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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gründlichen Ausbildung keine Rede sein kann.
Sie trägt vielmehr den Charakter des Über¬
eilten, Oberflächlichen. Hieraus ergibt sich
wieder, das; das Ausbildungspersonal infolge
dieser intensiven Arbeit aufs äußerste ange¬
strengt wird. Während für den Mann das
zweite Dienstjahr meist eine Erholung von
der Ausbildungshetze des ersten Jahres be¬
deutet, so kennen die Offiziere und Unter¬
offiziere diese Erholung doch nicht, denn für
sie beginnt im nächsten Jahre die Arbeit von
neuem.

Auch bei den reitenden Batterien liegen
die Verhältnisse insofern nicht besser, als die
wesentlich höhere Pferdezahl so viel Kräfte
absorbiert, daß der Vorteil, dasz jährlich nur
ein Drittel der Mannschaften (tatsächlich etwas
mehr) entlassen wird, reichlich aufgewogen
wird. Die Leute, die im zweiten und dritten
Jahre noch in der Batterie sind, haben außer
demi täglichen Arbeitsdienst vollauf mit Pferde-
putzen zu tun. Auch hier herrscht also Leute¬
mangel.

Kurz sei noch darauf hingewiesen, daß
die Trennung von Bedienungsleuten und
Fahrern bei den fahrenden Batterien durch¬
aus als ungünstig zu bezeichnen ist. Der
Reitdienst nimmt den Fahrer so in Anspruch,
baß es schwer ist, ihn in genügender Weise
am Geschütz auszubilden, aber wie oft werden
wir in: Ernstfalle gezwungen sein, die Fahrer
als Geschützbedienung zu verwenden, wenn
stärkere Verluste in der vordersten Linie ein¬
getreten sind.

Wie kann diesem Übelstande abgeholfen
werden? Sollen wir darauf dringen, die
dreijährige Dienstzeit bei der fahrenden Ar¬
tillerie wieder einzuführen? Abgesehen davon,
daß ein derartiger Antrag Wohl keine Aussicht
auf Annahme haben dürfte, erscheint er auch
nicht einmal zweckmäßig, Wir könnten dann
bei jeder Batterie jährlich nur eine geringere
Anzahl Leute einstellen, wir hätten weniger
wenn auch besser ausgebildete Reservisten,
jedenfalls aber wäre das Übel, das durch die
neue Wehrvorlage bekämpft werden soll,
größer denn vorher. Ein anderer Vorschlag
geht dahin, zu den Abkommandierungen
minder taugliche Leute zu benutzen. Aber
auch dieser Weg scheint mir nicht gangbar,
denn wie sollten diese Leute organisiert

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werden? Stellt man sie in die aktive Truppe
ein, gibt ihnen dort eine kurze Ausbildung,
und verwendet sie alsdann als Schmiede,
Burschen, Ordonnanzen usw., so sind sie in¬
folge ihrer mangelhaften militärischen Aus¬
bildung mehr oder weniger ein Hindernis
und die Quelle dauernden Ärgers für den
Batteriechef, ganz abgesehen davon, daß wir
im Felde in der Lage sein niüssen, derartige
Leute doch auch in die fechtende Truppe ein¬
zustellen.

Somit bleibt nur das letzte Mittel: Ver¬
mehrung unseres Mannschaftsetats.

Machen sich derartige Mängel bei den
Mannschaften schon fühlbar, so ist dies im
gleichen Maße bei den Offizieren und Unter¬
offizieren der Fall, bei denen noch andere
Momente mitsprechen.

Zählen wir in der Rangliste die dort
verzeichneten Offiziere eines Feldartillerie¬
regiments, so werden sich meist allenfalls
zufriedenstellende Zahlen ergeben. Sehen wir
dagegen genauer hin, so bemerken wir, daß
da auch unendlich viele Abkommandierungen,
Beurlaubungen usw. verzeichnet sind (kleinere
Kommandos und Krankheiten werden nicht
einmal aufgeführt), und daß schließlich nur
ganz wenig Offiziere dem Regiment zürn
Dienst zur Verfügung stehen.

