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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Stützpunkte und Überseetelcgraphen

es erneut weiter telegraphiert wird. Ein Funkspruch, der über die gleiche
Strecke abgegeben wird, ist mit dieser einen Handlung auch sämtlichen in seiner
Reichweite befindlichen F. T.-Stationen zugegangen; mögen sie sich auf dem
Lande oder auf See an Bord von Schiffen befinden. Es ist klar, daß in
dieser Art die beiden Nachrichtenmittel nicht nur füreinander ergänzend wirken,
sondern daß sie auch jedes an sich für einen Kriegführenden besondere Vorteile
besitzen.

Während nun das eine dieser Verkehrsmittel, die F. T., bei uns schon
soweit berücksichtigt worden ist, daß wir nach den augenblicklich in Schwebe
befindlichen Projekten darauf rechnen können, in absehbarer Zeit zwei größere
Gebiete funkentelegraphischer Verbindungen zu besitzen -- Deutschland mit den
afrikanischen Besitzungen, Tstngtau mit den Südseekolonien --, liegt unser Kabel¬
wesen noch im argen.

Unser nordamerikanisches Kabel wird für unsere Kriegführung nur wenig
in Frage kommen. Wichtiger ist das nach Südamerika gelegte, das eine Ab¬
zweigung nach den westafrtkanischen Kolonien erhalten soll. Leider genügt
dieses den vom strategischen Standpunkt aus zu stellenden Anforderungen in
keiner Weise, denn es hat zwei Landungspunkte, die im Besitz schwächerer
fremder Mächte liegen, auf den kanarischen Inseln und in Liberia. Es ist
dieses ein bedeutender Nachteil in seiner Anlage, da der am leichtesten zu
findende und zu zerstörende Teil eines Kabels an seinen Landungsstellen liegt
und so diese beiden nicht durch deutsche Waffen zu verteidigenden Punkte als
eine schwere Gefährdung der gesamten Kabelverbindung zu betrachten sind.

Gänzlich fehlt noch ein Anschluß an unseren Tsingtau-Südsee-Komplex. Bisher
hängt jenes Gebiet verkehrstechnisch an Kabeln fremder Mächte.

Die Herstellung dieses Anschlusses wird in dem angeführten Artikel des
Nauticus nicht gefordert. Sie mag zunächst auch noch wegen der großen zu
überivindenden Entfernung Schwierigkeiten technischer und pekuniärer Art haben,
ihre Notwendigkeit ist aber unschwer aus den dort gegebenen Darstellungen als
Folgerung zu ziehen.

Weniger einfach ist es, aus seiner Besprechung überseeischer Stützpunkte zu
einem Schluß zu kommen. Es wird nur allgemein der hohe Wert solcher An¬
lagen besprochen und dann kurz gesagt, daß von Deutschland, abgesehen von
dem nicht als Hauptstützpunkt eingerichteten Tsingtau, "anscheinend keine Schritte
getan sind, um andere koloniale Häfen zu Stützpunkten auszubauen."

Da nun ohne Zweifel in dieser Hinsicht eine bedeutende Schwäche Deutsch¬
lands besteht, die zu beseitigen allerdings vielleicht noch fernen Zeiten über¬
lassen bleibt, so sei hier versucht, in kurzer Überlegung festzustellen, was von
uns in Zukunft zu tun sein wird.

Nauticus stellt den Begriff "Stützpunkt" folgendermaßen klar: "Als Stütz¬
punkt kann ein Ort bezeichnet werden, der einzelnen oder allen Anforderungen
als Station des Nachrichten- und Befehlswesens wie des Versorgungs- und


Stützpunkte und Überseetelcgraphen

es erneut weiter telegraphiert wird. Ein Funkspruch, der über die gleiche
Strecke abgegeben wird, ist mit dieser einen Handlung auch sämtlichen in seiner
Reichweite befindlichen F. T.-Stationen zugegangen; mögen sie sich auf dem
Lande oder auf See an Bord von Schiffen befinden. Es ist klar, daß in
dieser Art die beiden Nachrichtenmittel nicht nur füreinander ergänzend wirken,
sondern daß sie auch jedes an sich für einen Kriegführenden besondere Vorteile
besitzen.

Während nun das eine dieser Verkehrsmittel, die F. T., bei uns schon
soweit berücksichtigt worden ist, daß wir nach den augenblicklich in Schwebe
befindlichen Projekten darauf rechnen können, in absehbarer Zeit zwei größere
Gebiete funkentelegraphischer Verbindungen zu besitzen — Deutschland mit den
afrikanischen Besitzungen, Tstngtau mit den Südseekolonien —, liegt unser Kabel¬
wesen noch im argen.

Unser nordamerikanisches Kabel wird für unsere Kriegführung nur wenig
in Frage kommen. Wichtiger ist das nach Südamerika gelegte, das eine Ab¬
zweigung nach den westafrtkanischen Kolonien erhalten soll. Leider genügt
dieses den vom strategischen Standpunkt aus zu stellenden Anforderungen in
keiner Weise, denn es hat zwei Landungspunkte, die im Besitz schwächerer
fremder Mächte liegen, auf den kanarischen Inseln und in Liberia. Es ist
dieses ein bedeutender Nachteil in seiner Anlage, da der am leichtesten zu
findende und zu zerstörende Teil eines Kabels an seinen Landungsstellen liegt
und so diese beiden nicht durch deutsche Waffen zu verteidigenden Punkte als
eine schwere Gefährdung der gesamten Kabelverbindung zu betrachten sind.

