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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

Kap Nattland umschifft und um 11 Uhr vormittags, Samstag, den 13. Juli,
Motte erreicht. Inzwischen hatte sich am Ausgang des Sognefjord der "Greif"
mit der Post von Bergen eingestellt.

Hier ist die Gegend freundlich und lieblich, grün bewachsene, sanft auf¬
steigende Berge umgeben den Ort, aus dem zwei große hellangestrichene Gasthöfe
hervorragen. Wegen seines milden Klimas, seines überraschenden Baumwuchses
und seines üppigen Blumenflors wird Motte von Schwärmern das "nordische
Nizza" genannt.

Se. Majestät hatten den Kommandanten des "Greif" zum Frühstück ge¬
laden. Derselbe brachte Sr. Majestät den Dank des Admirals Baird, welcher
das vor Bergen ankernde englische Geschwader befehligt, sür die Grüße und
Aufträge, welche Se. Majestät an den Admiral durch den Kommandanten des
"Greif" gesandt hatte. Auch wußte letzterer, Korvettenkapitän Flichtenhöfer,
nicht genug von der Liebenswürdigkeit des Admirals sowie seiner Offiziers zu
berichten, welche bei einem großen Ballfest auf dem Flaggschiff begriffen, um¬
gehend ihre deutschen Kameraden vom "Greif" zu demselben luden. Selbst¬
verständlich wurde die Einladung mit herzlichem Dank befolgt und haben die
Herren bis weit in den nächsten Morgen hinein Gelegenheit gehabt, mit schönen
Bewohnerinnen der englischen Jachten sowie mit den Schönen Bergens sich dem
Tanze hinzugeben.

Da um 5 Uhr ein Kurier erwartet wurde, der sofort wieder nach Berlin
zurückkehren sollte, begab sich der Kaiser nicht an Land, verbrachte vielmehr den
Tag schreibend und arbeitend an Bord der "Hohenzollern", die wie gewöhnlich
von zahlreichen Booten mit grüßenden und winkenden Insassen beiderlei Ge¬
schlechts umschwärmt wurde.

Nachdem um 5 Uhr der Feldjägerleutnant Barth sich bei Sr. Majestät an
Bord gemeldet hatte und die abgehende und ankommende Post ausgetauscht
war, trat die "Hohenzollern", zunächst eine Zeitlang die offene See haltend und
Christiansund rechts liegen lassend, die Fahrt direkt nach Drontheim an, wo sie
am nächsten Morgen um 5 Uhr eintraf. "Trondhem", wie es norwegisch
heißt, macht zunächst einen etwas nüchternen Eindruck mit seinen zahlreichen,
auf dem flachen Ufer liegenden Lagerhäusern. Beicht wird das Bild durch eine
alte auf einem Hügel liegende Batterie mit einem großen viereckigen Wachtturm,
Feste Christianstein, und das aus einem einsamen Meeresfelsen liegende For
Munkholm, das jetzt als Zuchthaus dient. Es war Sonntag, den 14. Juli,
und Se. Majestät hielt in der gleichen Weise wie am vorhergehenden Sonntag
den Gottesdienst persönlich ab. Vorher hatte Se. Majestät die Musterung der
Mannschaft der "Hohenzollern" persönlich abgenommen. Bei diesem Anlaß sei
bemerkt, daß Se. Majestät sich überhaupt aufs eingehendste sür den Dienst an
Bord interessiert. So besichtigte er während der Reise sämtliche Räume und
nahm die vielfachen seit dem vorigen Jahre auf der "Hohenzollern" angebrachten
Verbesserungen in Augenschein, zu deren wesentlichsten die Einführung der ciel-


Mit dem Kaiser auf Reisen

Kap Nattland umschifft und um 11 Uhr vormittags, Samstag, den 13. Juli,
Motte erreicht. Inzwischen hatte sich am Ausgang des Sognefjord der „Greif"
mit der Post von Bergen eingestellt.

Hier ist die Gegend freundlich und lieblich, grün bewachsene, sanft auf¬
steigende Berge umgeben den Ort, aus dem zwei große hellangestrichene Gasthöfe
hervorragen. Wegen seines milden Klimas, seines überraschenden Baumwuchses
und seines üppigen Blumenflors wird Motte von Schwärmern das „nordische
Nizza" genannt.

Se. Majestät hatten den Kommandanten des „Greif" zum Frühstück ge¬
laden. Derselbe brachte Sr. Majestät den Dank des Admirals Baird, welcher
das vor Bergen ankernde englische Geschwader befehligt, sür die Grüße und
Aufträge, welche Se. Majestät an den Admiral durch den Kommandanten des
„Greif" gesandt hatte. Auch wußte letzterer, Korvettenkapitän Flichtenhöfer,
nicht genug von der Liebenswürdigkeit des Admirals sowie seiner Offiziers zu
berichten, welche bei einem großen Ballfest auf dem Flaggschiff begriffen, um¬
gehend ihre deutschen Kameraden vom „Greif" zu demselben luden. Selbst¬
verständlich wurde die Einladung mit herzlichem Dank befolgt und haben die
Herren bis weit in den nächsten Morgen hinein Gelegenheit gehabt, mit schönen
Bewohnerinnen der englischen Jachten sowie mit den Schönen Bergens sich dem
Tanze hinzugeben.