Und genau so ist es mit den Unteroffi¬
zieren. Ein anderer Umstand macht sich nun
aber in besorgniserregender Weise bemerkbar.
Je weniger Offiziere bzw. Unteroffiziere vor¬
handen sind, je größer wird die dienstliche
Belastung des einzelnen, und je größer diese
Belastung ist, um so geringer ist die Lust zu
diesem Beruf. Somit ist man wieder bet
demi Mangel an Offizieren bzw. Unteroffi¬
zieren angekommen, der Ring ist geschlossen.

Und nun zurMobilmachung. Hier spricht
bei weitem mehr als der Mangel an Unter¬
offizieren und Mannschaften der Mangel an
Pferden mit; deshalb betone ich diesen be¬
sonders und streife den Mangel an Personal
nur kurz.

Ich erwähnte schon, daß im Kriege alle
fahrenden Abteilungen völlig gleich gegliedert
sind. Im Frieden jedoch besteht ein wesent¬
licher Unterschied, indem in der Regel die
erste Abteilung jedes Regiments auf mittlerem
Etat steht, d. h. über sechs Bespannungen

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gründlichen Ausbildung keine Rede sein kann.
Sie trägt vielmehr den Charakter des Über¬
eilten, Oberflächlichen. Hieraus ergibt sich
wieder, das; das Ausbildungspersonal infolge
dieser intensiven Arbeit aufs äußerste ange¬
strengt wird. Während für den Mann das
zweite Dienstjahr meist eine Erholung von
der Ausbildungshetze des ersten Jahres be¬
deutet, so kennen die Offiziere und Unter¬
offiziere diese Erholung doch nicht, denn für
sie beginnt im nächsten Jahre die Arbeit von
neuem.

Auch bei den reitenden Batterien liegen
die Verhältnisse insofern nicht besser, als die
wesentlich höhere Pferdezahl so viel Kräfte
absorbiert, daß der Vorteil, dasz jährlich nur
ein Drittel der Mannschaften (tatsächlich etwas
mehr) entlassen wird, reichlich aufgewogen
wird. Die Leute, die im zweiten und dritten
Jahre noch in der Batterie sind, haben außer
demi täglichen Arbeitsdienst vollauf mit Pferde-
putzen zu tun. Auch hier herrscht also Leute¬
mangel.

Kurz sei noch darauf hingewiesen, daß
die Trennung von Bedienungsleuten und
Fahrern bei den fahrenden Batterien durch¬
aus als ungünstig zu bezeichnen ist. Der
Reitdienst nimmt den Fahrer so in Anspruch,
baß es schwer ist, ihn in genügender Weise
am Geschütz auszubilden, aber wie oft werden
wir in: Ernstfalle gezwungen sein, die Fahrer
als Geschützbedienung zu verwenden, wenn
stärkere Verluste in der vordersten Linie ein¬
getreten sind.

Wie kann diesem Übelstande abgeholfen
werden? Sollen wir darauf dringen, die
dreijährige Dienstzeit bei der fahrenden Ar¬
tillerie wieder einzuführen? Abgesehen davon,
daß ein derartiger Antrag Wohl keine Aussicht
auf Annahme haben dürfte, erscheint er auch
nicht einmal zweckmäßig, Wir könnten dann
bei jeder Batterie jährlich nur eine geringere
Anzahl Leute einstellen, wir hätten weniger
wenn auch besser ausgebildete Reservisten,
jedenfalls aber wäre das Übel, das durch die
neue Wehrvorlage bekämpft werden soll,
größer denn vorher. Ein anderer Vorschlag
geht dahin, zu den Abkommandierungen
minder taugliche Leute zu benutzen. Aber
auch dieser Weg scheint mir nicht gangbar,
denn wie sollten diese Leute organisiert

