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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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habe ihn gestern im Wagen begegnet) und kann gar nicht gehen; man sagt, er
habe einen Schlaganfall gehabt, den man vertuschen wolle. Es wäre für das
Amt ein großer Verlust, weil er ein sehr liebenswürdiger und wohlwollender
Vorgesetzter ist, und einer der wenigen, die mit Bismarck stets gut auskamen.
-- Was mich betrifft, so wird in zehn Tagen der Geh. Rat von Bülow zurück¬
kommen, mit dem ich dann über meine Aussichten sprechen werde. -- Da es
aber hier wie überall gut ist, einen Hinterhalt an jemand zu haben und Varn-
büler nicht sobald hierherkommen wird, so will ich mich noch an Spitzenberg
wenden, mit dem ich schon früher gesprochen habe. Derselbe war, namentlich
auch auf das Zureden seiner Frau, nicht abgeneigt, ein gutes Wort für mich
einzulegen. Er wird dies um so eher tun, wenn er weiß, daß in Stuttgart
die Stimmung mir wieder günstiger ist. -- Wenn Du in dieser Richtung
einmal allerhöchsten Ortes gelegentlich etwas anbringen könntest, so würde mir
das sehr förderlich sein; wenn z. B. hier durch irgend jemand angebracht
würde, man interessiere sich für mich. Du kannst das vielleicht einmal in
diplomatischer Weise anbringen. Ein Leutnant Schön, der zur Diplomatie über¬
getreten ist, ist z. B. gleich nach Madrid geschickt worden, weil sich der Gro߬
herzog von Hessen für ihn interessierte. -- Also schaden kann es immerhin nicht."

Am 22. November deutet Kiderlen die bevorstehende Entscheidung an.

" . . . Auf meinen Urlaub freue ich mich sehr und habe Dir manches mitzuteilen,
namentlich auch über meine Zukunft. Ich habe mit dem Geh. Rat von Bülow
gesprochen, der die Personalangelegenheiten hat: es ist jetzt, wie er mir mit¬
teilte, nicht der Zeitpunkt, etwas zu entscheiden, da der Chef in Varzin immer
noch krank ist, und kein Staatssekretär ernannt. Ich werde mich aber doch
wohl für die Konsulatskarriere entscheiden, da in der Diplomatie momentan eine
Stockung eingetreten. Übrigens sicherte mir Herr von Bülow für beide Fälle
seine Befürwortung zu und sagte, man wolle mir überhaupt wohl.

Daß letzteres wahr und nicht bloß so eine Redensart ist, habe ich, wie ich
Dir ganz im Vertrauen mitteile, durch eine kleine Indiskretion eines Beamten
erfahren, der mir sagte, daß man vom Auswärtigen Amte aus über mich und
meine Verhältnisse usw. in Stuttgart beim preußischen Gesandten Magnus
Erkundigungen eingezogen habe und daß dessen Bericht äußerst günstig gelautet
habet!! Der Tapp (ein in Schwaben beliebtes Kartenspiel. G. El.) hatte doch
auch seine Früchte." --

Berlin, den 23. Februar 1880.

. . . Daß ich solange nicht geschrieben habe, kommt einfach daher, daß
ich in der letzten Zeit ziemlich in Anspruch genommen war und zweitens immer
darauf wartete, daß sich meine Zukunft einigermaßen entscheidet. Also darüber
ist mir nun die abschriftlich beigefügte Order des Personalrats von Bülow zu¬
gegangen. Dn ersiehst daraus, daß ich zunächst eine französische Arbeit zu
machen habe, hinsichtlich derer ich bereits über und über in Büchern sitze. Da


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habe ihn gestern im Wagen begegnet) und kann gar nicht gehen; man sagt, er
habe einen Schlaganfall gehabt, den man vertuschen wolle. Es wäre für das
Amt ein großer Verlust, weil er ein sehr liebenswürdiger und wohlwollender
Vorgesetzter ist, und einer der wenigen, die mit Bismarck stets gut auskamen.
— Was mich betrifft, so wird in zehn Tagen der Geh. Rat von Bülow zurück¬
kommen, mit dem ich dann über meine Aussichten sprechen werde. — Da es
aber hier wie überall gut ist, einen Hinterhalt an jemand zu haben und Varn-
büler nicht sobald hierherkommen wird, so will ich mich noch an Spitzenberg
wenden, mit dem ich schon früher gesprochen habe. Derselbe war, namentlich
auch auf das Zureden seiner Frau, nicht abgeneigt, ein gutes Wort für mich
einzulegen. Er wird dies um so eher tun, wenn er weiß, daß in Stuttgart
die Stimmung mir wieder günstiger ist. — Wenn Du in dieser Richtung
einmal allerhöchsten Ortes gelegentlich etwas anbringen könntest, so würde mir
das sehr förderlich sein; wenn z. B. hier durch irgend jemand angebracht
würde, man interessiere sich für mich. Du kannst das vielleicht einmal in
diplomatischer Weise anbringen. Ein Leutnant Schön, der zur Diplomatie über¬
getreten ist, ist z. B. gleich nach Madrid geschickt worden, weil sich der Gro߬
herzog von Hessen für ihn interessierte. — Also schaden kann es immerhin nicht."

Am 22. November deutet Kiderlen die bevorstehende Entscheidung an.

„ . . . Auf meinen Urlaub freue ich mich sehr und habe Dir manches mitzuteilen,
namentlich auch über meine Zukunft. Ich habe mit dem Geh. Rat von Bülow
gesprochen, der die Personalangelegenheiten hat: es ist jetzt, wie er mir mit¬
teilte, nicht der Zeitpunkt, etwas zu entscheiden, da der Chef in Varzin immer
noch krank ist, und kein Staatssekretär ernannt. Ich werde mich aber doch
wohl für die Konsulatskarriere entscheiden, da in der Diplomatie momentan eine
Stockung eingetreten. Übrigens sicherte mir Herr von Bülow für beide Fälle
seine Befürwortung zu und sagte, man wolle mir überhaupt wohl.

Daß letzteres wahr und nicht bloß so eine Redensart ist, habe ich, wie ich
Dir ganz im Vertrauen mitteile, durch eine kleine Indiskretion eines Beamten
erfahren, der mir sagte, daß man vom Auswärtigen Amte aus über mich und
meine Verhältnisse usw. in Stuttgart beim preußischen Gesandten Magnus
Erkundigungen eingezogen habe und daß dessen Bericht äußerst günstig gelautet
habet!! Der Tapp (ein in Schwaben beliebtes Kartenspiel. G. El.) hatte doch
auch seine Früchte." —

Berlin, den 23. Februar 1880.

. . . Daß ich solange nicht geschrieben habe, kommt einfach daher, daß
ich in der letzten Zeit ziemlich in Anspruch genommen war und zweitens immer
darauf wartete, daß sich meine Zukunft einigermaßen entscheidet. Also darüber
ist mir nun die abschriftlich beigefügte Order des Personalrats von Bülow zu¬
gegangen. Dn ersiehst daraus, daß ich zunächst eine französische Arbeit zu
machen habe, hinsichtlich derer ich bereits über und über in Büchern sitze. Da


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/602>, abgerufen am 23.12.2024.