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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Die Zahresausstellung des Deutschen Aünstlerbnudes

einem Worte, das Denken nach der neuen Psychologie wird nichts Passives sein,
sondern etwas Aktives, kein mechanisches Nachbilden, sondern ein organisches
Formen, Gestalten und Handeln. Daß es dabei nicht in wilde Spekulation
ausarten wird, ergibt sich durch die Beschreibung als Anpassung oder Orientierung
von selbst.

Ich habe hier nur ein paar Grundzüge einer Entwicklung andeuten können,
die noch in den Anfängen steht. Aber schon heute sind die Fernsichten, die
sie eröffnet, außerordentlich. Man lese Vaihingers reiches Buch von der Philo¬
sophie des Als-Ob, um zu erkennen, welche Rolle das produktive Denken auf
den verschiedensten Gebieten spielt und doch ist Vaihinger noch lange nicht er¬
schöpfend. Wir haben die Zuversicht, daß die Zukunft einer Erkenntnislehre
gehören wird, die Erkennen nicht als Abbilden, sondern als ein Schaffen ansieht
und die darum nicht abseits stehen wird vom übrigen Leben, sondern die mitten
hineinführen und damit nicht bloße abstrakte Theorie bleiben wird, sondern
eben dadurch, daß sie die Geistesarbeit zu klarem und vollem Bewußtsein ihrer
selbst bringt, lebensfördernd im höchsten Sinne sein wird*).




Die Iahresausstellung des Deutschen Aünstlerbundes
in Mannheim Professor Th, Hänlein von in

er Jahresschau des Deutschen Künstlerbundes ist diesmal in
Mannheim eine gastliche Stätte bereitet. Sämtliche Bildersäle
der seit wenigen Jahren erst bestehenden Kunsthalle sind ihr ein¬
geräumt, nur in dem großen Lichthof begrüßen den Eintretenden
die Meisterwerke neuer französischer und deutscher Kunst, die der
Sammlung durch den hingebenden Eifer ihres Leiters Dr. Wichert und die
opferwillige Mitwirkung der Stadtgemeinde und der Bürgerschaft in der letzten
Zeit gewonnen worden sind. Für die Aufnahme des Dargebotenen ist gerade
in Mannheim der Boden gut vorbereitet durch die entschlossenen und ziel¬
bewußter Bemühungen, die neuerdings die Bevölkerung der Stadt zum Ver-



") Die hier kurz umrissenen Gedanken, zugleich ausführliche Nachweise der sehr aus¬
gedehnten Literatur, findet man ausführlich begründet in meinen Forschungen, die in folgenden
Fachzeitschriften erschienen sind: Archiv f. ges. Psychologie Bd. XXXIII u. XXXVII, Zeitschr.
f. Psychologie Bd. 1.X u. I^XIV, Vierteljahrsschrift f. wiss, Philosophie 1910 u. 1913, Zeitschr.
s. angew. Psychologie VII, Annalen f. Naturphilosophie Bd. VIII usw. In einem von mir
vorbereiteten Werke: "Das Denken und die Phantasie" werden sie zusammengefaßt werden.
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Die Zahresausstellung des Deutschen Aünstlerbnudes

einem Worte, das Denken nach der neuen Psychologie wird nichts Passives sein,
sondern etwas Aktives, kein mechanisches Nachbilden, sondern ein organisches
Formen, Gestalten und Handeln. Daß es dabei nicht in wilde Spekulation
ausarten wird, ergibt sich durch die Beschreibung als Anpassung oder Orientierung
von selbst.

Ich habe hier nur ein paar Grundzüge einer Entwicklung andeuten können,
die noch in den Anfängen steht. Aber schon heute sind die Fernsichten, die
sie eröffnet, außerordentlich. Man lese Vaihingers reiches Buch von der Philo¬
sophie des Als-Ob, um zu erkennen, welche Rolle das produktive Denken auf
den verschiedensten Gebieten spielt und doch ist Vaihinger noch lange nicht er¬
schöpfend. Wir haben die Zuversicht, daß die Zukunft einer Erkenntnislehre
gehören wird, die Erkennen nicht als Abbilden, sondern als ein Schaffen ansieht
und die darum nicht abseits stehen wird vom übrigen Leben, sondern die mitten
hineinführen und damit nicht bloße abstrakte Theorie bleiben wird, sondern
eben dadurch, daß sie die Geistesarbeit zu klarem und vollem Bewußtsein ihrer
selbst bringt, lebensfördernd im höchsten Sinne sein wird*).