Da um 5 Uhr ein Kurier erwartet wurde, der sofort wieder nach Berlin
zurückkehren sollte, begab sich der Kaiser nicht an Land, verbrachte vielmehr den
Tag schreibend und arbeitend an Bord der „Hohenzollern", die wie gewöhnlich
von zahlreichen Booten mit grüßenden und winkenden Insassen beiderlei Ge¬
schlechts umschwärmt wurde.

Nachdem um 5 Uhr der Feldjägerleutnant Barth sich bei Sr. Majestät an
Bord gemeldet hatte und die abgehende und ankommende Post ausgetauscht
war, trat die „Hohenzollern", zunächst eine Zeitlang die offene See haltend und
Christiansund rechts liegen lassend, die Fahrt direkt nach Drontheim an, wo sie
am nächsten Morgen um 5 Uhr eintraf. „Trondhem", wie es norwegisch
heißt, macht zunächst einen etwas nüchternen Eindruck mit seinen zahlreichen,
auf dem flachen Ufer liegenden Lagerhäusern. Beicht wird das Bild durch eine
alte auf einem Hügel liegende Batterie mit einem großen viereckigen Wachtturm,
Feste Christianstein, und das aus einem einsamen Meeresfelsen liegende For
Munkholm, das jetzt als Zuchthaus dient. Es war Sonntag, den 14. Juli,
und Se. Majestät hielt in der gleichen Weise wie am vorhergehenden Sonntag
den Gottesdienst persönlich ab. Vorher hatte Se. Majestät die Musterung der
Mannschaft der „Hohenzollern" persönlich abgenommen. Bei diesem Anlaß sei
bemerkt, daß Se. Majestät sich überhaupt aufs eingehendste sür den Dienst an
Bord interessiert. So besichtigte er während der Reise sämtliche Räume und
nahm die vielfachen seit dem vorigen Jahre auf der „Hohenzollern" angebrachten
Verbesserungen in Augenschein, zu deren wesentlichsten die Einführung der ciel-


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[0612] Mit dem Kaiser auf Reisen Kap Nattland umschifft und um 11 Uhr vormittags, Samstag, den 13. Juli, Motte erreicht. Inzwischen hatte sich am Ausgang des Sognefjord der „Greif" mit der Post von Bergen eingestellt. Hier ist die Gegend freundlich und lieblich, grün bewachsene, sanft auf¬ steigende Berge umgeben den Ort, aus dem zwei große hellangestrichene Gasthöfe hervorragen. Wegen seines milden Klimas, seines überraschenden Baumwuchses und seines üppigen Blumenflors wird Motte von Schwärmern das „nordische Nizza" genannt. Se. Majestät hatten den Kommandanten des „Greif" zum Frühstück ge¬ laden. Derselbe brachte Sr. Majestät den Dank des Admirals Baird, welcher das vor Bergen ankernde englische Geschwader befehligt, sür die Grüße und Aufträge, welche Se. Majestät an den Admiral durch den Kommandanten des „Greif" gesandt hatte. Auch wußte letzterer, Korvettenkapitän Flichtenhöfer, nicht genug von der Liebenswürdigkeit des Admirals sowie seiner Offiziers zu berichten, welche bei einem großen Ballfest auf dem Flaggschiff begriffen, um¬ gehend ihre deutschen Kameraden vom „Greif" zu demselben luden. Selbst¬ verständlich wurde die Einladung mit herzlichem Dank befolgt und haben die Herren bis weit in den nächsten Morgen hinein Gelegenheit gehabt, mit schönen Bewohnerinnen der englischen Jachten sowie mit den Schönen Bergens sich dem Tanze hinzugeben. Da um 5 Uhr ein Kurier erwartet wurde, der sofort wieder nach Berlin zurückkehren sollte, begab sich der Kaiser nicht an Land, verbrachte vielmehr den Tag schreibend und arbeitend an Bord der „Hohenzollern", die wie gewöhnlich von zahlreichen Booten mit grüßenden und winkenden Insassen beiderlei Ge¬ schlechts umschwärmt wurde. Nachdem um 5 Uhr der Feldjägerleutnant Barth sich bei Sr. Majestät an Bord gemeldet hatte und die abgehende und ankommende Post ausgetauscht war, trat die „Hohenzollern", zunächst eine Zeitlang die offene See haltend und Christiansund rechts liegen lassend, die Fahrt direkt nach Drontheim an, wo sie am nächsten Morgen um 5 Uhr eintraf. „Trondhem", wie es norwegisch heißt, macht zunächst einen etwas nüchternen Eindruck mit seinen zahlreichen, auf dem flachen Ufer liegenden Lagerhäusern. Beicht wird das Bild durch eine alte auf einem Hügel liegende Batterie mit einem großen viereckigen Wachtturm, Feste Christianstein, und das aus einem einsamen Meeresfelsen liegende For Munkholm, das jetzt als Zuchthaus dient. Es war Sonntag, den 14. Juli, und Se. Majestät hielt in der gleichen Weise wie am vorhergehenden Sonntag den Gottesdienst persönlich ab. Vorher hatte Se. Majestät die Musterung der Mannschaft der „Hohenzollern" persönlich abgenommen. Bei diesem Anlaß sei bemerkt, daß Se. Majestät sich überhaupt aufs eingehendste sür den Dienst an Bord interessiert. So besichtigte er während der Reise sämtliche Räume und nahm die vielfachen seit dem vorigen Jahre auf der „Hohenzollern" angebrachten Verbesserungen in Augenschein, zu deren wesentlichsten die Einführung der ciel-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/612>, abgerufen am 27.07.2024.