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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

Preisen zu verknüpfen. Es soll nämlich über einen normalen Höchstpreis hinaus,
der mit 21 Pfennigen in Aussicht genommen ist, das Aktienkapital nur eine
Dividende von 4 Prozent, der Fiskus aber gar keine Gewinnbeteiligung erhalten,
während bei niedrigen Preisen Aktiengewinne und Staatsrente im umgekehrten
Verhältnis zur Preisbewegung ansteigen. Der Plan geht davon aus. daß bei
900 Millionen Liter Absatz bei 20 Pfennig Literpreis die Gesellschaft 5 Prozent
Dividende auf 60 Millionen Aktienkapital, gleich 3 Millionen Mark, das Reich
12 Millionen Gewinn erhalten soll. Beträgt der Preis aber nur 17 Pfennig
für das Liter, so steigt die Dividende auf 9^ Prozent, die Gewinnbeteiligung
des Reichs auf 23,4 Millionen.

Wie man sieht, ist die Durchführbarkeit des Plans davon bedingt, daß die
Monopolgesellschaft mit niedrigen Einkaufspreisen rechnen kann. Denn sie ist
natürlich nur imstande, den Detailpreis auf 17 Pfennige zu fixieren, wenn im
Einkauf es nach Deckung von Zoll, Fracht, Verwaltungsunkosten und Ab¬
schreibungen entsprechend billiger, also etwa auf 14 Pfennige zu stehen käme.
Die Kardinalfrage ist also die, ob und wie die Beschaffung der erforderlichen
Ölmengen möglich ist.

Deutschland ist nun bekanntlich nur in sehr geringem Grade selbst Pro¬
duzent. 80 Prozent des Gesamtbedarfs liefert die Standard-Oil, den Nest
hauptsächlich Rußland, Galizien, Rumänien. Der Entwurf will die Standard-
Oil-Company ausschalten. Er rechnet damit, daß es möglich sein wird, den
Bedarf von anderen unabhängigen Produzenten zu decken. Als solche kommen
die genannten europäischen Länder und einige, vom Rockefeller-Trust angeblich
unabhängige amerikanische Gesellschaften in Betracht.

An sich erscheint es auffallend, daß die Reichsregierung nicht den doch nahe
liegenden Weg gewählt hat, die Versorgungsfrage durch ein Abkommen mit der
Standard-Oil-Company zu lösen. Zu einem solchen wäre der Trust unter
dem Druck der Monopolabsichten zweifellos zu haben gewesen, wie er ja auch
ähnliche Abkommen mit den deutschen Vertriebsgesellschaften geschlossen hat.
Gegen den Trust aber ist der Monopolplan nur dann durchzuführen, wenn er
bei der Versorgung völlig ausgeschaltet werden kann. Denn bliebe die Monopol¬
gesellschaft auch nur mit dem kleinsten Quantum auf ihn angewiesen, so würde
daran die Durchführbarkeit des Monopolplans scheitern müssen.

Es hat nun fast den Anschein, als sei die Regierung in dieser Hinsicht bei
dem Entwurf des Projektes nicht gut beraten gewesen. Pate gestanden hat bei
der Durcharbeitung des Planes die Deutsche Bank mit ihren Petroleum¬
interessenten. Aus dem Zwist, der nach Veröffentlichung des Planes zwischen
ihr und der Diskontogesellschaft ausbrach und dem erbaulichen Federkrieg der
beiden eifersüchtigen Großbanken war das mit aller wünschenswerten Deutlichkeit
zu ersehen. Es wurde aber durch diesen nicht gerade erbaulichen häuslichen
Zank auch offenbar, daß der Rivalität beider Banken sehr materielle Eigen¬
interessen zugrunde lagen. Jede verfolgte bei dem Monopolplan ihren eigenen


Reichsspiegel

Preisen zu verknüpfen. Es soll nämlich über einen normalen Höchstpreis hinaus,
der mit 21 Pfennigen in Aussicht genommen ist, das Aktienkapital nur eine
Dividende von 4 Prozent, der Fiskus aber gar keine Gewinnbeteiligung erhalten,
während bei niedrigen Preisen Aktiengewinne und Staatsrente im umgekehrten
Verhältnis zur Preisbewegung ansteigen. Der Plan geht davon aus. daß bei
900 Millionen Liter Absatz bei 20 Pfennig Literpreis die Gesellschaft 5 Prozent
Dividende auf 60 Millionen Aktienkapital, gleich 3 Millionen Mark, das Reich
12 Millionen Gewinn erhalten soll. Beträgt der Preis aber nur 17 Pfennig
für das Liter, so steigt die Dividende auf 9^ Prozent, die Gewinnbeteiligung
des Reichs auf 23,4 Millionen.

Wie man sieht, ist die Durchführbarkeit des Plans davon bedingt, daß die
Monopolgesellschaft mit niedrigen Einkaufspreisen rechnen kann. Denn sie ist
natürlich nur imstande, den Detailpreis auf 17 Pfennige zu fixieren, wenn im
Einkauf es nach Deckung von Zoll, Fracht, Verwaltungsunkosten und Ab¬
schreibungen entsprechend billiger, also etwa auf 14 Pfennige zu stehen käme.
Die Kardinalfrage ist also die, ob und wie die Beschaffung der erforderlichen
Ölmengen möglich ist.

Deutschland ist nun bekanntlich nur in sehr geringem Grade selbst Pro¬
duzent. 80 Prozent des Gesamtbedarfs liefert die Standard-Oil, den Nest
hauptsächlich Rußland, Galizien, Rumänien. Der Entwurf will die Standard-
Oil-Company ausschalten. Er rechnet damit, daß es möglich sein wird, den
Bedarf von anderen unabhängigen Produzenten zu decken. Als solche kommen
die genannten europäischen Länder und einige, vom Rockefeller-Trust angeblich
unabhängige amerikanische Gesellschaften in Betracht.

