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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Fürstliche Gegner Bismarcks

gratuitement in Szene gesetzt worden mare, gegeben zu haben. Wenn es aber,
was Gott und die Weisheit der von ihm erleuchteten Fürsten verhüten möge,
doch zum Äußersten kommen sollte, so werden wir jeden Angriff mit dem Ein¬
sätze aller Mittel und aller uns innewohnenden Kraft zurückschlagen. In einem
so ungerecht provozierten Kampfe kann der Kaiser auf die opferwillige Treue
seiner Völker unbedingt zählen, da sie bei dem Gedanken an eine solche Even¬
tualität das gleiche Gefühl tiefen Unwillens.durchglüht. Ich kann und will es
nicht glauben, daß es zu so etwas Ungeheuerlichen kommt. Von Kind auf
war ich in dem Glauben erzogen, daß die Einigkeit der deutschen Großmächte
eine Notwendigkeit für die Sicherheit Deutschlands und eine Bürgschaft für die
Macht und Größe beider Staaten sei. Ebenso habe ich stets mit treuer Ver¬
ehrung an der ritterlichen Person des Königs Wilhelm gehangen, der mir von
Jugend auf stets freundlich und gnädig begegnet war, weshalb mir der Ge¬
danke, daß nicht ein friedlicher, beide Teile nicht verletzender Ausgleich möglich
sei, nicht einleuchten will. Er muß und wird gefunden werden, wenn Leiden¬
schaftslosigkeit und Gerechtigkeitssinn nicht ans dem Rate der Souveräne ge¬
wichen sind. Nur müßten freilich vor allem die Waffen aus der Hand gelegt
werden, da sich Österreich nun und nimmer einen Ausgleich abtrotzen lassen
wird. Heute übergibt Graf Karolyi in Berlin eine Erklärung, welche die Ab¬
leugnung jeder kriegerischen Absicht gegen Preußen enthält und verlangt eine
gleiche von Preußen.

Wenn es nicht gelingt, diese zu erhalten, so geht wahrscheinlich die Steige¬
rung von militärischen Vorkehrungen fort, bis der Krieg unvermeidlich wird.
Es mag dies im Interesse einzelner maßgebender Personen liegen, deren Zahl
ist aber klein; -- unverantwortlich wäre es, wenn ihre Ansicht gegen die über¬
wiegende Mehrzahl durchdränge.

Empfange zum Schlüsse meinen herzlichsten Dank für Deine freundlichen
Zeilen, die ich auch dem Kaiser zeigte, welcher Dich grüßen läßt und Deinen
wahrhaft patriotischen Bestrebungen zur Erzielung einer auch von ihm aufrichtig
gewünschten Verständigung vollste Anerkennung zollt. Aus meinem in Eile
geschriebenen Brief wirst Du ersehen, daß auch ich nach demselben Ziele strebe.


Erhalte Deine FreundschaftDeinem alten treuen Vetter Alex. M.

Der Koburger Spezialgesandte Herr von Meyern, der Überbringer des
herzoglichen Schreibens, nahm den Mensdorffschen Brief mit nach Koburg
zurück, und bereits am 2. April wurde er dem König von Preußen mit folgendem
Begleitschreiben des Koburger Herzogs ausgehändigt


Fürstliche Gegner Bismarcks

gratuitement in Szene gesetzt worden mare, gegeben zu haben. Wenn es aber,
was Gott und die Weisheit der von ihm erleuchteten Fürsten verhüten möge,
doch zum Äußersten kommen sollte, so werden wir jeden Angriff mit dem Ein¬
sätze aller Mittel und aller uns innewohnenden Kraft zurückschlagen. In einem
so ungerecht provozierten Kampfe kann der Kaiser auf die opferwillige Treue
seiner Völker unbedingt zählen, da sie bei dem Gedanken an eine solche Even¬
tualität das gleiche Gefühl tiefen Unwillens.durchglüht. Ich kann und will es
nicht glauben, daß es zu so etwas Ungeheuerlichen kommt. Von Kind auf
war ich in dem Glauben erzogen, daß die Einigkeit der deutschen Großmächte
eine Notwendigkeit für die Sicherheit Deutschlands und eine Bürgschaft für die
Macht und Größe beider Staaten sei. Ebenso habe ich stets mit treuer Ver¬
ehrung an der ritterlichen Person des Königs Wilhelm gehangen, der mir von
Jugend auf stets freundlich und gnädig begegnet war, weshalb mir der Ge¬
danke, daß nicht ein friedlicher, beide Teile nicht verletzender Ausgleich möglich
sei, nicht einleuchten will. Er muß und wird gefunden werden, wenn Leiden¬
schaftslosigkeit und Gerechtigkeitssinn nicht ans dem Rate der Souveräne ge¬
wichen sind. Nur müßten freilich vor allem die Waffen aus der Hand gelegt
werden, da sich Österreich nun und nimmer einen Ausgleich abtrotzen lassen
wird. Heute übergibt Graf Karolyi in Berlin eine Erklärung, welche die Ab¬
leugnung jeder kriegerischen Absicht gegen Preußen enthält und verlangt eine
gleiche von Preußen.

