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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Präludien zu einem Ritt in Persien

Wochen in dieser Weise reisen, einen längeren Ritt ohne eine besondere Gepäck¬
karawane halte ich aber fast für undurchführbar, besonders wenn man Wert
darauf legt, in den größeren Städten auch einen Einblick in die Geselligkeit zu
gewinnen. Außerdem widersteht man den Anstrengungen und Entbehrungen in
den ersten Tagen, ja selbst Wochen ohne Schwierigkeit, dann aber beginnt der
Körper doch widerstandsunfähiger zu werden und bedarf möglichster Schonung.
Dazu kommt noch, daß ein derartiger Ritt auch sür die eigenen Pferde eine unver¬
hältnismäßig große Anstrengung ist, haben wir doch manchmal bis zu 100 Kilo¬
meter und darüber an einem Tage gemacht. Wenn auch eine solche Ent¬
fernung hier in Deutschland nichts Ungewöhnliches ist, so bedeutet sie dort doch
eine ganz enorme Anstrengung der Pferde, besonders wenn der Weg teilweise
durchs Gebirge führt, der Ritt schon mehrere Tagender Wochen gedauert hat
und morgen wieder fortgesetzt werden soll. Hieraus ergibt sich, daß man bestrebt
sein muß, die eigenen Pferde so viel als irgend möglich zu entlasten. Die
Gepäckkarawane ist also ein zwar großes, aber unvermeidliches Übel.

Hatte man sich nun zur Mitnahme einer Karawane entschlossen, so war
ich dennoch eifrigst bemüht, das Gepäck möglichst einzuschränken. Trotzdem aber
füllten diese "notwendigsten" Gegenstände doch noch mehrere Koffer und Säcke,
die auf gemieteten Packpferden verladen wurden.

Es bleibt eine offene Frage, ob es ratsamer ist, Packpferde zu mieten oder
zu kaufen. Die Kosten werden in beiden Fällen ziemlich dieselben sein, denn
man muß immer auf einen erheblichen Verlust beim nachmaligen Verkauf der
Pferde rechnen. Das Mieter der Pferde hat den Vorteil, daß stets ein des
Weges kundiger Karawanentreiber mitgeht, der auch als Führer dienen kann,
auch ist man der Sorge für Verpflegung. Unterbringung und Gesundheit dieser Pferde
enthoben, muß sich aber allerdings, besonders wenn man bestrebt ist, schnell vor¬
wärts zu kommen, bei jeder Station auf einen mehr oder weniger großen Krach
und auf so manchen Bagschisch gefaßt machen. Denn es liegt im Interesse der
Pferde, die täglichen Etappen möglichst klein zu bemessen, und die Besitzer ver¬
suchen stets, noch einen Tag mehr herauszuschlagen, denn Zeit spielt im Orient
keine Rolle, wohl aber Kräfte und die angeborene Faulheit. Würde ich einen
derartigen Ritt noch einmal machen, so würde ich mehrere Packtiere mitführen,
diese nur gering belasten und die Treiber ebenfalls beritten machen. Dadurch
wäre ein schnelleres Marschtempo möglich, die Ermüdung der Treiber geringer
und deren Laune daher eine bessere.

War man nun einerseits bestrebt, das Gepäck nach Möglichkeit einzuschränken,
so durfte doch nichts fehlen: von der Reservebirne für die elektrische Taschen¬
lampe bis zur zusammenklappbarer Taschensäge, vom Entwicklungsapparat für
photographische Platten bis zum Reserveschnürsenkel mußte alles vorhanden sein.

Näher auf die Gegenstände im einzelnen einzugehen, verbietet der Raum,
ich möchte hier nur erwähnen, wie wir gekleidet waren, und was wir auf dem
Pferde mit uns führten.


Präludien zu einem Ritt in Persien

Wochen in dieser Weise reisen, einen längeren Ritt ohne eine besondere Gepäck¬
karawane halte ich aber fast für undurchführbar, besonders wenn man Wert
darauf legt, in den größeren Städten auch einen Einblick in die Geselligkeit zu
gewinnen. Außerdem widersteht man den Anstrengungen und Entbehrungen in
den ersten Tagen, ja selbst Wochen ohne Schwierigkeit, dann aber beginnt der
Körper doch widerstandsunfähiger zu werden und bedarf möglichster Schonung.
Dazu kommt noch, daß ein derartiger Ritt auch sür die eigenen Pferde eine unver¬
hältnismäßig große Anstrengung ist, haben wir doch manchmal bis zu 100 Kilo¬
meter und darüber an einem Tage gemacht. Wenn auch eine solche Ent¬
fernung hier in Deutschland nichts Ungewöhnliches ist, so bedeutet sie dort doch
eine ganz enorme Anstrengung der Pferde, besonders wenn der Weg teilweise
durchs Gebirge führt, der Ritt schon mehrere Tagender Wochen gedauert hat
und morgen wieder fortgesetzt werden soll. Hieraus ergibt sich, daß man bestrebt
sein muß, die eigenen Pferde so viel als irgend möglich zu entlasten. Die
Gepäckkarawane ist also ein zwar großes, aber unvermeidliches Übel.

Hatte man sich nun zur Mitnahme einer Karawane entschlossen, so war
ich dennoch eifrigst bemüht, das Gepäck möglichst einzuschränken. Trotzdem aber
füllten diese „notwendigsten" Gegenstände doch noch mehrere Koffer und Säcke,
die auf gemieteten Packpferden verladen wurden.

