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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

Kurz vor dem Abgange von Eide wurde ein herzliches Begrüßungstelegramm
des Königs Oskar von Schweden, der zurzeit in Chistiania weilte, an Bord
gebracht. Der Kaiser erwiderte dasselbe umgehend in ebenso warmen und
herzlichen Worten, zugleich dem König für alle seine Anordnungen an die
norwegischen Behörden im Interesse des Kaisers bestens dankend.

Es ging nun wieder durch die (uns) bereits bekannten Fjorde Jndresamlen-
Utresamlen, His° und Sildefjord an der Varaldsinsel vorbei. Die Gegend,
die das erste Mal im hellen Sonnenschein dagelegen hatte, erschien jetzt in den
dunklen Tinten, welche die feuchte Luft den Bergen verleiht, und bot so wieder
dem Auge Neues und reiche Abwechslung.

Der Kaiser saß während der ganzen Fahrt oben in einem der beiden
kleinen Pavillons, deren je einer auf den beiden Radkasten angebracht ist. Sie
sind auf besonderen Befehl des Kaisers dort errichtet, dessen eigenste Erfindung
sie sind. Die Pavillons, welche nach hinten offen sind, haben nach vorn und
beiden Seiten Glaswände, gestatten also freien Umblick und schützen doch zu¬
gleich vor Wind und Wetter. Innen ist an der Vorderseite ein Klapptisch
angebracht, während die beiden Seiten mit je einem Klappstuhl versehen sind.
Diese Einrichtung gestattet dem Kaiser auch bei regnerischem Wetter sich an Deck
aufzuhalten; er liest oder schreibt Briefe in dem Pavillon und wirft dazwischen
einen Blick auf die herrliche Gegend. Auch Vorträge läßt sich Se. Majestät
häufig in diesem stillen Plätzchen halten, in dem sich gerade bequem zwei
Personen aufhalten können.

Auf der Fahrt nach Bergen war Se. Majestät besonders eifrig mit Schreiben
beschäftigt. Wurde doch am Abend in Bergen ein Kurier erwartet, der am
Morgen die Entscheidungen Sr. Majestät in Staatsangelegenheiten sowie zahl-
reiche Briefe nach der Heimat bringen sollte.

Nachdem Varaldsön (On heißt bekanntlich Insel) passiert war, bog
das Schiff in den nur 200 Meter breiten Locksund ein; die Vegetation ist hier
plötzlich wieder auffallend üppig; die ziemlich schroff in den Fjord abfallenden
Berge sind dicht bewaldet mit Laub- und Nadelholz, von Zeit zu Zeit findet man
kleine Häusergruppen auf den Lichtungen. Der Sund ist besonders fischreich
und man sieht verschiedene Blockhäuser, in denen dem Angelsport obliegende
Engländer den Sommer verbringen. Nachdem die "Hohenzollern" den schmalen
Ausgang des Sundes dicht unter den überhängenden Felswänden passiert hatte,
ging es in den Bjornefjord. Das eben noch so enge Fahrwasser erweitert sich
hier plötzlich zu einem ungeheuren See mit zahlreichen Inseln, häufig nur aus
einem kahlen runden Felsrücken bestehend. Immer mehr rücken die Schneeberge
in die Ferne und am Horizont sieht man zum letzten Male, alle anderen über¬
ragend, in scharfgezeichnetem, schneeweißem Bogen vom Himmel sich absehend,
das langgezogene Schneefeld der Folgefond.

Nachdem der Korsfjord und Sartorön passiert waren, bog südlich von
Aston die Hohenzollern in den Byfjord und nach Bergen ein.


Mit dem Kaiser auf Reisen

Kurz vor dem Abgange von Eide wurde ein herzliches Begrüßungstelegramm
des Königs Oskar von Schweden, der zurzeit in Chistiania weilte, an Bord
gebracht. Der Kaiser erwiderte dasselbe umgehend in ebenso warmen und
herzlichen Worten, zugleich dem König für alle seine Anordnungen an die
norwegischen Behörden im Interesse des Kaisers bestens dankend.

Es ging nun wieder durch die (uns) bereits bekannten Fjorde Jndresamlen-
Utresamlen, His° und Sildefjord an der Varaldsinsel vorbei. Die Gegend,
die das erste Mal im hellen Sonnenschein dagelegen hatte, erschien jetzt in den
dunklen Tinten, welche die feuchte Luft den Bergen verleiht, und bot so wieder
dem Auge Neues und reiche Abwechslung.

Der Kaiser saß während der ganzen Fahrt oben in einem der beiden
kleinen Pavillons, deren je einer auf den beiden Radkasten angebracht ist. Sie
sind auf besonderen Befehl des Kaisers dort errichtet, dessen eigenste Erfindung
sie sind. Die Pavillons, welche nach hinten offen sind, haben nach vorn und
beiden Seiten Glaswände, gestatten also freien Umblick und schützen doch zu¬
gleich vor Wind und Wetter. Innen ist an der Vorderseite ein Klapptisch
angebracht, während die beiden Seiten mit je einem Klappstuhl versehen sind.
Diese Einrichtung gestattet dem Kaiser auch bei regnerischem Wetter sich an Deck
aufzuhalten; er liest oder schreibt Briefe in dem Pavillon und wirft dazwischen
einen Blick auf die herrliche Gegend. Auch Vorträge läßt sich Se. Majestät
häufig in diesem stillen Plätzchen halten, in dem sich gerade bequem zwei
Personen aufhalten können.

Auf der Fahrt nach Bergen war Se. Majestät besonders eifrig mit Schreiben
beschäftigt. Wurde doch am Abend in Bergen ein Kurier erwartet, der am
Morgen die Entscheidungen Sr. Majestät in Staatsangelegenheiten sowie zahl-
reiche Briefe nach der Heimat bringen sollte.

Nachdem Varaldsön (On heißt bekanntlich Insel) passiert war, bog
das Schiff in den nur 200 Meter breiten Locksund ein; die Vegetation ist hier
plötzlich wieder auffallend üppig; die ziemlich schroff in den Fjord abfallenden
Berge sind dicht bewaldet mit Laub- und Nadelholz, von Zeit zu Zeit findet man
kleine Häusergruppen auf den Lichtungen. Der Sund ist besonders fischreich
und man sieht verschiedene Blockhäuser, in denen dem Angelsport obliegende
Engländer den Sommer verbringen. Nachdem die „Hohenzollern" den schmalen
Ausgang des Sundes dicht unter den überhängenden Felswänden passiert hatte,
ging es in den Bjornefjord. Das eben noch so enge Fahrwasser erweitert sich
hier plötzlich zu einem ungeheuren See mit zahlreichen Inseln, häufig nur aus
einem kahlen runden Felsrücken bestehend. Immer mehr rücken die Schneeberge
in die Ferne und am Horizont sieht man zum letzten Male, alle anderen über¬
ragend, in scharfgezeichnetem, schneeweißem Bogen vom Himmel sich absehend,
das langgezogene Schneefeld der Folgefond.

Nachdem der Korsfjord und Sartorön passiert waren, bog südlich von
Aston die Hohenzollern in den Byfjord und nach Bergen ein.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/572>, abgerufen am 27.07.2024.