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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

"Hohenzollern" bleiben und zu Wasser über Bergen nach Gudvangen fahren
würden. Einige mutige Bergsteiger (an der Spitze Dr. Güßfeldt, dann Kapitän
zur See von Senden, Major von Bülow, Kapitänleutnant Breusing, Leutnant
zur See von Krosigk und Maler Salzmann) hatten es sich am Tage vorher
übrigens nicht nehmen lassen, trotz des Regens einen Ausflug nach dem etwa
vier Stunden Weges von Bik entfernten Wasserfall von Vöringsfos zu machen.
Der Hauptgenuß dieser Partie bestand in dem wohltuender Gefühl, das die
Herren empfanden, als sie an Bord zurückkehrten, sich wieder trocknen konnten
und von den Zurückgebliebenen hörten, daß dieselben vom Kaiser mit einer
Bowle überrascht worden waren, zu welcher der hohe Herr bei einem kurzen
Spaziergange an Land die Erdbeeren persönlich von einem am Wege stehenden
Manne gekauft hatte. Um die heimatlichen Anklänge der Bowle zu erhöhen,
hatte Hofmarschall von Lnncker den Herren zum Mittagsessen Sauerkraut mit
Schweinsrippchen vorgesetzt. Während der Fahrt nach Eide ließ die feuchte
Luft die den Fjord einrahmenden Berge in jener tiefblauen Färbung erscheinen,
die einer der besonderen Reize der norwegischen Landschaft ist.

Es war ein eigentümlicher Kontrast, als das Schiff, das um 6 Uhr das
von wilden Felsen umgebene Vit verlassen hatte, nach dreistündiger Fahrt in
das durch seine reiche Vegetation einen ganz anderen Charakter annehmende
Becken von Eide einfuhr. Die Höhen steigen hier sanfter an und der mit
ziemlich reichlichem Walde bestandene Rücken der Berge gibt der ganzen Gegend
etwas mildes und freundliches. Es war so überraschend und neu, dieser
stille Waldwinkel nach all den bisherigen wilden Felspartien, daß Se. Majestät
den Maler Salzmann während der über die Art der Weiterreise stattfindenden
Beratung an Land gehen hieß, um teils mit dem photographischen Apparat,
teils mit dem Pinsel das liebliche Bild zu fixieren. Da ein feiner Regen zu
fallen begonnen hatte, entschied sich Se. Majestät für die Weiterreise an Bord.

Dem Kommandanten und Stäbe des Schiffes war nun eine schwierige
Aufgabe gestellt. Es galt mit der 84 Meter langen "Hohenzollern" in dem etwa
200 Meter breiten Fjord zu wenden. Mit bewundernswerter Genauigkeit und
Schnelligkeit führte die Bemannung die ruhig und sicher gegebenen Kommandos
aus. Der ausgesetzte Kutter hatte an den dicht vor dem Schiff sich erhebenden
Felsen bald da bald dort eine Trosse, d. h. eines jener armdicken Schiffstaue,
zu befestigen, um die Wendung des Schiffes zu ermöglichen. So schwierig
war infolge der im Fjord herrschenden Strömung und des engen Raumes die
Wendung, daß es fast eine Stunde angestrengter Arbeit von Offizieren und
Mannschaften bedürfte, um das ganze Manöver exakt in der gewollten Weise
auszuführen. Se. Majestät stand während der ganzen Evolution auf der
Kommandobrücke und folgte mit regsten Interesse den präzisen Bewegungen
seiner Seeleute. Als die Wendung vollendet war und das Schiff die Weiter¬
fahrt nach Bergen antreten konnte, sprachen Se. Majestät dem Kommandanten
von Arnim Allerhöchstihre Befriedigung über das gelungene Manöver aus.


Mit dem Kaiser auf Reisen

„Hohenzollern" bleiben und zu Wasser über Bergen nach Gudvangen fahren
würden. Einige mutige Bergsteiger (an der Spitze Dr. Güßfeldt, dann Kapitän
zur See von Senden, Major von Bülow, Kapitänleutnant Breusing, Leutnant
zur See von Krosigk und Maler Salzmann) hatten es sich am Tage vorher
übrigens nicht nehmen lassen, trotz des Regens einen Ausflug nach dem etwa
vier Stunden Weges von Bik entfernten Wasserfall von Vöringsfos zu machen.
Der Hauptgenuß dieser Partie bestand in dem wohltuender Gefühl, das die
Herren empfanden, als sie an Bord zurückkehrten, sich wieder trocknen konnten
und von den Zurückgebliebenen hörten, daß dieselben vom Kaiser mit einer
Bowle überrascht worden waren, zu welcher der hohe Herr bei einem kurzen
Spaziergange an Land die Erdbeeren persönlich von einem am Wege stehenden
Manne gekauft hatte. Um die heimatlichen Anklänge der Bowle zu erhöhen,
hatte Hofmarschall von Lnncker den Herren zum Mittagsessen Sauerkraut mit
Schweinsrippchen vorgesetzt. Während der Fahrt nach Eide ließ die feuchte
Luft die den Fjord einrahmenden Berge in jener tiefblauen Färbung erscheinen,
die einer der besonderen Reize der norwegischen Landschaft ist.