Die Iahresausstellung des Deutschen Aünstlerbundes
in Mannheim Professor Th, Hänlein von in

er Jahresschau des Deutschen Künstlerbundes ist diesmal in
Mannheim eine gastliche Stätte bereitet. Sämtliche Bildersäle
der seit wenigen Jahren erst bestehenden Kunsthalle sind ihr ein¬
geräumt, nur in dem großen Lichthof begrüßen den Eintretenden
die Meisterwerke neuer französischer und deutscher Kunst, die der
Sammlung durch den hingebenden Eifer ihres Leiters Dr. Wichert und die
opferwillige Mitwirkung der Stadtgemeinde und der Bürgerschaft in der letzten
Zeit gewonnen worden sind. Für die Aufnahme des Dargebotenen ist gerade
in Mannheim der Boden gut vorbereitet durch die entschlossenen und ziel¬
bewußter Bemühungen, die neuerdings die Bevölkerung der Stadt zum Ver-



") Die hier kurz umrissenen Gedanken, zugleich ausführliche Nachweise der sehr aus¬
gedehnten Literatur, findet man ausführlich begründet in meinen Forschungen, die in folgenden
Fachzeitschriften erschienen sind: Archiv f. ges. Psychologie Bd. XXXIII u. XXXVII, Zeitschr.
f. Psychologie Bd. 1.X u. I^XIV, Vierteljahrsschrift f. wiss, Philosophie 1910 u. 1913, Zeitschr.
s. angew. Psychologie VII, Annalen f. Naturphilosophie Bd. VIII usw. In einem von mir
vorbereiteten Werke: „Das Denken und die Phantasie" werden sie zusammengefaßt werden.
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[0631] Die Zahresausstellung des Deutschen Aünstlerbnudes einem Worte, das Denken nach der neuen Psychologie wird nichts Passives sein, sondern etwas Aktives, kein mechanisches Nachbilden, sondern ein organisches Formen, Gestalten und Handeln. Daß es dabei nicht in wilde Spekulation ausarten wird, ergibt sich durch die Beschreibung als Anpassung oder Orientierung von selbst. Ich habe hier nur ein paar Grundzüge einer Entwicklung andeuten können, die noch in den Anfängen steht. Aber schon heute sind die Fernsichten, die sie eröffnet, außerordentlich. Man lese Vaihingers reiches Buch von der Philo¬ sophie des Als-Ob, um zu erkennen, welche Rolle das produktive Denken auf den verschiedensten Gebieten spielt und doch ist Vaihinger noch lange nicht er¬ schöpfend. Wir haben die Zuversicht, daß die Zukunft einer Erkenntnislehre gehören wird, die Erkennen nicht als Abbilden, sondern als ein Schaffen ansieht und die darum nicht abseits stehen wird vom übrigen Leben, sondern die mitten hineinführen und damit nicht bloße abstrakte Theorie bleiben wird, sondern eben dadurch, daß sie die Geistesarbeit zu klarem und vollem Bewußtsein ihrer selbst bringt, lebensfördernd im höchsten Sinne sein wird*). Die Iahresausstellung des Deutschen Aünstlerbundes in Mannheim Professor Th, Hänlein von in er Jahresschau des Deutschen Künstlerbundes ist diesmal in Mannheim eine gastliche Stätte bereitet. Sämtliche Bildersäle der seit wenigen Jahren erst bestehenden Kunsthalle sind ihr ein¬ geräumt, nur in dem großen Lichthof begrüßen den Eintretenden die Meisterwerke neuer französischer und deutscher Kunst, die der Sammlung durch den hingebenden Eifer ihres Leiters Dr. Wichert und die opferwillige Mitwirkung der Stadtgemeinde und der Bürgerschaft in der letzten Zeit gewonnen worden sind. Für die Aufnahme des Dargebotenen ist gerade in Mannheim der Boden gut vorbereitet durch die entschlossenen und ziel¬ bewußter Bemühungen, die neuerdings die Bevölkerung der Stadt zum Ver- ") Die hier kurz umrissenen Gedanken, zugleich ausführliche Nachweise der sehr aus¬ gedehnten Literatur, findet man ausführlich begründet in meinen Forschungen, die in folgenden Fachzeitschriften erschienen sind: Archiv f. ges. Psychologie Bd. XXXIII u. XXXVII, Zeitschr. f. Psychologie Bd. 1.X u. I^XIV, Vierteljahrsschrift f. wiss, Philosophie 1910 u. 1913, Zeitschr. s. angew. Psychologie VII, Annalen f. Naturphilosophie Bd. VIII usw. In einem von mir vorbereiteten Werke: „Das Denken und die Phantasie" werden sie zusammengefaßt werden. 40*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/631>, abgerufen am 30.12.2024.