Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.An der Wiege des Königreichs Rumänien Majestät verzeihen mir allergnädigst den Ausdruck -- wie die Raben, welche Welcher irgend vernünftige Mensch von einiger Billigkeit kann von den Hier in den Fürstentümern ist jedermann -- und selbst die Prätendenten Der moralische Kredit der Kommission, welche die Großmächte hierher Unter dem Gewicht dieser Betrachtung mag sich Baron Talleurand gefunden Gewiß ist es von feiten des englischen Kommissars berechnet gewesen, daß Er würde -- schon sein ganzer Charakter als Gentleman, als welchen er An der Wiege des Königreichs Rumänien Majestät verzeihen mir allergnädigst den Ausdruck — wie die Raben, welche Welcher irgend vernünftige Mensch von einiger Billigkeit kann von den Hier in den Fürstentümern ist jedermann — und selbst die Prätendenten Der moralische Kredit der Kommission, welche die Großmächte hierher Unter dem Gewicht dieser Betrachtung mag sich Baron Talleurand gefunden Gewiß ist es von feiten des englischen Kommissars berechnet gewesen, daß Er würde — schon sein ganzer Charakter als Gentleman, als welchen er <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325757"/> <fw type="header" place="top"> An der Wiege des Königreichs Rumänien</fw><lb/> <p xml:id="ID_934" prev="#ID_933"> Majestät verzeihen mir allergnädigst den Ausdruck — wie die Raben, welche<lb/> den verwesenden Körper wittern, von allen Seiten herbei, und wer etwas<lb/> von dem inneren Treiben derselben weiß, der weiß auch, daß der Krieg<lb/> um den in Aussicht stehenden Preis mit allen Mitteln, welche die Korruption<lb/> an die Hand gibt, bereits begonnen und schon Millionen in Bewegung gesetzt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_935"> Welcher irgend vernünftige Mensch von einiger Billigkeit kann von den<lb/> Moldauwallachen erwarten, daß sie in einem solchen Zustand der Korruption<lb/> und der sozialen Auflösung, wenn sie ihn sanktioniert aus den Händen der<lb/> Mächte erhalten, irgendeine Befriedigung und eine Gewährung der Ansprüche<lb/> finden werden, mit denen man ihnen geschmeichelt hat, indem man sie berief,<lb/> ihre Wünsche auszusprechen, die bereits abgeurteilt sind, ehe man sie noch gehört hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_936"> Hier in den Fürstentümern ist jedermann — und selbst die Prätendenten<lb/> sind es — von der Überzeugung durchdrungen, daß, wenn die Frage des<lb/> freniden Fürsten fällt, alles fällt, und alle Organisation damit ihren Halt und<lb/> ihre Stütze verliert, und lediglich auf dem Papiere verbleibt; jedermann ist<lb/> überzeugt, daß ein Reglement auf dieser Basis in seinen Konsequenzen der<lb/> fremden Okkupation, welche daraus notwendig resultieren muß, ganz gleich¬<lb/> kommt, und das alles so bleibt, wie bisher.</p><lb/> <p xml:id="ID_937"> Der moralische Kredit der Kommission, welche die Großmächte hierher<lb/> gesendet haben, hat damit ein Ende, und der moralische Kredit Frankreichs<lb/> ganz besonders, welches die Union gepredigt hat und sie jetzt im Stiche läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_938"> Unter dem Gewicht dieser Betrachtung mag sich Baron Talleurand gefunden<lb/> haben, als er, um mich der eigenen Worte der an ihn gelangten und von ihm<lb/> mir gezeigten Depesche des Grafen Walewski zu bedienen, kürzlich die Order erhielt:<lb/> Os 8'abstenii- ä'enLouraMr Je8 laves 5avorable8 an ?nuce ötranxer, und ich<lb/> glaube gut unterrichtet zu sein, wenn ich alleruntertänigst bemerke, daß er diesen<lb/> Eindruck seiner Regierung nicht verhehlt, und die Konsequenzen dieser Wendung<lb/> ebenso wie ich dargestellt haben wird. Baron Talleyrand wird unter anderem<lb/> zugefügt haben, daß die gesamte nationale Partei in den Fürstentümern, der<lb/> mächtige Klerus an der Spitze, schon jetzt ihre Augen nach Rußland gewandt<lb/> hat, und in Sack und Asche trauernd, über die zeitweise Untreue gegen den<lb/> mächtigen rechtgläubigen Beschützer, ihren einzigen wahren Protektor, nur noch<lb/> von ihm allein Schutz und Beistand erwartet. Das Protektorat Rußlands wird<lb/> dadurch faktisch retabliert. Dieses Protektorat wird Rußlands Einfluß und Macht<lb/> in diesen Ländern und durch dieselben im Orient größer machen, als sie es je<lb/> waren, und die Türkei wird die Folgen davon zuerst fühlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_939"> Gewiß ist es von feiten des englischen Kommissars berechnet gewesen, daß<lb/> er in Bukarest verbleiben, und nicht hierher gekommen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_940" next="#ID_941"> Er würde — schon sein ganzer Charakter als Gentleman, als welchen er<lb/> sich während des ganzen Verlaufes unserer Beziehungen gezeigt hat, hätte ihn<lb/> dazu gezwungen — sich mit der Wirtschaft, wie sie die Pforte hier unter Vogo-<lb/> rides ins Werk gesetzt hat, nicht haben einverstanden erklären können; auf der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0237]
An der Wiege des Königreichs Rumänien
Majestät verzeihen mir allergnädigst den Ausdruck — wie die Raben, welche
den verwesenden Körper wittern, von allen Seiten herbei, und wer etwas
von dem inneren Treiben derselben weiß, der weiß auch, daß der Krieg
um den in Aussicht stehenden Preis mit allen Mitteln, welche die Korruption
an die Hand gibt, bereits begonnen und schon Millionen in Bewegung gesetzt hat.
