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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Die Ivehrstcucrn und die wirtschaftliche Loge

der festen Grundlage entbehrten, als ja der Plan der Neichsregierung nur in
großen Umrissen bekannt war und sehr wichtige und entscheidende Einzelheiten
sich der öffentlichen Kenntnis entzogen.

Nunmehr sind die Pläne der Regierung veröffentlicht; Kritik und Gegen--
kritik haben jetzt mit Recht das Wort. Es war politisch klug von der Regierung
gehandelt, schnelle Arbeit zu machen und durch schleunige Veröffentlichung der
Vorlagen dem haltlosen Debattieren und Nörgeln, welches die ursprüngliche
Freude des Entschlusses zu verkümmern drohte, den Boden zu entziehen. Es
ist ein ungeheures Stück Arbeit, welches in diesen weitausgreifenden Vorlagen
in unglaublich kurzer Zeit geleistet worden ist. Und man darf im voraus
zusammenfassend sagen: ein Stück vorzügliche Arbeit. Wenn sonst die
Steuervorlagen des Reichs zu berechtigten Bedenken und zu begründeter Kritik
Anlaß gegeben haben, so wird dies angesichts dieser Vorlagen nur in ver¬
schwindenden Maße der Fall sein können. Vor allem aber vermag man nun¬
mehr die voraussichtliche Rückwirkung dieser bedeutungsvollen Steueraktion auf
die allgemeine Wirtschaftslage mit einiger Sicherheit abzuschätzen und die da¬
gegen erhobenen Bedenken auf ihr richtiges Maß zurückzuführen. Um es kurz
zu rekapitulieren, so sollen die einmaligen Ausgaben durch einen Wehrbeilrag
von '/z Prozent vom Vermögen, der nur die kleinen unter 10 000 Mark freiläßt
und auch die Aktiengesellschaften trifft, gedeckt werden. Dabei ist für eine
Heranziehung der großen Einkommen über 50 000 Mark, falls die Inhaber
keine entsprechende Vermögenssteuer zu zahlen haben, Sorge getragen. Die
laufenden Ausgaben werden, abgesehen von einer Hinausschiebung der Er¬
mäßigung des Grundstücksstempels und der Zuckersteuer durch Anlage aus die
Bundesstaaten aufgebracht, die ihrerseits diese Beträge im Wege der Besteuerung
von Einkommen, Ertrag oder Vermögen decken müssen, ferner durch Übergang
der Besteuerung der Gesellschaftsverträge und Versicherungen auf das Reich und
endlich durch ein Erbrecht des Reiches, für das in den Grenzboten der un¬
ermüdliche Justizrat Bamberger gemeinsam mit dem Herausgeber schon seit
Jahren eingetreten ist*). Es ist also der Gedanke, den Hauptteil der Kosten
durch eine einmalige Abgabe vom Vermögen zu bestreiten, festgehalten worden
und man hat bei Deckung der laufenden Ausgaben darauf Bedacht genommen,
daß die Hauptlast wiederum dem fundierten Besitz in Form von Einkommen-,
Vermögens-, Vermögenszuwachssteuer zufällt und hat sich davor gehütet, neue
Abgaben zu ersinnen, die Handel und Verkehr mit neuen und schwer übersehbaren
Lasten bedenken. Es ist hier nicht der Ort, die Einzelheiten der Steuervorlagen
nach ihrer finanzpolitischen Bedeutung zu würdigen. Vermutlich wird sich ja
an die Ausbildung des Systems der Matrikularbeiträge (der unseres Erachtens



*) Es sei auf die im Verlag der Grenzboten Berlin erschienene Schrift Bambergers
"Das Erbrecht des Reichs" 1913, Preis 60 Pfennige, verwiesen, die alle mit der neuen Steuer
G, Cl. eng zusammenhängenden Fragen in leicht faßlicher Form darstellt.
Die Ivehrstcucrn und die wirtschaftliche Loge

der festen Grundlage entbehrten, als ja der Plan der Neichsregierung nur in
großen Umrissen bekannt war und sehr wichtige und entscheidende Einzelheiten
sich der öffentlichen Kenntnis entzogen.

Nunmehr sind die Pläne der Regierung veröffentlicht; Kritik und Gegen--
kritik haben jetzt mit Recht das Wort. Es war politisch klug von der Regierung
gehandelt, schnelle Arbeit zu machen und durch schleunige Veröffentlichung der
Vorlagen dem haltlosen Debattieren und Nörgeln, welches die ursprüngliche
Freude des Entschlusses zu verkümmern drohte, den Boden zu entziehen. Es
ist ein ungeheures Stück Arbeit, welches in diesen weitausgreifenden Vorlagen
in unglaublich kurzer Zeit geleistet worden ist. Und man darf im voraus
zusammenfassend sagen: ein Stück vorzügliche Arbeit. Wenn sonst die
Steuervorlagen des Reichs zu berechtigten Bedenken und zu begründeter Kritik
Anlaß gegeben haben, so wird dies angesichts dieser Vorlagen nur in ver¬
schwindenden Maße der Fall sein können. Vor allem aber vermag man nun¬
mehr die voraussichtliche Rückwirkung dieser bedeutungsvollen Steueraktion auf
die allgemeine Wirtschaftslage mit einiger Sicherheit abzuschätzen und die da¬
gegen erhobenen Bedenken auf ihr richtiges Maß zurückzuführen. Um es kurz
zu rekapitulieren, so sollen die einmaligen Ausgaben durch einen Wehrbeilrag
von '/z Prozent vom Vermögen, der nur die kleinen unter 10 000 Mark freiläßt
und auch die Aktiengesellschaften trifft, gedeckt werden. Dabei ist für eine
Heranziehung der großen Einkommen über 50 000 Mark, falls die Inhaber
keine entsprechende Vermögenssteuer zu zahlen haben, Sorge getragen. Die
laufenden Ausgaben werden, abgesehen von einer Hinausschiebung der Er¬
mäßigung des Grundstücksstempels und der Zuckersteuer durch Anlage aus die
Bundesstaaten aufgebracht, die ihrerseits diese Beträge im Wege der Besteuerung
von Einkommen, Ertrag oder Vermögen decken müssen, ferner durch Übergang
der Besteuerung der Gesellschaftsverträge und Versicherungen auf das Reich und
endlich durch ein Erbrecht des Reiches, für das in den Grenzboten der un¬
ermüdliche Justizrat Bamberger gemeinsam mit dem Herausgeber schon seit
Jahren eingetreten ist*). Es ist also der Gedanke, den Hauptteil der Kosten
durch eine einmalige Abgabe vom Vermögen zu bestreiten, festgehalten worden
und man hat bei Deckung der laufenden Ausgaben darauf Bedacht genommen,
daß die Hauptlast wiederum dem fundierten Besitz in Form von Einkommen-,
Vermögens-, Vermögenszuwachssteuer zufällt und hat sich davor gehütet, neue
Abgaben zu ersinnen, die Handel und Verkehr mit neuen und schwer übersehbaren
Lasten bedenken. Es ist hier nicht der Ort, die Einzelheiten der Steuervorlagen
nach ihrer finanzpolitischen Bedeutung zu würdigen. Vermutlich wird sich ja
an die Ausbildung des Systems der Matrikularbeiträge (der unseres Erachtens



*) Es sei auf die im Verlag der Grenzboten Berlin erschienene Schrift Bambergers
„Das Erbrecht des Reichs" 1913, Preis 60 Pfennige, verwiesen, die alle mit der neuen Steuer
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/54>, abgerufen am 27.07.2024.