Es war ein eigentümlicher Kontrast, als das Schiff, das um 6 Uhr das
von wilden Felsen umgebene Vit verlassen hatte, nach dreistündiger Fahrt in
das durch seine reiche Vegetation einen ganz anderen Charakter annehmende
Becken von Eide einfuhr. Die Höhen steigen hier sanfter an und der mit
ziemlich reichlichem Walde bestandene Rücken der Berge gibt der ganzen Gegend
etwas mildes und freundliches. Es war so überraschend und neu, dieser
stille Waldwinkel nach all den bisherigen wilden Felspartien, daß Se. Majestät
den Maler Salzmann während der über die Art der Weiterreise stattfindenden
Beratung an Land gehen hieß, um teils mit dem photographischen Apparat,
teils mit dem Pinsel das liebliche Bild zu fixieren. Da ein feiner Regen zu
fallen begonnen hatte, entschied sich Se. Majestät für die Weiterreise an Bord.

Dem Kommandanten und Stäbe des Schiffes war nun eine schwierige
Aufgabe gestellt. Es galt mit der 84 Meter langen „Hohenzollern" in dem etwa
200 Meter breiten Fjord zu wenden. Mit bewundernswerter Genauigkeit und
Schnelligkeit führte die Bemannung die ruhig und sicher gegebenen Kommandos
aus. Der ausgesetzte Kutter hatte an den dicht vor dem Schiff sich erhebenden
Felsen bald da bald dort eine Trosse, d. h. eines jener armdicken Schiffstaue,
zu befestigen, um die Wendung des Schiffes zu ermöglichen. So schwierig
war infolge der im Fjord herrschenden Strömung und des engen Raumes die
Wendung, daß es fast eine Stunde angestrengter Arbeit von Offizieren und
Mannschaften bedürfte, um das ganze Manöver exakt in der gewollten Weise
auszuführen. Se. Majestät stand während der ganzen Evolution auf der
Kommandobrücke und folgte mit regsten Interesse den präzisen Bewegungen
seiner Seeleute. Als die Wendung vollendet war und das Schiff die Weiter¬
fahrt nach Bergen antreten konnte, sprachen Se. Majestät dem Kommandanten
von Arnim Allerhöchstihre Befriedigung über das gelungene Manöver aus.


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[0571] Mit dem Kaiser auf Reisen „Hohenzollern" bleiben und zu Wasser über Bergen nach Gudvangen fahren würden. Einige mutige Bergsteiger (an der Spitze Dr. Güßfeldt, dann Kapitän zur See von Senden, Major von Bülow, Kapitänleutnant Breusing, Leutnant zur See von Krosigk und Maler Salzmann) hatten es sich am Tage vorher übrigens nicht nehmen lassen, trotz des Regens einen Ausflug nach dem etwa vier Stunden Weges von Bik entfernten Wasserfall von Vöringsfos zu machen. Der Hauptgenuß dieser Partie bestand in dem wohltuender Gefühl, das die Herren empfanden, als sie an Bord zurückkehrten, sich wieder trocknen konnten und von den Zurückgebliebenen hörten, daß dieselben vom Kaiser mit einer Bowle überrascht worden waren, zu welcher der hohe Herr bei einem kurzen Spaziergange an Land die Erdbeeren persönlich von einem am Wege stehenden Manne gekauft hatte. Um die heimatlichen Anklänge der Bowle zu erhöhen, hatte Hofmarschall von Lnncker den Herren zum Mittagsessen Sauerkraut mit Schweinsrippchen vorgesetzt. Während der Fahrt nach Eide ließ die feuchte Luft die den Fjord einrahmenden Berge in jener tiefblauen Färbung erscheinen, die einer der besonderen Reize der norwegischen Landschaft ist. Es war ein eigentümlicher Kontrast, als das Schiff, das um 6 Uhr das von wilden Felsen umgebene Vit verlassen hatte, nach dreistündiger Fahrt in das durch seine reiche Vegetation einen ganz anderen Charakter annehmende Becken von Eide einfuhr. Die Höhen steigen hier sanfter an und der mit ziemlich reichlichem Walde bestandene Rücken der Berge gibt der ganzen Gegend etwas mildes und freundliches. Es war so überraschend und neu, dieser stille Waldwinkel nach all den bisherigen wilden Felspartien, daß Se. Majestät den Maler Salzmann während der über die Art der Weiterreise stattfindenden Beratung an Land gehen hieß, um teils mit dem photographischen Apparat, teils mit dem Pinsel das liebliche Bild zu fixieren. Da ein feiner Regen zu fallen begonnen hatte, entschied sich Se. Majestät für die Weiterreise an Bord. Dem Kommandanten und Stäbe des Schiffes war nun eine schwierige Aufgabe gestellt. Es galt mit der 84 Meter langen „Hohenzollern" in dem etwa 200 Meter breiten Fjord zu wenden. Mit bewundernswerter Genauigkeit und Schnelligkeit führte die Bemannung die ruhig und sicher gegebenen Kommandos aus. Der ausgesetzte Kutter hatte an den dicht vor dem Schiff sich erhebenden Felsen bald da bald dort eine Trosse, d. h. eines jener armdicken Schiffstaue, zu befestigen, um die Wendung des Schiffes zu ermöglichen. So schwierig war infolge der im Fjord herrschenden Strömung und des engen Raumes die Wendung, daß es fast eine Stunde angestrengter Arbeit von Offizieren und Mannschaften bedürfte, um das ganze Manöver exakt in der gewollten Weise auszuführen. Se. Majestät stand während der ganzen Evolution auf der Kommandobrücke und folgte mit regsten Interesse den präzisen Bewegungen seiner Seeleute. Als die Wendung vollendet war und das Schiff die Weiter¬ fahrt nach Bergen antreten konnte, sprachen Se. Majestät dem Kommandanten von Arnim Allerhöchstihre Befriedigung über das gelungene Manöver aus.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/571>, abgerufen am 21.12.2024.