Es bleibt eine offene Frage, ob es ratsamer ist, Packpferde zu mieten oder
zu kaufen. Die Kosten werden in beiden Fällen ziemlich dieselben sein, denn
man muß immer auf einen erheblichen Verlust beim nachmaligen Verkauf der
Pferde rechnen. Das Mieter der Pferde hat den Vorteil, daß stets ein des
Weges kundiger Karawanentreiber mitgeht, der auch als Führer dienen kann,
auch ist man der Sorge für Verpflegung. Unterbringung und Gesundheit dieser Pferde
enthoben, muß sich aber allerdings, besonders wenn man bestrebt ist, schnell vor¬
wärts zu kommen, bei jeder Station auf einen mehr oder weniger großen Krach
und auf so manchen Bagschisch gefaßt machen. Denn es liegt im Interesse der
Pferde, die täglichen Etappen möglichst klein zu bemessen, und die Besitzer ver¬
suchen stets, noch einen Tag mehr herauszuschlagen, denn Zeit spielt im Orient
keine Rolle, wohl aber Kräfte und die angeborene Faulheit. Würde ich einen
derartigen Ritt noch einmal machen, so würde ich mehrere Packtiere mitführen,
diese nur gering belasten und die Treiber ebenfalls beritten machen. Dadurch
wäre ein schnelleres Marschtempo möglich, die Ermüdung der Treiber geringer
und deren Laune daher eine bessere.

War man nun einerseits bestrebt, das Gepäck nach Möglichkeit einzuschränken,
so durfte doch nichts fehlen: von der Reservebirne für die elektrische Taschen¬
lampe bis zur zusammenklappbarer Taschensäge, vom Entwicklungsapparat für
photographische Platten bis zum Reserveschnürsenkel mußte alles vorhanden sein.

Näher auf die Gegenstände im einzelnen einzugehen, verbietet der Raum,
ich möchte hier nur erwähnen, wie wir gekleidet waren, und was wir auf dem
Pferde mit uns führten.


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[0200] Präludien zu einem Ritt in Persien Wochen in dieser Weise reisen, einen längeren Ritt ohne eine besondere Gepäck¬ karawane halte ich aber fast für undurchführbar, besonders wenn man Wert darauf legt, in den größeren Städten auch einen Einblick in die Geselligkeit zu gewinnen. Außerdem widersteht man den Anstrengungen und Entbehrungen in den ersten Tagen, ja selbst Wochen ohne Schwierigkeit, dann aber beginnt der Körper doch widerstandsunfähiger zu werden und bedarf möglichster Schonung. Dazu kommt noch, daß ein derartiger Ritt auch sür die eigenen Pferde eine unver¬ hältnismäßig große Anstrengung ist, haben wir doch manchmal bis zu 100 Kilo¬ meter und darüber an einem Tage gemacht. Wenn auch eine solche Ent¬ fernung hier in Deutschland nichts Ungewöhnliches ist, so bedeutet sie dort doch eine ganz enorme Anstrengung der Pferde, besonders wenn der Weg teilweise durchs Gebirge führt, der Ritt schon mehrere Tagender Wochen gedauert hat und morgen wieder fortgesetzt werden soll. Hieraus ergibt sich, daß man bestrebt sein muß, die eigenen Pferde so viel als irgend möglich zu entlasten. Die Gepäckkarawane ist also ein zwar großes, aber unvermeidliches Übel. Hatte man sich nun zur Mitnahme einer Karawane entschlossen, so war ich dennoch eifrigst bemüht, das Gepäck möglichst einzuschränken. Trotzdem aber füllten diese „notwendigsten" Gegenstände doch noch mehrere Koffer und Säcke, die auf gemieteten Packpferden verladen wurden. Es bleibt eine offene Frage, ob es ratsamer ist, Packpferde zu mieten oder zu kaufen. Die Kosten werden in beiden Fällen ziemlich dieselben sein, denn man muß immer auf einen erheblichen Verlust beim nachmaligen Verkauf der Pferde rechnen. Das Mieter der Pferde hat den Vorteil, daß stets ein des Weges kundiger Karawanentreiber mitgeht, der auch als Führer dienen kann, auch ist man der Sorge für Verpflegung. Unterbringung und Gesundheit dieser Pferde enthoben, muß sich aber allerdings, besonders wenn man bestrebt ist, schnell vor¬ wärts zu kommen, bei jeder Station auf einen mehr oder weniger großen Krach und auf so manchen Bagschisch gefaßt machen. Denn es liegt im Interesse der Pferde, die täglichen Etappen möglichst klein zu bemessen, und die Besitzer ver¬ suchen stets, noch einen Tag mehr herauszuschlagen, denn Zeit spielt im Orient keine Rolle, wohl aber Kräfte und die angeborene Faulheit. Würde ich einen derartigen Ritt noch einmal machen, so würde ich mehrere Packtiere mitführen, diese nur gering belasten und die Treiber ebenfalls beritten machen. Dadurch wäre ein schnelleres Marschtempo möglich, die Ermüdung der Treiber geringer und deren Laune daher eine bessere. War man nun einerseits bestrebt, das Gepäck nach Möglichkeit einzuschränken, so durfte doch nichts fehlen: von der Reservebirne für die elektrische Taschen¬ lampe bis zur zusammenklappbarer Taschensäge, vom Entwicklungsapparat für photographische Platten bis zum Reserveschnürsenkel mußte alles vorhanden sein. Näher auf die Gegenstände im einzelnen einzugehen, verbietet der Raum, ich möchte hier nur erwähnen, wie wir gekleidet waren, und was wir auf dem Pferde mit uns führten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/200>, abgerufen am 27.07.2024.