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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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die Bestellung von dreihundert Rohrblöcken bei Krupp anordnete, obwohl nur
zweiundsiebzig bewilligt worden waren, danken wir die Erhaltung der privaten
Kanonenindustrie! Alfred Krupp, der in aller seiner Größe persönlich ein
bescheidener Mann geblieben ist, teilt gelegentlich selbst mit, daß er damals,
nachdem das Gußstahl sich die Welt erobert hatte, drauf und dran war, die
Kanonenfabrikation als unrentabel aufzugeben. Als die Essener Firma 1874
während der großen allgemeinen Krise an: Rande des finanziellen Zusammen¬
bruchs stand, war es wieder ein Organ des Staates, die Königlich Preußische
Seehandlung, die es übernahm, ein Bankkonsortium zusammenzubringen, um
ihr die notwendigen 30 Millionen Mark zu beschaffen" ohne die sie damals nicht
mehr existenzfähig war. -- Natürlich nicht umsonst!

Auch die Verdienste der Firma Krupp -- unser freudiger Stolz an ihren
großen Leistungen wird darum nicht geringer -- werden durch entsprechende
Leistungen von Staat und Steuerzahler aufgewogen, sie hat keine besonderen
Verdienste, die es rechtfertigten, daß der Herr Kriegsminister und die
staaterhaltenden Parteien über ihnen vergessen durften, das Kriegsministerium
gegen beleidigende und zersetzende Eingriffe in Schutz zu nehmen und der
Regierung den Rücken gegen den "Imperialismus" des Großkapitals zu stärken.
Die Firma Krupp hat ihre Pflicht getan, wie tausend andere Firmen, und
ihre Pflichterfüllung zusammen mit den glücklichen Verhältnissen, die der Reichs¬
gründung folgten, trägt ihren Inhabern eine gute Rente in Gold und Ansehen.
Diese Feststellung durch den Herrn Kriegsminister wäre für die Ausbreitung
staatserhaltender Gesinnung, staatsbürgerlicher Erziehung sicher wertvoller ge¬
wesen als manches dicke Buch, das darüber geschrieben wurde.

Es wird mir entgegengehalten werden können, Alfred Krupp habe seiner¬
zeit darauf verzichtet in Frankreich eine Geschützgießerei einzurichten, mit der
ausdrücklichen Begründung, daß sich Frankreichs Kanonen einmal aus Preußen
richten könnten. Das war vor 1860. Seitdem haben sich die Zeiten ganz
erheblich geändert und Kruppsche Ingenieure haben sowohl in Rußland wie in
Frankreich das Härteverfahren für Panzerplatten und Granaten sowie die
dazugehörigen Anlagen eingeführt und eingerichtet. Auch die Firma Krupp
wird gegenwärtig von rein kapitalistischen Gesichtspunkten geleitet. Und es ist
lediglich das wohlverstandene Interesse beider, des Staats sowohl wie der
Privatfirma, das ein "treues" Zusammenwirken bedingt. Darum scheint es
mir nicht nur unangebracht, sondern auch im höchsten Maße gefährlich, in die
geschäftlichen Beziehungen zweier Faktoren romantische Begriffe hineintragen zu
wollen, die mit dem Geschäft selbst nichts zu tun haben.




Wir leben in Zeiten politischer Gärung, das ist in Zeiten politischer
Machtkämpfe. Der Kampf geht um die Macht in, Staat, -- Objekt des
Kampfes ist bewußt und unbewußt der Staatsorganismus, die Bureaukratie.


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die Bestellung von dreihundert Rohrblöcken bei Krupp anordnete, obwohl nur
zweiundsiebzig bewilligt worden waren, danken wir die Erhaltung der privaten
Kanonenindustrie! Alfred Krupp, der in aller seiner Größe persönlich ein
bescheidener Mann geblieben ist, teilt gelegentlich selbst mit, daß er damals,
nachdem das Gußstahl sich die Welt erobert hatte, drauf und dran war, die
Kanonenfabrikation als unrentabel aufzugeben. Als die Essener Firma 1874
während der großen allgemeinen Krise an: Rande des finanziellen Zusammen¬
bruchs stand, war es wieder ein Organ des Staates, die Königlich Preußische
Seehandlung, die es übernahm, ein Bankkonsortium zusammenzubringen, um
ihr die notwendigen 30 Millionen Mark zu beschaffen» ohne die sie damals nicht
mehr existenzfähig war. — Natürlich nicht umsonst!

Auch die Verdienste der Firma Krupp — unser freudiger Stolz an ihren
großen Leistungen wird darum nicht geringer — werden durch entsprechende
Leistungen von Staat und Steuerzahler aufgewogen, sie hat keine besonderen
Verdienste, die es rechtfertigten, daß der Herr Kriegsminister und die
staaterhaltenden Parteien über ihnen vergessen durften, das Kriegsministerium
gegen beleidigende und zersetzende Eingriffe in Schutz zu nehmen und der
Regierung den Rücken gegen den „Imperialismus" des Großkapitals zu stärken.
Die Firma Krupp hat ihre Pflicht getan, wie tausend andere Firmen, und
ihre Pflichterfüllung zusammen mit den glücklichen Verhältnissen, die der Reichs¬
gründung folgten, trägt ihren Inhabern eine gute Rente in Gold und Ansehen.
Diese Feststellung durch den Herrn Kriegsminister wäre für die Ausbreitung
staatserhaltender Gesinnung, staatsbürgerlicher Erziehung sicher wertvoller ge¬
wesen als manches dicke Buch, das darüber geschrieben wurde.