Gänzlich fehlt noch ein Anschluß an unseren Tsingtau-Südsee-Komplex. Bisher
hängt jenes Gebiet verkehrstechnisch an Kabeln fremder Mächte.

Die Herstellung dieses Anschlusses wird in dem angeführten Artikel des
Nauticus nicht gefordert. Sie mag zunächst auch noch wegen der großen zu
überivindenden Entfernung Schwierigkeiten technischer und pekuniärer Art haben,
ihre Notwendigkeit ist aber unschwer aus den dort gegebenen Darstellungen als
Folgerung zu ziehen.

Weniger einfach ist es, aus seiner Besprechung überseeischer Stützpunkte zu
einem Schluß zu kommen. Es wird nur allgemein der hohe Wert solcher An¬
lagen besprochen und dann kurz gesagt, daß von Deutschland, abgesehen von
dem nicht als Hauptstützpunkt eingerichteten Tsingtau, „anscheinend keine Schritte
getan sind, um andere koloniale Häfen zu Stützpunkten auszubauen."

Da nun ohne Zweifel in dieser Hinsicht eine bedeutende Schwäche Deutsch¬
lands besteht, die zu beseitigen allerdings vielleicht noch fernen Zeiten über¬
lassen bleibt, so sei hier versucht, in kurzer Überlegung festzustellen, was von
uns in Zukunft zu tun sein wird.

Nauticus stellt den Begriff „Stützpunkt" folgendermaßen klar: „Als Stütz¬
punkt kann ein Ort bezeichnet werden, der einzelnen oder allen Anforderungen
als Station des Nachrichten- und Befehlswesens wie des Versorgungs- und


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[0394] Stützpunkte und Überseetelcgraphen es erneut weiter telegraphiert wird. Ein Funkspruch, der über die gleiche Strecke abgegeben wird, ist mit dieser einen Handlung auch sämtlichen in seiner Reichweite befindlichen F. T.-Stationen zugegangen; mögen sie sich auf dem Lande oder auf See an Bord von Schiffen befinden. Es ist klar, daß in dieser Art die beiden Nachrichtenmittel nicht nur füreinander ergänzend wirken, sondern daß sie auch jedes an sich für einen Kriegführenden besondere Vorteile besitzen. Während nun das eine dieser Verkehrsmittel, die F. T., bei uns schon soweit berücksichtigt worden ist, daß wir nach den augenblicklich in Schwebe befindlichen Projekten darauf rechnen können, in absehbarer Zeit zwei größere Gebiete funkentelegraphischer Verbindungen zu besitzen — Deutschland mit den afrikanischen Besitzungen, Tstngtau mit den Südseekolonien —, liegt unser Kabel¬ wesen noch im argen. Unser nordamerikanisches Kabel wird für unsere Kriegführung nur wenig in Frage kommen. Wichtiger ist das nach Südamerika gelegte, das eine Ab¬ zweigung nach den westafrtkanischen Kolonien erhalten soll. Leider genügt dieses den vom strategischen Standpunkt aus zu stellenden Anforderungen in keiner Weise, denn es hat zwei Landungspunkte, die im Besitz schwächerer fremder Mächte liegen, auf den kanarischen Inseln und in Liberia. Es ist dieses ein bedeutender Nachteil in seiner Anlage, da der am leichtesten zu findende und zu zerstörende Teil eines Kabels an seinen Landungsstellen liegt und so diese beiden nicht durch deutsche Waffen zu verteidigenden Punkte als eine schwere Gefährdung der gesamten Kabelverbindung zu betrachten sind. Gänzlich fehlt noch ein Anschluß an unseren Tsingtau-Südsee-Komplex. Bisher hängt jenes Gebiet verkehrstechnisch an Kabeln fremder Mächte. Die Herstellung dieses Anschlusses wird in dem angeführten Artikel des Nauticus nicht gefordert. Sie mag zunächst auch noch wegen der großen zu überivindenden Entfernung Schwierigkeiten technischer und pekuniärer Art haben, ihre Notwendigkeit ist aber unschwer aus den dort gegebenen Darstellungen als Folgerung zu ziehen. Weniger einfach ist es, aus seiner Besprechung überseeischer Stützpunkte zu einem Schluß zu kommen. Es wird nur allgemein der hohe Wert solcher An¬ lagen besprochen und dann kurz gesagt, daß von Deutschland, abgesehen von dem nicht als Hauptstützpunkt eingerichteten Tsingtau, „anscheinend keine Schritte getan sind, um andere koloniale Häfen zu Stützpunkten auszubauen." Da nun ohne Zweifel in dieser Hinsicht eine bedeutende Schwäche Deutsch¬ lands besteht, die zu beseitigen allerdings vielleicht noch fernen Zeiten über¬ lassen bleibt, so sei hier versucht, in kurzer Überlegung festzustellen, was von uns in Zukunft zu tun sein wird. Nauticus stellt den Begriff „Stützpunkt" folgendermaßen klar: „Als Stütz¬ punkt kann ein Ort bezeichnet werden, der einzelnen oder allen Anforderungen als Station des Nachrichten- und Befehlswesens wie des Versorgungs- und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/394>, abgerufen am 30.06.2024.