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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Präludien zu einem Ritt in Persien

äußerster Liebenswürdigkeit und großem Zuvorkommen, und so durfte man
darauf rechnen, auf diese Weise viel schneller und sicherer zum Ziel zu kommen,
als wenn man auf offiziellem Wege um amtliche Unterstützung bat. Jede
nichtamtliche Unterstützung wird von allen Behörden, besonders dort an Ort
und Stelle gerne gewährt, denn sie verpflichtet zu nichts, hat aber für den
Reisenden dieselbe Wirkung. Wir haben mit diesem Prinzip die besten Er¬
fahrungen gemacht und selbst dort, wo unsere Hoffnungen sich nicht zu erfüllen
schienen, ließ sich an Ort und Stelle durch persönliche Fürsprache mehr erreichen,
als wenn man große Eingaben gemacht und Anträge gestellt hätte.

Einen derartigen Fall möchte ich hier erwähnen. Wir hatten unsere
Waffen nach Trapezunt vorausgeschickt, erfuhren aber in Konstantinopel von
amtlicher Stelle, daß auf eine Einfuhr ohne besonderen Waffenschein gar nicht
zu rechnen sei. Die Erlangung dieses Waffenscheines würde wenigstens zwei
Wochen in Anspruch nehmen, und ob die Genehmigung erteilt werden würde,
sei sehr fraglich. Also lautete die offizielle amtliche Auskunft. Wir
telegraphierten nach Trapezunt, auch von dort erhielten wir den Bescheid, daß
die Gewehre ohne Waffenschein nicht herausgegeben werden dürften. Durch die
liebenswürdige Fürsprache eines Deutschen in Konstantinopel gelang es nun,
in den drei Tagen, die noch zur Verfügung standen, die Erlaubnis zur Ein¬
fuhr und zum Tragen der Waffen, zu der nicht weniger als drei Ministerien
und die Kaiserlich-Ottomanische Zollbehörde ihre Einwilligung geben mußten, zu
erwirken. Und nicht nur dies, der Erlaubnis waren Briefe an die Valis
(Oberpräsidenten) der von uns zu bereisenden Provinzen beigegeben, in welchen
diese Herren aufgefordert wurden, uns nach Kräften zu unterstützen und unsere
Reise zu fördern, Diese Briefe waren uns später von unendlichem Nutzen.

Ich will nicht sagen, daß dasselbe nicht auch auf amtlichen Wege und
vielleicht sicherer zu erreichen gewesen wäre, und ob ich mich bei einer zweiten
derartigen Reise wieder auf das Glück verlassen würde, erscheint mir fraglich,
jedenfalls war dieses Prinzip von Erfolg begleitet.

Und nun zur Ausrüstung. Was war an Gegenständen, die speziell sür,
eine solche Reise vonnöten waren, mitzunehmen? Was war an Waffen,
Pferdeausrüstung, Apparaten, Instrumenten mitzuführen, wie sollte die Ver¬
pflegung geregelt werden? Hier war zunächst die allgemeine Frage zu beant¬
worten: sollte man mit oder ohne besonderes Gepäck reisen, d. h. sollte
man die nötigen Gebrauchsgegenstände auf feinem eigenen und vielleicht noch
auf dem Pferde des Dieners mitführen, oder sollte man außer den Reit¬
pferden noch Bagagepferde kaufen bzw. mieten, welche von einem besonderen
Treiber geleitet werden, mit anderen Worten, sollte man sich noch von einer
kleinen Karawane begleiten lassen? Die Vor- und Nachteile liegen auf
der Hand. neigte ich auch zunächst dem ersteren Prinzip zu, zu dem
mir auch geraten wurde, so sah ich doch bald die Unausführbarkeit dieses
Gedankens ein. Man kann wohl einige Tage, ja vielleicht sogar ein oder zwei


Präludien zu einem Ritt in Persien

äußerster Liebenswürdigkeit und großem Zuvorkommen, und so durfte man
darauf rechnen, auf diese Weise viel schneller und sicherer zum Ziel zu kommen,
als wenn man auf offiziellem Wege um amtliche Unterstützung bat. Jede
nichtamtliche Unterstützung wird von allen Behörden, besonders dort an Ort
und Stelle gerne gewährt, denn sie verpflichtet zu nichts, hat aber für den
Reisenden dieselbe Wirkung. Wir haben mit diesem Prinzip die besten Er¬
fahrungen gemacht und selbst dort, wo unsere Hoffnungen sich nicht zu erfüllen
schienen, ließ sich an Ort und Stelle durch persönliche Fürsprache mehr erreichen,
als wenn man große Eingaben gemacht und Anträge gestellt hätte.

Einen derartigen Fall möchte ich hier erwähnen. Wir hatten unsere
Waffen nach Trapezunt vorausgeschickt, erfuhren aber in Konstantinopel von
amtlicher Stelle, daß auf eine Einfuhr ohne besonderen Waffenschein gar nicht
zu rechnen sei. Die Erlangung dieses Waffenscheines würde wenigstens zwei
Wochen in Anspruch nehmen, und ob die Genehmigung erteilt werden würde,
sei sehr fraglich. Also lautete die offizielle amtliche Auskunft. Wir
telegraphierten nach Trapezunt, auch von dort erhielten wir den Bescheid, daß
die Gewehre ohne Waffenschein nicht herausgegeben werden dürften. Durch die
liebenswürdige Fürsprache eines Deutschen in Konstantinopel gelang es nun,
in den drei Tagen, die noch zur Verfügung standen, die Erlaubnis zur Ein¬
fuhr und zum Tragen der Waffen, zu der nicht weniger als drei Ministerien
und die Kaiserlich-Ottomanische Zollbehörde ihre Einwilligung geben mußten, zu
erwirken. Und nicht nur dies, der Erlaubnis waren Briefe an die Valis
(Oberpräsidenten) der von uns zu bereisenden Provinzen beigegeben, in welchen
diese Herren aufgefordert wurden, uns nach Kräften zu unterstützen und unsere
Reise zu fördern, Diese Briefe waren uns später von unendlichem Nutzen.