Es wird mir entgegengehalten werden können, Alfred Krupp habe seiner¬
zeit darauf verzichtet in Frankreich eine Geschützgießerei einzurichten, mit der
ausdrücklichen Begründung, daß sich Frankreichs Kanonen einmal aus Preußen
richten könnten. Das war vor 1860. Seitdem haben sich die Zeiten ganz
erheblich geändert und Kruppsche Ingenieure haben sowohl in Rußland wie in
Frankreich das Härteverfahren für Panzerplatten und Granaten sowie die
dazugehörigen Anlagen eingeführt und eingerichtet. Auch die Firma Krupp
wird gegenwärtig von rein kapitalistischen Gesichtspunkten geleitet. Und es ist
lediglich das wohlverstandene Interesse beider, des Staats sowohl wie der
Privatfirma, das ein „treues" Zusammenwirken bedingt. Darum scheint es
mir nicht nur unangebracht, sondern auch im höchsten Maße gefährlich, in die
geschäftlichen Beziehungen zweier Faktoren romantische Begriffe hineintragen zu
wollen, die mit dem Geschäft selbst nichts zu tun haben.




Wir leben in Zeiten politischer Gärung, das ist in Zeiten politischer
Machtkämpfe. Der Kampf geht um die Macht in, Staat, — Objekt des
Kampfes ist bewußt und unbewußt der Staatsorganismus, die Bureaukratie.


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[0267] Rruxp die Bestellung von dreihundert Rohrblöcken bei Krupp anordnete, obwohl nur zweiundsiebzig bewilligt worden waren, danken wir die Erhaltung der privaten Kanonenindustrie! Alfred Krupp, der in aller seiner Größe persönlich ein bescheidener Mann geblieben ist, teilt gelegentlich selbst mit, daß er damals, nachdem das Gußstahl sich die Welt erobert hatte, drauf und dran war, die Kanonenfabrikation als unrentabel aufzugeben. Als die Essener Firma 1874 während der großen allgemeinen Krise an: Rande des finanziellen Zusammen¬ bruchs stand, war es wieder ein Organ des Staates, die Königlich Preußische Seehandlung, die es übernahm, ein Bankkonsortium zusammenzubringen, um ihr die notwendigen 30 Millionen Mark zu beschaffen» ohne die sie damals nicht mehr existenzfähig war. — Natürlich nicht umsonst! Auch die Verdienste der Firma Krupp — unser freudiger Stolz an ihren großen Leistungen wird darum nicht geringer — werden durch entsprechende Leistungen von Staat und Steuerzahler aufgewogen, sie hat keine besonderen Verdienste, die es rechtfertigten, daß der Herr Kriegsminister und die staaterhaltenden Parteien über ihnen vergessen durften, das Kriegsministerium gegen beleidigende und zersetzende Eingriffe in Schutz zu nehmen und der Regierung den Rücken gegen den „Imperialismus" des Großkapitals zu stärken. Die Firma Krupp hat ihre Pflicht getan, wie tausend andere Firmen, und ihre Pflichterfüllung zusammen mit den glücklichen Verhältnissen, die der Reichs¬ gründung folgten, trägt ihren Inhabern eine gute Rente in Gold und Ansehen. Diese Feststellung durch den Herrn Kriegsminister wäre für die Ausbreitung staatserhaltender Gesinnung, staatsbürgerlicher Erziehung sicher wertvoller ge¬ wesen als manches dicke Buch, das darüber geschrieben wurde. Es wird mir entgegengehalten werden können, Alfred Krupp habe seiner¬ zeit darauf verzichtet in Frankreich eine Geschützgießerei einzurichten, mit der ausdrücklichen Begründung, daß sich Frankreichs Kanonen einmal aus Preußen richten könnten. Das war vor 1860. Seitdem haben sich die Zeiten ganz erheblich geändert und Kruppsche Ingenieure haben sowohl in Rußland wie in Frankreich das Härteverfahren für Panzerplatten und Granaten sowie die dazugehörigen Anlagen eingeführt und eingerichtet. Auch die Firma Krupp wird gegenwärtig von rein kapitalistischen Gesichtspunkten geleitet. Und es ist lediglich das wohlverstandene Interesse beider, des Staats sowohl wie der Privatfirma, das ein „treues" Zusammenwirken bedingt. Darum scheint es mir nicht nur unangebracht, sondern auch im höchsten Maße gefährlich, in die geschäftlichen Beziehungen zweier Faktoren romantische Begriffe hineintragen zu wollen, die mit dem Geschäft selbst nichts zu tun haben. Wir leben in Zeiten politischer Gärung, das ist in Zeiten politischer Machtkämpfe. Der Kampf geht um die Macht in, Staat, — Objekt des Kampfes ist bewußt und unbewußt der Staatsorganismus, die Bureaukratie.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/267>, abgerufen am 27.07.2024.