Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.Die Presse und K Strafgesetzbuches beamteten Stellungen, die Träger anderer Berufe in ihren Beruf geholt? Der Ich halte es durchaus nicht für nötig, daß die Presse besondere Privilegien Wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt haben wird, werden wir nicht mehr Die Rechtsprechung hätte also nur klar festzustellen, daß neben den private" Die Presse und K Strafgesetzbuches beamteten Stellungen, die Träger anderer Berufe in ihren Beruf geholt? Der Ich halte es durchaus nicht für nötig, daß die Presse besondere Privilegien Wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt haben wird, werden wir nicht mehr Die Rechtsprechung hätte also nur klar festzustellen, daß neben den private« <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0474" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325344"/> <fw type="header" place="top"> Die Presse und K Strafgesetzbuches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2154" prev="#ID_2153"> beamteten Stellungen, die Träger anderer Berufe in ihren Beruf geholt? Der<lb/> Beruf hat sich als notwendig für die Allgemeinheit ergeben, und damit war<lb/> die Existenzberechtigung ihrer Träger anerkannt. Die Presse ist nur einer der<lb/> jüngsten Berufe, einer derer, welche am raschesten emporgekommen sind, und<lb/> gegen Emporkömmlinge, besonders wenn sie zu schnell zu Macht und Ansehen<lb/> gelangt sind, wendet sich immer eine gewisse Abneigung der eingesessener Be¬<lb/> rechtigten. Die Presse hat vielfach auch nicht die Fehler der meisten Empor¬<lb/> kömmlinge verleugnet. Damit komme ich zu dem letzten Einwand, den ich zu<lb/> gewärtigen habe, nämlich daß es auch recht üble Blätter gebe, die aus Ver¬<lb/> leumdungssucht, Sensationslust oder Erpresserbedürfnis sich in fremde Interessen<lb/> stecken. Das ist zweifellos richtig, obwohl erfreulicherweise festgestellt werden<lb/> kann, daß die Zahl dieser Blätter in Deutschland gering ist und sie meist auch<lb/> die verdiente Nichtachtung finden. Ihnen freilich soll kein Schutz für ihre<lb/> Bosheiten und Verleumdungen gewährt werden. Diesen Schutz bietet aber<lb/> § 193 Se. G.B. auch nicht; denn hier wird die Wahrnehmung berechtigter<lb/> Interessen zu verneinen oder der Nachweis zu führen sein, daß aus der Form<lb/> der Äußerung oder den Umständen, unter welchen sie geschah, das Vorhandensein<lb/> einer Beleidigung festzustellen ist. Gegen das Verbreiter unwahrer Tatsachen<lb/> schützen alsdann die §§ 186. 187 Se. G. B. und einem Mißbrauch des Aus¬<lb/> sprechens der Wahrheit ist dadurch vorgebeugt, daß nach H 192 Se. G. B. auch<lb/> der Wahrheitsbeweis nicht unter allen Umständen von der Bestrafung befreit.</p><lb/> <p xml:id="ID_2155"> Ich halte es durchaus nicht für nötig, daß die Presse besondere Privilegien<lb/> erhalte, wie sie sie etwa in England besitzt. Dort sind Petitionen an den König<lb/> und das Parlament, Verhandlungen, die unter der Autorität des Parlaments<lb/> veröffentlicht werden und alle Gerichtsverhandlungen absolut privilegiert. Weiter<lb/> ist der Abdruck aller anderen Verhandlungen des Parlaments und der öffent¬<lb/> lichen Versammlungen relativ privilegiert, d. h. dann straflos, wenn der Text<lb/> genau und ohne böse Nebenanstchten wiedergegeben ist. Schließlich kann die<lb/> Verfolgung einer Zeitung wegen Übel nicht erfolgen ohne Anordnung eines<lb/> juäxe at LKamber8. Wie gesagt, diese oder andere Privilegien halte ich für<lb/> die deutsche Presse nicht für erforderlich, sondern nur die Anerkennung, daß ihr<lb/> Beruf darin besteht, dem öffentlichen Interesse zu dienen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2156"> Wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt haben wird, werden wir nicht mehr<lb/> das unerfreuliche Schauspiel haben, daß, während die Schreiber der Revolver¬<lb/> blättchen vielfach ungestraft ausgehen, nationalgesinnte