Ich will nicht sagen, daß dasselbe nicht auch auf amtlichen Wege und
vielleicht sicherer zu erreichen gewesen wäre, und ob ich mich bei einer zweiten
derartigen Reise wieder auf das Glück verlassen würde, erscheint mir fraglich,
jedenfalls war dieses Prinzip von Erfolg begleitet.

Und nun zur Ausrüstung. Was war an Gegenständen, die speziell sür,
eine solche Reise vonnöten waren, mitzunehmen? Was war an Waffen,
Pferdeausrüstung, Apparaten, Instrumenten mitzuführen, wie sollte die Ver¬
pflegung geregelt werden? Hier war zunächst die allgemeine Frage zu beant¬
worten: sollte man mit oder ohne besonderes Gepäck reisen, d. h. sollte
man die nötigen Gebrauchsgegenstände auf feinem eigenen und vielleicht noch
auf dem Pferde des Dieners mitführen, oder sollte man außer den Reit¬
pferden noch Bagagepferde kaufen bzw. mieten, welche von einem besonderen
Treiber geleitet werden, mit anderen Worten, sollte man sich noch von einer
kleinen Karawane begleiten lassen? Die Vor- und Nachteile liegen auf
der Hand. neigte ich auch zunächst dem ersteren Prinzip zu, zu dem
mir auch geraten wurde, so sah ich doch bald die Unausführbarkeit dieses
Gedankens ein. Man kann wohl einige Tage, ja vielleicht sogar ein oder zwei


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[0199] Präludien zu einem Ritt in Persien äußerster Liebenswürdigkeit und großem Zuvorkommen, und so durfte man darauf rechnen, auf diese Weise viel schneller und sicherer zum Ziel zu kommen, als wenn man auf offiziellem Wege um amtliche Unterstützung bat. Jede nichtamtliche Unterstützung wird von allen Behörden, besonders dort an Ort und Stelle gerne gewährt, denn sie verpflichtet zu nichts, hat aber für den Reisenden dieselbe Wirkung. Wir haben mit diesem Prinzip die besten Er¬ fahrungen gemacht und selbst dort, wo unsere Hoffnungen sich nicht zu erfüllen schienen, ließ sich an Ort und Stelle durch persönliche Fürsprache mehr erreichen, als wenn man große Eingaben gemacht und Anträge gestellt hätte. Einen derartigen Fall möchte ich hier erwähnen. Wir hatten unsere Waffen nach Trapezunt vorausgeschickt, erfuhren aber in Konstantinopel von amtlicher Stelle, daß auf eine Einfuhr ohne besonderen Waffenschein gar nicht zu rechnen sei. Die Erlangung dieses Waffenscheines würde wenigstens zwei Wochen in Anspruch nehmen, und ob die Genehmigung erteilt werden würde, sei sehr fraglich. Also lautete die offizielle amtliche Auskunft. Wir telegraphierten nach Trapezunt, auch von dort erhielten wir den Bescheid, daß die Gewehre ohne Waffenschein nicht herausgegeben werden dürften. Durch die liebenswürdige Fürsprache eines Deutschen in Konstantinopel gelang es nun, in den drei Tagen, die noch zur Verfügung standen, die Erlaubnis zur Ein¬ fuhr und zum Tragen der Waffen, zu der nicht weniger als drei Ministerien und die Kaiserlich-Ottomanische Zollbehörde ihre Einwilligung geben mußten, zu erwirken. Und nicht nur dies, der Erlaubnis waren Briefe an die Valis (Oberpräsidenten) der von uns zu bereisenden Provinzen beigegeben, in welchen diese Herren aufgefordert wurden, uns nach Kräften zu unterstützen und unsere Reise zu fördern, Diese Briefe waren uns später von unendlichem Nutzen. Ich will nicht sagen, daß dasselbe nicht auch auf amtlichen Wege und vielleicht sicherer zu erreichen gewesen wäre, und ob ich mich bei einer zweiten derartigen Reise wieder auf das Glück verlassen würde, erscheint mir fraglich, jedenfalls war dieses Prinzip von Erfolg begleitet. Und nun zur Ausrüstung. Was war an Gegenständen, die speziell sür, eine solche Reise vonnöten waren, mitzunehmen? Was war an Waffen, Pferdeausrüstung, Apparaten, Instrumenten mitzuführen, wie sollte die Ver¬ pflegung geregelt werden? Hier war zunächst die allgemeine Frage zu beant¬ worten: sollte man mit oder ohne besonderes Gepäck reisen, d. h. sollte man die nötigen Gebrauchsgegenstände auf feinem eigenen und vielleicht noch auf dem Pferde des Dieners mitführen, oder sollte man außer den Reit¬ pferden noch Bagagepferde kaufen bzw. mieten, welche von einem besonderen Treiber geleitet werden, mit anderen Worten, sollte man sich noch von einer kleinen Karawane begleiten lassen? Die Vor- und Nachteile liegen auf der Hand. neigte ich auch zunächst dem ersteren Prinzip zu, zu dem mir auch geraten wurde, so sah ich doch bald die Unausführbarkeit dieses Gedankens ein. Man kann wohl einige Tage, ja vielleicht sogar ein oder zwei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/199>, abgerufen am 27.07.2024.