An sich erscheint es auffallend, daß die Reichsregierung nicht den doch nahe
liegenden Weg gewählt hat, die Versorgungsfrage durch ein Abkommen mit der
Standard-Oil-Company zu lösen. Zu einem solchen wäre der Trust unter
dem Druck der Monopolabsichten zweifellos zu haben gewesen, wie er ja auch
ähnliche Abkommen mit den deutschen Vertriebsgesellschaften geschlossen hat.
Gegen den Trust aber ist der Monopolplan nur dann durchzuführen, wenn er
bei der Versorgung völlig ausgeschaltet werden kann. Denn bliebe die Monopol¬
gesellschaft auch nur mit dem kleinsten Quantum auf ihn angewiesen, so würde
daran die Durchführbarkeit des Monopolplans scheitern müssen.

Es hat nun fast den Anschein, als sei die Regierung in dieser Hinsicht bei
dem Entwurf des Projektes nicht gut beraten gewesen. Pate gestanden hat bei
der Durcharbeitung des Planes die Deutsche Bank mit ihren Petroleum¬
interessenten. Aus dem Zwist, der nach Veröffentlichung des Planes zwischen
ihr und der Diskontogesellschaft ausbrach und dem erbaulichen Federkrieg der
beiden eifersüchtigen Großbanken war das mit aller wünschenswerten Deutlichkeit
zu ersehen. Es wurde aber durch diesen nicht gerade erbaulichen häuslichen
Zank auch offenbar, daß der Rivalität beider Banken sehr materielle Eigen¬
interessen zugrunde lagen. Jede verfolgte bei dem Monopolplan ihren eigenen


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[0299] Reichsspiegel Preisen zu verknüpfen. Es soll nämlich über einen normalen Höchstpreis hinaus, der mit 21 Pfennigen in Aussicht genommen ist, das Aktienkapital nur eine Dividende von 4 Prozent, der Fiskus aber gar keine Gewinnbeteiligung erhalten, während bei niedrigen Preisen Aktiengewinne und Staatsrente im umgekehrten Verhältnis zur Preisbewegung ansteigen. Der Plan geht davon aus. daß bei 900 Millionen Liter Absatz bei 20 Pfennig Literpreis die Gesellschaft 5 Prozent Dividende auf 60 Millionen Aktienkapital, gleich 3 Millionen Mark, das Reich 12 Millionen Gewinn erhalten soll. Beträgt der Preis aber nur 17 Pfennig für das Liter, so steigt die Dividende auf 9^ Prozent, die Gewinnbeteiligung des Reichs auf 23,4 Millionen. Wie man sieht, ist die Durchführbarkeit des Plans davon bedingt, daß die Monopolgesellschaft mit niedrigen Einkaufspreisen rechnen kann. Denn sie ist natürlich nur imstande, den Detailpreis auf 17 Pfennige zu fixieren, wenn im Einkauf es nach Deckung von Zoll, Fracht, Verwaltungsunkosten und Ab¬ schreibungen entsprechend billiger, also etwa auf 14 Pfennige zu stehen käme. Die Kardinalfrage ist also die, ob und wie die Beschaffung der erforderlichen Ölmengen möglich ist. Deutschland ist nun bekanntlich nur in sehr geringem Grade selbst Pro¬ duzent. 80 Prozent des Gesamtbedarfs liefert die Standard-Oil, den Nest hauptsächlich Rußland, Galizien, Rumänien. Der Entwurf will die Standard- Oil-Company ausschalten. Er rechnet damit, daß es möglich sein wird, den Bedarf von anderen unabhängigen Produzenten zu decken. Als solche kommen die genannten europäischen Länder und einige, vom Rockefeller-Trust angeblich unabhängige amerikanische Gesellschaften in Betracht. An sich erscheint es auffallend, daß die Reichsregierung nicht den doch nahe liegenden Weg gewählt hat, die Versorgungsfrage durch ein Abkommen mit der Standard-Oil-Company zu lösen. Zu einem solchen wäre der Trust unter dem Druck der Monopolabsichten zweifellos zu haben gewesen, wie er ja auch ähnliche Abkommen mit den deutschen Vertriebsgesellschaften geschlossen hat. Gegen den Trust aber ist der Monopolplan nur dann durchzuführen, wenn er bei der Versorgung völlig ausgeschaltet werden kann. Denn bliebe die Monopol¬ gesellschaft auch nur mit dem kleinsten Quantum auf ihn angewiesen, so würde daran die Durchführbarkeit des Monopolplans scheitern müssen. Es hat nun fast den Anschein, als sei die Regierung in dieser Hinsicht bei dem Entwurf des Projektes nicht gut beraten gewesen. Pate gestanden hat bei der Durcharbeitung des Planes die Deutsche Bank mit ihren Petroleum¬ interessenten. Aus dem Zwist, der nach Veröffentlichung des Planes zwischen ihr und der Diskontogesellschaft ausbrach und dem erbaulichen Federkrieg der beiden eifersüchtigen Großbanken war das mit aller wünschenswerten Deutlichkeit zu ersehen. Es wurde aber durch diesen nicht gerade erbaulichen häuslichen Zank auch offenbar, daß der Rivalität beider Banken sehr materielle Eigen¬ interessen zugrunde lagen. Jede verfolgte bei dem Monopolplan ihren eigenen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/299>, abgerufen am 15.01.2025.