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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Arupp

n Zeiten politischer Gärung und des Kampfes politischer
Systeme um die Macht wird man sich nicht wundern, wenn
in den Parlamenten keine Neigung zum Durchbruch kommt,
für den monarchischen, über den Parteien stehenden Staat
und seine Bureaukratie einzutreten, es sei denn, daß für die
einzelne politische Gruppe dabei ein Vorteil herauskäme. Die radikalen Gruppen
lassen kein Mittel unversucht, den Staatsorganismus zu schädigen; das bedarf
keines weiteren Beweises. Die Mittelparteien kommen vor lauter Kompromissen
mit der Wählerschaft draußen im Lande und mit der Regierung gar nicht
dazu, sich um die tieferen Sorgen der Staatsorgane zu kümmern, ja, sie finden
sogar oft genug ihren eigenen Nutzen darin, jene, die nun ohne weiteres mit
dem Begriff Bureaukratie im abträglichen Sinne identifiziert werden, gleichfalls
bei der Bevölkerung zu diskreditieren. Die sogenannten Rechtsparteien müssen
gleichfalls darauf bedacht sein, die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft
sicherzustellen, und dann setzen sie sich durch parlamentarische Erledigung von
politischen Fragen, die vielleicht auch auf anderen Wegen überwunden werden
können, nicht gern den: Verdacht aus, zur Stärkung des Parlamentarismus
beizutragen, was, wenigstens in Preußen-Deutschland die Regierung wieder
mit ihnen aussöhnt und beide zusammenstehen läßt, wo die Staatsorgane und
damit die Monarchie tatsächlich von ihnen nichts haben. So haben die staats¬
erhaltenden Parteien es bei uns ziemlich leicht und können sich in kritischen
Momenten mit einigen billigen Phrasen von Kaiser und Reich und Umsturz¬
gefahr aus jeder Affäre ziehen, die ihnen nicht behagt.

Gerade kürzlich haben wir einen im obigen Sinne typischen Fall erlebt.

Seit Monaten wurde in den politischen Salons geraunt, im Kriegs¬
ministerium seien Bestechungen vorgekommen. Im Januar dieses Jahres


Grenzboten II 1913 17


Arupp

n Zeiten politischer Gärung und des Kampfes politischer
Systeme um die Macht wird man sich nicht wundern, wenn
in den Parlamenten keine Neigung zum Durchbruch kommt,
für den monarchischen, über den Parteien stehenden Staat
und seine Bureaukratie einzutreten, es sei denn, daß für die
einzelne politische Gruppe dabei ein Vorteil herauskäme. Die radikalen Gruppen
lassen kein Mittel unversucht, den Staatsorganismus zu schädigen; das bedarf
keines weiteren Beweises. Die Mittelparteien kommen vor lauter Kompromissen
mit der Wählerschaft draußen im Lande und mit der Regierung gar nicht
dazu, sich um die tieferen Sorgen der Staatsorgane zu kümmern, ja, sie finden
sogar oft genug ihren eigenen Nutzen darin, jene, die nun ohne weiteres mit
dem Begriff Bureaukratie im abträglichen Sinne identifiziert werden, gleichfalls
bei der Bevölkerung zu diskreditieren. Die sogenannten Rechtsparteien müssen
gleichfalls darauf bedacht sein, die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft
sicherzustellen, und dann setzen sie sich durch parlamentarische Erledigung von
politischen Fragen, die vielleicht auch auf anderen Wegen überwunden werden
können, nicht gern den: Verdacht aus, zur Stärkung des Parlamentarismus
beizutragen, was, wenigstens in Preußen-Deutschland die Regierung wieder
mit ihnen aussöhnt und beide zusammenstehen läßt, wo die Staatsorgane und
damit die Monarchie tatsächlich von ihnen nichts haben. So haben die staats¬
erhaltenden Parteien es bei uns ziemlich leicht und können sich in kritischen
Momenten mit einigen billigen Phrasen von Kaiser und Reich und Umsturz¬
gefahr aus jeder Affäre ziehen, die ihnen nicht behagt.

Gerade kürzlich haben wir einen im obigen Sinne typischen Fall erlebt.

Seit Monaten wurde in den politischen Salons geraunt, im Kriegs¬
ministerium seien Bestechungen vorgekommen. Im Januar dieses Jahres


Grenzboten II 1913 17
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[0261] [Abbildung] Arupp n Zeiten politischer Gärung und des Kampfes politischer Systeme um die Macht wird man sich nicht wundern, wenn in den Parlamenten keine Neigung zum Durchbruch kommt, für den monarchischen, über den Parteien stehenden Staat und seine Bureaukratie einzutreten, es sei denn, daß für die einzelne politische Gruppe dabei ein Vorteil herauskäme. Die radikalen Gruppen lassen kein Mittel unversucht, den Staatsorganismus zu schädigen; das bedarf keines weiteren Beweises. Die Mittelparteien kommen vor lauter Kompromissen mit der Wählerschaft draußen im Lande und mit der Regierung gar nicht dazu, sich um die tieferen Sorgen der Staatsorgane zu kümmern, ja, sie finden sogar oft genug ihren eigenen Nutzen darin, jene, die nun ohne weiteres mit dem Begriff Bureaukratie im abträglichen Sinne identifiziert werden, gleichfalls bei der Bevölkerung zu diskreditieren. Die sogenannten Rechtsparteien müssen gleichfalls darauf bedacht sein, die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft sicherzustellen, und dann setzen sie sich durch parlamentarische Erledigung von politischen Fragen, die vielleicht auch auf anderen Wegen überwunden werden können, nicht gern den: Verdacht aus, zur Stärkung des Parlamentarismus beizutragen, was, wenigstens in Preußen-Deutschland die Regierung wieder mit ihnen aussöhnt und beide zusammenstehen läßt, wo die Staatsorgane und damit die Monarchie tatsächlich von ihnen nichts haben. So haben die staats¬ erhaltenden Parteien es bei uns ziemlich leicht und können sich in kritischen Momenten mit einigen billigen Phrasen von Kaiser und Reich und Umsturz¬ gefahr aus jeder Affäre ziehen, die ihnen nicht behagt. Gerade kürzlich haben wir einen im obigen Sinne typischen Fall erlebt. Seit Monaten wurde in den politischen Salons geraunt, im Kriegs¬ ministerium seien Bestechungen vorgekommen. Im Januar dieses Jahres Grenzboten II 1913 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/261>, abgerufen am 30.12.2024.