Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Icchrschluß i9<2 Dafür ist solchen Naturen bei dein Reichtum der Einflüsse, die sich in ihnen Iahrschluß M2
as ablaufende Jahr, das in jeder Beziehung so kriegerische und Icchrschluß i9<2 Dafür ist solchen Naturen bei dein Reichtum der Einflüsse, die sich in ihnen Iahrschluß M2
as ablaufende Jahr, das in jeder Beziehung so kriegerische und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0640" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323042"/> <fw type="header" place="top"> Icchrschluß i9<2</fw><lb/> <p xml:id="ID_3113"> Dafür ist solchen Naturen bei dein Reichtum der Einflüsse, die sich in ihnen<lb/> kreuzen, beschieden, eher menschlich begreiflich zu sein und erfaßt zu werden, als<lb/> den Nurkünstlern, die im Grunde weltfremder sind, als Menschen wie Messerschmidt<lb/> mit seinem Cinsamkeitsbedürfnis. So hat sich die dichterische Phantasie dieser<lb/> merkwürdigen Erscheinung in einem Dramolet „Hebe Herkules." eines Preßburger<lb/> Schulmannes bemächtigt. Da schenkt der Künstler, eben aus Rom zurückgekehrt,<lb/> auf einer Donanfahrt einer von ihm verehrten Dame einen herrlichen, aus Holz<lb/> geschnitzten Herkules. Aber die beiden werden vom Schicksal hart auseinander<lb/> gerissen. Erst nach langen Jahren, zu einer Zeit, als der Künstler an einer Hebe<lb/> arbeitet, erscheint ein Graf in seinem Atelier, ein unwissender brutaler Mensch,<lb/> der eine Hebe kaufen will, weil seine Frau es so wünscht. Der Künstler setzt den<lb/> Banausen grob vor die Tür; aber seine Kraft ist zu Ende. Da erscheint im<lb/> letzten Augenblick die Geliebte von ehedem. Es ist die Frau des Grafen, und ihr<lb/> wird die Hebe als Geschenk zuteil. Noch einige Meißelschläge sind nötig zur<lb/> Vollendung, der Künstler will an die Arbeit gehen; jedoch er fühlt, daß seine<lb/> Sendung mit der geistigen Vereinigung von Herkules und Hebe erfüllt ist, und<lb/> mit den Worten: „Hebe Herkulea, ich sehne mich nach Vergötterung", sinkt er<lb/> entseelt vor seinem letzten Meisterwerke zusammen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Iahrschluß M2</head><lb/> <quote type="epigraph"> <p xml:id="ID_3114"> Alle Frciheitsapostcl, sie warm mir immer zuwider;</p> <p xml:id="ID_3115"> Willkür suchte doch nur jeder am Ende für sich.<lb/> Willst du viele befrei'n, so wäg es, Vielen zu dienen.</p> <p xml:id="ID_3116"> Wie gefährlich das sei, willst du es wissen? — Versuch'sI</p> <bibl> Goethe</bibl> </quote><lb/> <p xml:id="ID_3117"> as ablaufende Jahr, das in jeder Beziehung so kriegerische und<lb/> kampfesfrohe — man denke der Revolutionen, Kriege und Partei¬<lb/> kämpfe! —, will sich, scheint es, in der Weltgeschichte sowohl wie<lb/> in der Geschichte Deutschlands noch einen guten Abgang sichern:<lb/> es zieht sich unter dem Klänge internationaler und innerpolitischer<lb/> Friedensschalmeien zurück. In London tagt eine Konferenz von Botschaftern,<lb/> die die Lösung der Balkanfrage und alles dessen, was damit zusammenhängt,<lb/> mit friedlichen Mitteln vorbereiten soll, und zwischen den Redaktionstintenfässern<lb/> der bürgerlichen Blätter Deutschlands zeigt sich so etwas wie versöhnliche Weih¬<lb/> nachtsstimmung, die ein ernstes Bedürfnis nach Ausgleich zwischen den bürger¬<lb/> lichen Parteien widerspiegelt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0640]
Icchrschluß i9<2
Dafür ist solchen Naturen bei dein Reichtum der Einflüsse, die sich in ihnen
kreuzen, beschieden, eher menschlich begreiflich zu sein und erfaßt zu werden, als
den Nurkünstlern, die im Grunde weltfremder sind, als Menschen wie Messerschmidt
mit seinem Cinsamkeitsbedürfnis. So hat sich die dichterische Phantasie dieser
merkwürdigen Erscheinung in einem Dramolet „Hebe Herkules." eines Preßburger
Schulmannes bemächtigt. Da schenkt der Künstler, eben aus Rom zurückgekehrt,
auf einer Donanfahrt einer von ihm verehrten Dame einen herrlichen, aus Holz
geschnitzten Herkules. Aber die beiden werden vom Schicksal hart auseinander
gerissen. Erst nach langen Jahren, zu einer Zeit, als der Künstler an einer Hebe
arbeitet, erscheint ein Graf in seinem Atelier, ein unwissender brutaler Mensch,
der eine Hebe kaufen will, weil seine Frau es so wünscht. Der Künstler setzt den
Banausen grob vor die Tür; aber seine Kraft ist zu Ende. Da erscheint im
letzten Augenblick die Geliebte von ehedem. Es ist die Frau des Grafen, und ihr
wird die Hebe als Geschenk zuteil. Noch einige Meißelschläge sind nötig zur
Vollendung, der Künstler will an die Arbeit gehen; jedoch er fühlt, daß seine
Sendung mit der geistigen Vereinigung von Herkules und Hebe erfüllt ist, und
mit den Worten: „Hebe Herkulea, ich sehne mich nach Vergötterung", sinkt er
entseelt vor seinem letzten Meisterwerke zusammen.
Iahrschluß M2
Alle Frciheitsapostcl, sie warm mir immer zuwider;
Willkür suchte doch nur jeder am Ende für sich.
Willst du viele befrei'n, so wäg es, Vielen zu dienen.
Wie gefährlich das sei, willst du es wissen? — Versuch'sI
Goethe
as ablaufende Jahr, das in jeder Beziehung so kriegerische und
kampfesfrohe — man denke der Revolutionen, Kriege und Partei¬
kämpfe! —, will sich, scheint es, in der Weltgeschichte sowohl wie
in der Geschichte Deutschlands noch einen guten Abgang sichern:
es zieht sich unter dem Klänge internationaler und innerpolitischer
Friedensschalmeien zurück. In London tagt eine Konferenz von Botschaftern,
die die Lösung der Balkanfrage und alles dessen, was damit zusammenhängt,
mit friedlichen Mitteln vorbereiten soll, und zwischen den Redaktionstintenfässern
der bürgerlichen Blätter Deutschlands zeigt sich so etwas wie versöhnliche Weih¬
nachtsstimmung, die ein ernstes Bedürfnis nach Ausgleich zwischen den bürger¬
lichen Parteien widerspiegelt.
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