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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Stützpunkte und Überseetelegraphen

le politischen Vorgänge der letzten Jahre haben es dazu gebracht,
daß wir in unseren Kriegsvorbereitungen einseitig geworden sind.
Die immer mehr in Erscheinung tretende Zusammenziehung der
europäischen Flotten in ihren heimischen Gewässern hat uns dazu
veranlaßt auch unsere maritime Verteidigung zunächst dahin zu
verstärken, und so sind keine Mittel übrig geblieben, uns auf Kriegshandlungen
in ferner gelegenen Gewässern in dem Maße vorzubereiten, wie es sonst vielleicht
geschehen wäre.

Für jede kriegerische Operation müssen zwei Grundlagen einwandfrei
gesichert sein: Die Verbindung mit der Leitung und dem ganzen Apparat des
Nachrichtenwesens und die Operationsbasis. Sind diese beiden Elemente nicht
absolut zuverlässig, so ist jeder Erfolg der kriegerischen Tätigkeit in Frage
gestellt.

Nach Nauticus, dessen Gedankengang hier mehrmals gefolgt werden muß,
gibt es für das überseeische Nachrichtenwesen, soweit es größere Entfernungen
zu überwinden hat, im Schnellverkehr hauptsächlich zwei Hilfsmittel, die Draht-
telegraphie und die drahtlose Telegraphie (F. T.). Beide Instrumente sind in
ihrer Nutzbarkeit so grundverschieden, daß sie einander nicht ersetzen, sondern
nur ergänzen können. Vom Standpunkt des Strategen aus sollten sie im
Prinzip immer zusammen arbeiten und nur aushilfsweise zur Herstellung der
Verbindung zweier weit voneinander entfernter Punkte dürste das eine ohne
das andere angelegt werden. Der hauptsächlichste Unterschied für den Strategen
ist nämlich der. daß das Kabel mit verhältnismäßiger Sicherheit Punkte an¬
einander knüpft, während die F. T. Flächen bedeckt. Das Kabel überträgt
seine Telegramme mit großer Schnelligkeit, ohne das eine andere als die
gewünschte Empfangsstation es bemerkt. Es ist aber, sobald einmal auf¬
gefunden, leicht zu zerstören und schwer wieder herzustellen. Die F. T.
gebraucht zur Übermittlung längere Zeit als das Kabel. Sie wirkt über
Flächen, wird also von allen in ihrer Reichweite befindlichen Stationen gehört,
ihre Anlagen sind aber von See aus nicht ohne weiteres zu zerstören und
können, wenn die nötigen Reserveteile vorhanden sind, verhältnismäßig schnell
wieder hergestellt werden. Beispielsweise empfängt ein von Berlin nach New Uork
übermitteltes Kabelgramm nur jene Stadt selbst und die Stationen, an welche




Stützpunkte und Überseetelegraphen

le politischen Vorgänge der letzten Jahre haben es dazu gebracht,
daß wir in unseren Kriegsvorbereitungen einseitig geworden sind.
Die immer mehr in Erscheinung tretende Zusammenziehung der
europäischen Flotten in ihren heimischen Gewässern hat uns dazu
veranlaßt auch unsere maritime Verteidigung zunächst dahin zu
verstärken, und so sind keine Mittel übrig geblieben, uns auf Kriegshandlungen
in ferner gelegenen Gewässern in dem Maße vorzubereiten, wie es sonst vielleicht
geschehen wäre.

Für jede kriegerische Operation müssen zwei Grundlagen einwandfrei
gesichert sein: Die Verbindung mit der Leitung und dem ganzen Apparat des
Nachrichtenwesens und die Operationsbasis. Sind diese beiden Elemente nicht
absolut zuverlässig, so ist jeder Erfolg der kriegerischen Tätigkeit in Frage
gestellt.

