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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und die Erschließung "Lhinas

nötig, daß die Wünsche von Männern, die bestrebt sind, unsere Beziehungen
zu China enger zu knüpfen, auf einen aufnahmefähigeren Boden fallen, und
daß ihnen ihre nicht leichte Arbeit in jeder Weise erleichtert wird. Die Er¬
richtung von Schulmuseen erfordert keine nennenswerten materiellen Aufwen¬
dungen und ist dabei doch ein ausgezeichnetes Mittel, die deutsche Leistungsfähigkeit
zu veranschaulichen. -- Außerordentlich beachtliche Bestrebungen gehen im Augen¬
blick auf Anregung der Deutsch-Asiatischen Bank vom Börsenverein der deutschen
Buchhändler zu Leipzig aus. Vielfache Beobachtungen haben ergeben, daß
die deutschen Lehr- und Lernmittel trotz ihrer anerkannten Überlegenheit über
die englischen und amerikanischen, in China nur in sehr geringem Umfang Ein¬
gang gefunden haben, während anglo-amerikanische Bücher, Karten usw. bis
tief ins Land hinein verbreitet sind. "Wie dringend nötig hier durchgreifende
Reformen sind, beweisen die Angaben in dem Mellschen Aufsatz .Das Schul¬
wesen der Provinz Knäng-Tung/ (erschienen im Juliheft der Ostasiatischen
Lehrerzeitung). Durch persönliche Nachfrage in allen Buchhandlungen Kantons
hat Meil festgestellt, daß dort an fremdsprachlichen Werken vorrätig waren:
173 englische, 11 französische und 3 (I) deutsche Bücher. Die allermeisten
dieser Bücher stammten aus der Commercial Preß in Schanghai. Der Katalog
dieser äußerst rührigen Firma verzeichnet beispielsweise: 72 mathematische,
79 naturwissenschaftliche Bücher und Hefte und 24 englische Klassiker"*). Der
Grund für diese unbefriedigender Zustände liegt unzweifelhaft zu einem erheb¬
lichen Teile an der intensiven Lehrtätigkeit, die englisch-amerikanische Missionare
und Lehrer in China entfalten; aber ebenso zweifellos trägt auch unsere bis¬
herige Untätigkeit, die Chinesen von der Überlegenheit der deutschen Lehrmittel
zu überzeugen, an ihnen die Schuld. Wenn der Börsenverein es sich nun
angelegen sein läßt, eine Vereinigung zu schaffen, um den Lehrmittelexport nach
China zu organisieren, so ist das eine Tat, die die weitestgehende Unterstützung
der amtlichen und privaten Kreise Deutschlands heischt. Es ist zu wünschen,
daß die Bestrebungen des Börsenvereins von Erfolg gekrönt sein mögen, da das,
was hier beabsichtigt wird, durch ein englisches Konsortium, an dessen Spitze die
bekannte Buchhändlerfirma Macmillian u. Co. in London steht, und durch ein
amerikanisches Konsortium, an dessen Spitze die American Book Co. steht, längst
besorgt wird.

Nur zur Ergänzung sei endlich noch auf einen Punkt hingewiesen, der
nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem bisher Gesagten steht: wir
müssen Mittel und Wege finden, chinesische Studenten und Studienkommissionen
nach Deutschland zu ziehen. Selbstverständlich hat der planmäßige Ausbau des
englisch-amerikanischen Schulwesens in China zur Folge gehabt, daß englisch¬
amerikanische Art, Sprache, Bildung usw. von allen fremdländischen Kulturen
den meisten Boden in China gewonnen haben und daß sich das Ausland schlecht-



") Aus der Denkschrift des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig.
Deutschland und die Erschließung «Lhinas

nötig, daß die Wünsche von Männern, die bestrebt sind, unsere Beziehungen
zu China enger zu knüpfen, auf einen aufnahmefähigeren Boden fallen, und
daß ihnen ihre nicht leichte Arbeit in jeder Weise erleichtert wird. Die Er¬
richtung von Schulmuseen erfordert keine nennenswerten materiellen Aufwen¬
dungen und ist dabei doch ein ausgezeichnetes Mittel, die deutsche Leistungsfähigkeit
zu veranschaulichen. — Außerordentlich beachtliche Bestrebungen gehen im Augen¬
blick auf Anregung der Deutsch-Asiatischen Bank vom Börsenverein der deutschen
Buchhändler zu Leipzig aus. Vielfache Beobachtungen haben ergeben, daß
die deutschen Lehr- und Lernmittel trotz ihrer anerkannten Überlegenheit über
die englischen und amerikanischen, in China nur in sehr geringem Umfang Ein¬
gang gefunden haben, während anglo-amerikanische Bücher, Karten usw. bis
tief ins Land hinein verbreitet sind. „Wie dringend nötig hier durchgreifende
Reformen sind, beweisen die Angaben in dem Mellschen Aufsatz .Das Schul¬
wesen der Provinz Knäng-Tung/ (erschienen im Juliheft der Ostasiatischen
Lehrerzeitung). Durch persönliche Nachfrage in allen Buchhandlungen Kantons
hat Meil festgestellt, daß dort an fremdsprachlichen Werken vorrätig waren:
173 englische, 11 französische und 3 (I) deutsche Bücher. Die allermeisten
dieser Bücher stammten aus der Commercial Preß in Schanghai. Der Katalog
dieser äußerst rührigen Firma verzeichnet beispielsweise: 72 mathematische,
79 naturwissenschaftliche Bücher und Hefte und 24 englische Klassiker"*). Der
Grund für diese unbefriedigender Zustände liegt unzweifelhaft zu einem erheb¬
lichen Teile an der intensiven Lehrtätigkeit, die englisch-amerikanische Missionare
und Lehrer in China entfalten; aber ebenso zweifellos trägt auch unsere bis¬
herige Untätigkeit, die Chinesen von der Überlegenheit der deutschen Lehrmittel
zu überzeugen, an ihnen die Schuld. Wenn der Börsenverein es sich nun
angelegen sein läßt, eine Vereinigung zu schaffen, um den Lehrmittelexport nach
China zu organisieren, so ist das eine Tat, die die weitestgehende Unterstützung
der amtlichen und privaten Kreise Deutschlands heischt. Es ist zu wünschen,
daß die Bestrebungen des Börsenvereins von Erfolg gekrönt sein mögen, da das,
was hier beabsichtigt wird, durch ein englisches Konsortium, an dessen Spitze die
bekannte Buchhändlerfirma Macmillian u. Co. in London steht, und durch ein
amerikanisches Konsortium, an dessen Spitze die American Book Co. steht, längst
besorgt wird.

Nur zur Ergänzung sei endlich noch auf einen Punkt hingewiesen, der
nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem bisher Gesagten steht: wir
müssen Mittel und Wege finden, chinesische Studenten und Studienkommissionen
nach Deutschland zu ziehen. Selbstverständlich hat der planmäßige Ausbau des
englisch-amerikanischen Schulwesens in China zur Folge gehabt, daß englisch¬
amerikanische Art, Sprache, Bildung usw. von allen fremdländischen Kulturen
den meisten Boden in China gewonnen haben und daß sich das Ausland schlecht-



") Aus der Denkschrift des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/176>, abgerufen am 22.12.2024.