Be¬
sitz unter Regelung der Hypotheken und Erleichterung der Zinslast für alle Zeit der
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