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werden? Stellt man sie in die aktive Truppe
ein, gibt ihnen dort eine kurze Ausbildung,
und verwendet sie alsdann als Schmiede,
Burschen, Ordonnanzen usw., so sind sie in¬
folge ihrer mangelhaften militärischen Aus¬
bildung mehr oder weniger ein Hindernis
und die Quelle dauernden Ärgers für den
Batteriechef, ganz abgesehen davon, daß wir
im Felde in der Lage sein niüssen, derartige
Leute doch auch in die fechtende Truppe ein¬
zustellen.

Somit bleibt nur das letzte Mittel: Ver¬
mehrung unseres Mannschaftsetats.

Machen sich derartige Mängel bei den
Mannschaften schon fühlbar, so ist dies im
gleichen Maße bei den Offizieren und Unter¬
offizieren der Fall, bei denen noch andere
Momente mitsprechen.

Zählen wir in der Rangliste die dort
verzeichneten Offiziere eines Feldartillerie¬
regiments, so werden sich meist allenfalls
zufriedenstellende Zahlen ergeben. Sehen wir
dagegen genauer hin, so bemerken wir, daß
da auch unendlich viele Abkommandierungen,
Beurlaubungen usw. verzeichnet sind (kleinere
Kommandos und Krankheiten werden nicht
einmal aufgeführt), und daß schließlich nur
ganz wenig Offiziere dem Regiment zürn
Dienst zur Verfügung stehen.

Und genau so ist es mit den Unteroffi¬
zieren. Ein anderer Umstand macht sich nun
aber in besorgniserregender Weise bemerkbar.
Je weniger Offiziere bzw. Unteroffiziere vor¬
handen sind, je größer wird die dienstliche
Belastung des einzelnen, und je größer diese
Belastung ist, um so geringer ist die Lust zu
diesem Beruf. Somit ist man wieder bet
demi Mangel an Offizieren bzw. Unteroffi¬
zieren angekommen, der Ring ist geschlossen.

Und nun zurMobilmachung. Hier spricht
bei weitem mehr als der Mangel an Unter¬
offizieren und Mannschaften der Mangel an
Pferden mit; deshalb betone ich diesen be¬
sonders und streife den Mangel an Personal
nur kurz.

Ich erwähnte schon, daß im Kriege alle
fahrenden Abteilungen völlig gleich gegliedert
sind. Im Frieden jedoch besteht ein wesent¬
licher Unterschied, indem in der Regel die
erste Abteilung jedes Regiments auf mittlerem
Etat steht, d. h. über sechs Bespannungen