Welcher irgend vernünftige Mensch von einiger Billigkeit kann von den
Moldauwallachen erwarten, daß sie in einem solchen Zustand der Korruption
und der sozialen Auflösung, wenn sie ihn sanktioniert aus den Händen der
Mächte erhalten, irgendeine Befriedigung und eine Gewährung der Ansprüche
finden werden, mit denen man ihnen geschmeichelt hat, indem man sie berief,
ihre Wünsche auszusprechen, die bereits abgeurteilt sind, ehe man sie noch gehört hat.
Hier in den Fürstentümern ist jedermann — und selbst die Prätendenten
sind es — von der Überzeugung durchdrungen, daß, wenn die Frage des
freniden Fürsten fällt, alles fällt, und alle Organisation damit ihren Halt und
ihre Stütze verliert, und lediglich auf dem Papiere verbleibt; jedermann ist
überzeugt, daß ein Reglement auf dieser Basis in seinen Konsequenzen der
fremden Okkupation, welche daraus notwendig resultieren muß, ganz gleich¬
kommt, und das alles so bleibt, wie bisher.
Der moralische Kredit der Kommission, welche die Großmächte hierher
gesendet haben, hat damit ein Ende, und der moralische Kredit Frankreichs
ganz besonders, welches die Union gepredigt hat und sie jetzt im Stiche läßt.
Unter dem Gewicht dieser Betrachtung mag sich Baron Talleurand gefunden
haben, als er, um mich der eigenen Worte der an ihn gelangten und von ihm
mir gezeigten Depesche des Grafen Walewski zu bedienen, kürzlich die Order erhielt:
Os 8'abstenii- ä'enLouraMr Je8 laves 5avorable8 an ?nuce ötranxer, und ich
glaube gut unterrichtet zu sein, wenn ich alleruntertänigst bemerke, daß er diesen
Eindruck seiner Regierung nicht verhehlt, und die Konsequenzen dieser Wendung
ebenso wie ich dargestellt haben wird. Baron Talleyrand wird unter anderem
zugefügt haben, daß die gesamte nationale Partei in den Fürstentümern, der
mächtige Klerus an der Spitze, schon jetzt ihre Augen nach Rußland gewandt
hat, und in Sack und Asche trauernd, über die zeitweise Untreue gegen den
mächtigen rechtgläubigen Beschützer, ihren einzigen wahren Protektor, nur noch
von ihm allein Schutz und Beistand erwartet. Das Protektorat Rußlands wird
dadurch faktisch retabliert. Dieses Protektorat wird Rußlands Einfluß und Macht
in diesen Ländern und durch dieselben im Orient größer machen, als sie es je
waren, und die Türkei wird die Folgen davon zuerst fühlen.
Gewiß ist es von feiten des englischen Kommissars berechnet gewesen, daß
er in Bukarest verbleiben, und nicht hierher gekommen ist.
Er würde — schon sein ganzer Charakter als Gentleman, als welchen er
sich während des ganzen Verlaufes unserer Beziehungen gezeigt hat, hätte ihn
dazu gezwungen — sich mit der Wirtschaft, wie sie die Pforte hier unter Vogo-
rides ins Werk gesetzt hat, nicht haben einverstanden erklären können; auf der
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