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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

derer örtlicher Verhältnisse eingeräumt werden.
Soweit wird man den Entwurf als geradezu
musterhafte Lösung der Filmzensurfrage be¬
zeichnen können. Es ist auch durchaus zu
billigen, daß er dem Zensor einen gewissen
Spielraum für sein Ermessen gibt; es heißt
aber doch zu strenge Anforderungen an die
Zensur für Erwachsene stellen, wenn er
bestimmt, daß ein Filu zu verbieten ist,
"wenn seine öffentliche Vorführung vermöge
der dargestellten Vorgänge oder der Art, wie
sie dargestellt werden, geeignet wäre, die
Gesundheit oder Sittlichkeit der Zuschauer zu
gefährden oder eine verrohende oder die
Phantasie verderbende oder überreizende oder
den Sinn für Recht und öffentliche Ordnung
verwirrende oder abstumpfende Einwirkung
auf sie auszuüben." Wie uns aus eigener

[Spaltenumbruch]

Anschauung bekannt ist, vermag der schwedische
Zensor in Stockholm, der seit anderthalb
Jahren alle Films prüft, die irgendwo in
Schweden vorgeführt werden sollen, alle wirk¬
lichen Schundfilms fernzuhalten, trotzdem ihm
das schwedische Gesetz eine so allumfassende
Machtbefugnis nicht verleiht, wie sie der
württembergische Entwurf vorsieht. Der
Entwurf scheint uns daher in bester Meinung
über dos Ziel hinauszuschießen. Wird
hier, wie zu erwarten ist, die erforder¬
liche Einschränkung vorgenommen, so wollen
wir uns dieses im ganzen vortrefflichen Kino¬
gesetzes freuen und es zum Muster für das
hoffentlich nicht mehr lange ausbleibende
Preußische und das über kurz oder lang auch
folgende deutsche Kinogesetz nehmen!

Dr. Albert Hellwig [Ende Spaltensatz]


Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet.
Verantwortlich! der Herausgeber George Cleinow in Berlin-Schöneberg. -- Manuskriptsendungen und Buche
werden behufs schneller Erledigung möglichst Dienstags und Wittwochs erbeten unter der Adresse:
An den Herausgeber der Grenzboten in Berlin-Friedens", Hedwigstr. 1".
Fernsprecher der Schristleitnng: Amt Uhland SS3V, d°S Verlags: Amt Lü"vo KS10.
Verlag: Verlag der "Sr-nzboten G. in. b. H. in Berlin SV. II.
Druck: "Der Reichsbote" W. in. b. H. in Berlin SV/. 11. Dessauer Striche SS/S7.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

derer örtlicher Verhältnisse eingeräumt werden.
Soweit wird man den Entwurf als geradezu
musterhafte Lösung der Filmzensurfrage be¬
zeichnen können. Es ist auch durchaus zu
billigen, daß er dem Zensor einen gewissen
Spielraum für sein Ermessen gibt; es heißt
aber doch zu strenge Anforderungen an die
Zensur für Erwachsene stellen, wenn er
bestimmt, daß ein Filu zu verbieten ist,
„wenn seine öffentliche Vorführung vermöge
der dargestellten Vorgänge oder der Art, wie
sie dargestellt werden, geeignet wäre, die
Gesundheit oder Sittlichkeit der Zuschauer zu
gefährden oder eine verrohende oder die
Phantasie verderbende oder überreizende oder
den Sinn für Recht und öffentliche Ordnung
verwirrende oder abstumpfende Einwirkung
auf sie auszuüben." Wie uns aus eigener

[Spaltenumbruch]

Anschauung bekannt ist, vermag der schwedische
Zensor in Stockholm, der seit anderthalb
Jahren alle Films prüft, die irgendwo in
Schweden vorgeführt werden sollen, alle wirk¬
lichen Schundfilms fernzuhalten, trotzdem ihm
das schwedische Gesetz eine so allumfassende
Machtbefugnis nicht verleiht, wie sie der
württembergische Entwurf vorsieht. Der
Entwurf scheint uns daher in bester Meinung
über dos Ziel hinauszuschießen. Wird
hier, wie zu erwarten ist, die erforder¬
liche Einschränkung vorgenommen, so wollen
wir uns dieses im ganzen vortrefflichen Kino¬
gesetzes freuen und es zum Muster für das
hoffentlich nicht mehr lange ausbleibende
Preußische und das über kurz oder lang auch
folgende deutsche Kinogesetz nehmen!

Dr. Albert Hellwig [Ende Spaltensatz]


Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet.
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An den Herausgeber der Grenzboten in Berlin-Friedens», Hedwigstr. 1».
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Verlag: Verlag der «Sr-nzboten G. in. b. H. in Berlin SV. II.
Druck: „Der Reichsbote" W. in. b. H. in Berlin SV/. 11. Dessauer Striche SS/S7.


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[0156] Maßgebliches und Unmaßgebliches derer örtlicher Verhältnisse eingeräumt werden. Soweit wird man den Entwurf als geradezu musterhafte Lösung der Filmzensurfrage be¬ zeichnen können. Es ist auch durchaus zu billigen, daß er dem Zensor einen gewissen Spielraum für sein Ermessen gibt; es heißt aber doch zu strenge Anforderungen an die Zensur für Erwachsene stellen, wenn er bestimmt, daß ein Filu zu verbieten ist, „wenn seine öffentliche Vorführung vermöge der dargestellten Vorgänge oder der Art, wie sie dargestellt werden, geeignet wäre, die Gesundheit oder Sittlichkeit der Zuschauer zu gefährden oder eine verrohende oder die Phantasie verderbende oder überreizende oder den Sinn für Recht und öffentliche Ordnung verwirrende oder abstumpfende Einwirkung auf sie auszuüben." Wie uns aus eigener Anschauung bekannt ist, vermag der schwedische Zensor in Stockholm, der seit anderthalb Jahren alle Films prüft, die irgendwo in Schweden vorgeführt werden sollen, alle wirk¬ lichen Schundfilms fernzuhalten, trotzdem ihm das schwedische Gesetz eine so allumfassende Machtbefugnis nicht verleiht, wie sie der württembergische Entwurf vorsieht. Der Entwurf scheint uns daher in bester Meinung über dos Ziel hinauszuschießen. Wird hier, wie zu erwarten ist, die erforder¬ liche Einschränkung vorgenommen, so wollen wir uns dieses im ganzen vortrefflichen Kino¬ gesetzes freuen und es zum Muster für das hoffentlich nicht mehr lange ausbleibende Preußische und das über kurz oder lang auch folgende deutsche Kinogesetz nehmen! Dr. Albert Hellwig Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet. Verantwortlich! der Herausgeber George Cleinow in Berlin-Schöneberg. — Manuskriptsendungen und Buche werden behufs schneller Erledigung möglichst Dienstags und Wittwochs erbeten unter der Adresse: An den Herausgeber der Grenzboten in Berlin-Friedens», Hedwigstr. 1». Fernsprecher der Schristleitnng: Amt Uhland SS3V, d°S Verlags: Amt Lü»vo KS10. Verlag: Verlag der «Sr-nzboten G. in. b. H. in Berlin SV. II. Druck: „Der Reichsbote" W. in. b. H. in Berlin SV/. 11. Dessauer Striche SS/S7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/156>, abgerufen am 21.12.2024.