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[0444] Maßgebliches und Unmaßgebliches gründlichen Ausbildung keine Rede sein kann. Sie trägt vielmehr den Charakter des Über¬ eilten, Oberflächlichen. Hieraus ergibt sich wieder, das; das Ausbildungspersonal infolge dieser intensiven Arbeit aufs äußerste ange¬ strengt wird. Während für den Mann das zweite Dienstjahr meist eine Erholung von der Ausbildungshetze des ersten Jahres be¬ deutet, so kennen die Offiziere und Unter¬ offiziere diese Erholung doch nicht, denn für sie beginnt im nächsten Jahre die Arbeit von neuem. Auch bei den reitenden Batterien liegen die Verhältnisse insofern nicht besser, als die wesentlich höhere Pferdezahl so viel Kräfte absorbiert, daß der Vorteil, dasz jährlich nur ein Drittel der Mannschaften (tatsächlich etwas mehr) entlassen wird, reichlich aufgewogen wird. Die Leute, die im zweiten und dritten Jahre noch in der Batterie sind, haben außer demi täglichen Arbeitsdienst vollauf mit Pferde- putzen zu tun. Auch hier herrscht also Leute¬ mangel. Kurz sei noch darauf hingewiesen, daß die Trennung von Bedienungsleuten und Fahrern bei den fahrenden Batterien durch¬ aus als ungünstig zu bezeichnen ist. Der Reitdienst nimmt den Fahrer so in Anspruch, baß es schwer ist, ihn in genügender Weise am Geschütz auszubilden, aber wie oft werden wir in: Ernstfalle gezwungen sein, die Fahrer als Geschützbedienung zu verwenden, wenn stärkere Verluste in der vordersten Linie ein¬ getreten sind. Wie kann diesem Übelstande abgeholfen werden? Sollen wir darauf dringen, die dreijährige Dienstzeit bei der fahrenden Ar¬ tillerie wieder einzuführen? Abgesehen davon, daß ein derartiger Antrag Wohl keine Aussicht auf Annahme haben dürfte, erscheint er auch nicht einmal zweckmäßig, Wir könnten dann bei jeder Batterie jährlich nur eine geringere Anzahl Leute einstellen, wir hätten weniger wenn auch besser ausgebildete Reservisten, jedenfalls aber wäre das Übel, das durch die neue Wehrvorlage bekämpft werden soll, größer denn vorher. Ein anderer Vorschlag geht dahin, zu den Abkommandierungen minder taugliche Leute zu benutzen. Aber auch dieser Weg scheint mir nicht gangbar, denn wie sollten diese Leute organisiert werden? Stellt man sie in die aktive Truppe ein, gibt ihnen dort eine kurze Ausbildung, und verwendet sie alsdann als Schmiede, Burschen, Ordonnanzen usw., so sind sie in¬ folge ihrer mangelhaften militärischen Aus¬ bildung mehr oder weniger ein Hindernis und die Quelle dauernden Ärgers für den Batteriechef, ganz abgesehen davon, daß wir im Felde in der Lage sein niüssen, derartige Leute doch auch in die fechtende Truppe ein¬ zustellen. Somit bleibt nur das letzte Mittel: Ver¬ mehrung unseres Mannschaftsetats. Machen sich derartige Mängel bei den Mannschaften schon fühlbar, so ist dies im gleichen Maße bei den Offizieren und Unter¬ offizieren der Fall, bei denen noch andere Momente mitsprechen. Zählen wir in der Rangliste die dort verzeichneten Offiziere eines Feldartillerie¬ regiments, so werden sich meist allenfalls zufriedenstellende Zahlen ergeben. Sehen wir dagegen genauer hin, so bemerken wir, daß da auch unendlich viele Abkommandierungen, Beurlaubungen usw. verzeichnet sind (kleinere Kommandos und Krankheiten werden nicht einmal aufgeführt), und daß schließlich nur ganz wenig Offiziere dem Regiment zürn Dienst zur Verfügung stehen. Und genau so ist es mit den Unteroffi¬ zieren. Ein anderer Umstand macht sich nun aber in besorgniserregender Weise bemerkbar. Je weniger Offiziere bzw. Unteroffiziere vor¬ handen sind, je größer wird die dienstliche Belastung des einzelnen, und je größer diese Belastung ist, um so geringer ist die Lust zu diesem Beruf. Somit ist man wieder bet demi Mangel an Offizieren bzw. Unteroffi¬ zieren angekommen, der Ring ist geschlossen. Und nun zurMobilmachung. Hier spricht bei weitem mehr als der Mangel an Unter¬ offizieren und Mannschaften der Mangel an Pferden mit; deshalb betone ich diesen be¬ sonders und streife den Mangel an Personal nur kurz. Ich erwähnte schon, daß im Kriege alle fahrenden Abteilungen völlig gleich gegliedert sind. Im Frieden jedoch besteht ein wesent¬ licher Unterschied, indem in der Regel die erste Abteilung jedes Regiments auf mittlerem Etat steht, d. h. über sechs Bespannungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/444>, abgerufen am 29.06.2024.