Männer, die ihre Ideale<lb/> verteidigen, oder denen es ehrlich um die Besserung von Zuständen im Vater¬<lb/> lande zu tun ist, bestraft werden, weil sie keinen Beruf haben, an den Zu¬<lb/> ständen des Staates Kritik zu üben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2157"> Die Rechtsprechung hätte also nur klar festzustellen, daß neben den private«<lb/> und eigenen auch die fremden und öffentlichen Interessen von jedermann, also<lb/> auch von der Presse, straffrei wahrgenommen werden dürfen, sofern der Schreiber<lb/> nur in gutem Glauben handelt und nicht den Zweck der Ehrenkränkung verfolgt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0474]
Die Presse und K Strafgesetzbuches
beamteten Stellungen, die Träger anderer Berufe in ihren Beruf geholt? Der
Beruf hat sich als notwendig für die Allgemeinheit ergeben, und damit war
die Existenzberechtigung ihrer Träger anerkannt. Die Presse ist nur einer der
jüngsten Berufe, einer derer, welche am raschesten emporgekommen sind, und
gegen Emporkömmlinge, besonders wenn sie zu schnell zu Macht und Ansehen
gelangt sind, wendet sich immer eine gewisse Abneigung der eingesessener Be¬
rechtigten. Die Presse hat vielfach auch nicht die Fehler der meisten Empor¬
kömmlinge verleugnet. Damit komme ich zu dem letzten Einwand, den ich zu
gewärtigen habe, nämlich daß es auch recht üble Blätter gebe, die aus Ver¬
leumdungssucht, Sensationslust oder Erpresserbedürfnis sich in fremde Interessen
stecken. Das ist zweifellos richtig, obwohl erfreulicherweise festgestellt werden
kann, daß die Zahl dieser Blätter in Deutschland gering ist und sie meist auch
die verdiente Nichtachtung finden. Ihnen freilich soll kein Schutz für ihre
Bosheiten und Verleumdungen gewährt werden. Diesen Schutz bietet aber
§ 193 Se. G.B. auch nicht; denn hier wird die Wahrnehmung berechtigter
Interessen zu verneinen oder der Nachweis zu führen sein, daß aus der Form
der Äußerung oder den Umständen, unter welchen sie geschah, das Vorhandensein
einer Beleidigung festzustellen ist. Gegen das Verbreiter unwahrer Tatsachen
schützen alsdann die §§ 186. 187 Se. G. B. und einem Mißbrauch des Aus¬
sprechens der Wahrheit ist dadurch vorgebeugt, daß nach H 192 Se. G. B. auch
der Wahrheitsbeweis nicht unter allen Umständen von der Bestrafung befreit.
Ich halte es durchaus nicht für nötig, daß die Presse besondere Privilegien
erhalte, wie sie sie etwa in England besitzt. Dort sind Petitionen an den König
und das Parlament, Verhandlungen, die unter der Autorität des Parlaments
veröffentlicht werden und alle Gerichtsverhandlungen absolut privilegiert. Weiter
ist der Abdruck aller anderen Verhandlungen des Parlaments und der öffent¬
lichen Versammlungen relativ privilegiert, d. h. dann straflos, wenn der Text
genau und ohne böse Nebenanstchten wiedergegeben ist. Schließlich kann die
Verfolgung einer Zeitung wegen Übel nicht erfolgen ohne Anordnung eines
juäxe at LKamber8. Wie gesagt, diese oder andere Privilegien halte ich für
die deutsche Presse nicht für erforderlich, sondern nur die Anerkennung, daß ihr
Beruf darin besteht, dem öffentlichen Interesse zu dienen.
Wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt haben wird, werden wir nicht mehr
das unerfreuliche Schauspiel haben, daß, während die Schreiber der Revolver¬
blättchen vielfach ungestraft ausgehen, nationalgesinnte Männer, die ihre Ideale
verteidigen, oder denen es ehrlich um die Besserung von Zuständen im Vater¬
lande zu tun ist, bestraft werden, weil sie keinen Beruf haben, an den Zu¬
ständen des Staates Kritik zu üben.
Die Rechtsprechung hätte also nur klar festzustellen, daß neben den private«
und eigenen auch die fremden und öffentlichen Interessen von jedermann, also
auch von der Presse, straffrei wahrgenommen werden dürfen, sofern der Schreiber
nur in gutem Glauben handelt und nicht den Zweck der Ehrenkränkung verfolgt.
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