Nach Nauticus, dessen Gedankengang hier mehrmals gefolgt werden muß,
gibt es für das überseeische Nachrichtenwesen, soweit es größere Entfernungen
zu überwinden hat, im Schnellverkehr hauptsächlich zwei Hilfsmittel, die Draht-
telegraphie und die drahtlose Telegraphie (F. T.). Beide Instrumente sind in
ihrer Nutzbarkeit so grundverschieden, daß sie einander nicht ersetzen, sondern
nur ergänzen können. Vom Standpunkt des Strategen aus sollten sie im
Prinzip immer zusammen arbeiten und nur aushilfsweise zur Herstellung der
Verbindung zweier weit voneinander entfernter Punkte dürste das eine ohne
das andere angelegt werden. Der hauptsächlichste Unterschied für den Strategen
ist nämlich der. daß das Kabel mit verhältnismäßiger Sicherheit Punkte an¬
einander knüpft, während die F. T. Flächen bedeckt. Das Kabel überträgt
seine Telegramme mit großer Schnelligkeit, ohne das eine andere als die
gewünschte Empfangsstation es bemerkt. Es ist aber, sobald einmal auf¬
gefunden, leicht zu zerstören und schwer wieder herzustellen. Die F. T.
gebraucht zur Übermittlung längere Zeit als das Kabel. Sie wirkt über
Flächen, wird also von allen in ihrer Reichweite befindlichen Stationen gehört,
ihre Anlagen sind aber von See aus nicht ohne weiteres zu zerstören und
können, wenn die nötigen Reserveteile vorhanden sind, verhältnismäßig schnell
wieder hergestellt werden. Beispielsweise empfängt ein von Berlin nach New Uork
übermitteltes Kabelgramm nur jene Stadt selbst und die Stationen, an welche


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[0393] [Abbildung] Stützpunkte und Überseetelegraphen le politischen Vorgänge der letzten Jahre haben es dazu gebracht, daß wir in unseren Kriegsvorbereitungen einseitig geworden sind. Die immer mehr in Erscheinung tretende Zusammenziehung der europäischen Flotten in ihren heimischen Gewässern hat uns dazu veranlaßt auch unsere maritime Verteidigung zunächst dahin zu verstärken, und so sind keine Mittel übrig geblieben, uns auf Kriegshandlungen in ferner gelegenen Gewässern in dem Maße vorzubereiten, wie es sonst vielleicht geschehen wäre. Für jede kriegerische Operation müssen zwei Grundlagen einwandfrei gesichert sein: Die Verbindung mit der Leitung und dem ganzen Apparat des Nachrichtenwesens und die Operationsbasis. Sind diese beiden Elemente nicht absolut zuverlässig, so ist jeder Erfolg der kriegerischen Tätigkeit in Frage gestellt. Nach Nauticus, dessen Gedankengang hier mehrmals gefolgt werden muß, gibt es für das überseeische Nachrichtenwesen, soweit es größere Entfernungen zu überwinden hat, im Schnellverkehr hauptsächlich zwei Hilfsmittel, die Draht- telegraphie und die drahtlose Telegraphie (F. T.). Beide Instrumente sind in ihrer Nutzbarkeit so grundverschieden, daß sie einander nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können. Vom Standpunkt des Strategen aus sollten sie im Prinzip immer zusammen arbeiten und nur aushilfsweise zur Herstellung der Verbindung zweier weit voneinander entfernter Punkte dürste das eine ohne das andere angelegt werden. Der hauptsächlichste Unterschied für den Strategen ist nämlich der. daß das Kabel mit verhältnismäßiger Sicherheit Punkte an¬ einander knüpft, während die F. T. Flächen bedeckt. Das Kabel überträgt seine Telegramme mit großer Schnelligkeit, ohne das eine andere als die gewünschte Empfangsstation es bemerkt. Es ist aber, sobald einmal auf¬ gefunden, leicht zu zerstören und schwer wieder herzustellen. Die F. T. gebraucht zur Übermittlung längere Zeit als das Kabel. Sie wirkt über Flächen, wird also von allen in ihrer Reichweite befindlichen Stationen gehört, ihre Anlagen sind aber von See aus nicht ohne weiteres zu zerstören und können, wenn die nötigen Reserveteile vorhanden sind, verhältnismäßig schnell wieder hergestellt werden. Beispielsweise empfängt ein von Berlin nach New Uork übermitteltes Kabelgramm nur jene Stadt selbst und die Stationen, an welche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/393>, abgerufen am 02.07.2024.