Wenn es nicht gelingt, diese zu erhalten, so geht wahrscheinlich die Steige¬
rung von militärischen Vorkehrungen fort, bis der Krieg unvermeidlich wird.
Es mag dies im Interesse einzelner maßgebender Personen liegen, deren Zahl
ist aber klein; — unverantwortlich wäre es, wenn ihre Ansicht gegen die über¬
wiegende Mehrzahl durchdränge.

Empfange zum Schlüsse meinen herzlichsten Dank für Deine freundlichen
Zeilen, die ich auch dem Kaiser zeigte, welcher Dich grüßen läßt und Deinen
wahrhaft patriotischen Bestrebungen zur Erzielung einer auch von ihm aufrichtig
gewünschten Verständigung vollste Anerkennung zollt. Aus meinem in Eile
geschriebenen Brief wirst Du ersehen, daß auch ich nach demselben Ziele strebe.


Erhalte Deine FreundschaftDeinem alten treuen Vetter Alex. M.

Der Koburger Spezialgesandte Herr von Meyern, der Überbringer des
herzoglichen Schreibens, nahm den Mensdorffschen Brief mit nach Koburg
zurück, und bereits am 2. April wurde er dem König von Preußen mit folgendem
Begleitschreiben des Koburger Herzogs ausgehändigt


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[0032] Fürstliche Gegner Bismarcks gratuitement in Szene gesetzt worden mare, gegeben zu haben. Wenn es aber, was Gott und die Weisheit der von ihm erleuchteten Fürsten verhüten möge, doch zum Äußersten kommen sollte, so werden wir jeden Angriff mit dem Ein¬ sätze aller Mittel und aller uns innewohnenden Kraft zurückschlagen. In einem so ungerecht provozierten Kampfe kann der Kaiser auf die opferwillige Treue seiner Völker unbedingt zählen, da sie bei dem Gedanken an eine solche Even¬ tualität das gleiche Gefühl tiefen Unwillens.durchglüht. Ich kann und will es nicht glauben, daß es zu so etwas Ungeheuerlichen kommt. Von Kind auf war ich in dem Glauben erzogen, daß die Einigkeit der deutschen Großmächte eine Notwendigkeit für die Sicherheit Deutschlands und eine Bürgschaft für die Macht und Größe beider Staaten sei. Ebenso habe ich stets mit treuer Ver¬ ehrung an der ritterlichen Person des Königs Wilhelm gehangen, der mir von Jugend auf stets freundlich und gnädig begegnet war, weshalb mir der Ge¬ danke, daß nicht ein friedlicher, beide Teile nicht verletzender Ausgleich möglich sei, nicht einleuchten will. Er muß und wird gefunden werden, wenn Leiden¬ schaftslosigkeit und Gerechtigkeitssinn nicht ans dem Rate der Souveräne ge¬ wichen sind. Nur müßten freilich vor allem die Waffen aus der Hand gelegt werden, da sich Österreich nun und nimmer einen Ausgleich abtrotzen lassen wird. Heute übergibt Graf Karolyi in Berlin eine Erklärung, welche die Ab¬ leugnung jeder kriegerischen Absicht gegen Preußen enthält und verlangt eine gleiche von Preußen. Wenn es nicht gelingt, diese zu erhalten, so geht wahrscheinlich die Steige¬ rung von militärischen Vorkehrungen fort, bis der Krieg unvermeidlich wird. Es mag dies im Interesse einzelner maßgebender Personen liegen, deren Zahl ist aber klein; — unverantwortlich wäre es, wenn ihre Ansicht gegen die über¬ wiegende Mehrzahl durchdränge. Empfange zum Schlüsse meinen herzlichsten Dank für Deine freundlichen Zeilen, die ich auch dem Kaiser zeigte, welcher Dich grüßen läßt und Deinen wahrhaft patriotischen Bestrebungen zur Erzielung einer auch von ihm aufrichtig gewünschten Verständigung vollste Anerkennung zollt. Aus meinem in Eile geschriebenen Brief wirst Du ersehen, daß auch ich nach demselben Ziele strebe. Erhalte Deine FreundschaftDeinem alten treuen Vetter Alex. M. Der Koburger Spezialgesandte Herr von Meyern, der Überbringer des herzoglichen Schreibens, nahm den Mensdorffschen Brief mit nach Koburg zurück, und bereits am 2. April wurde er dem König von Preußen mit folgendem Begleitschreiben des Koburger Herzogs ausgehändigt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/32>, abgerufen am 21.12.2024.