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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Rcichsspiegel

Standard-Oil-Compam) für recht hält, muß er in gleicher Weise gegenüber den
großkapitalistischen Riesenunternehmungen für billig finden, welche einheimische
Bodenschätze, wie Kohle und Kali, oder die Versorgung mit Elektrizität zum
Gegenstand ihrer Monopolbestrebungen machen. Diese bewußte Ausdehnung
der staatlichen Aufgaben, welche dem Projekt zugrunde liegt, verdient um so
mehr hervorgehoben zu werden, als gerade in diesem Punkt sich eine offene
gegnerische Kritik nicht hervorgewagt hat. Der Begriff des Staatssozialismus
hat seine Schrecken verloren.

Die zweite Seite, welche das Projekt in günstigem Lichte erscheinen läßte
ist der Schutz des Konsums gegen Ausbeutung. Beträgt doch der jährliche
Verbrauch Deutschlands an Leuchtöl nicht viel weniger als eine Milliarde Liter.
Jeder Pfennig Preisaufschlag setzt sich daher in eine Besteuerung des Konsums
von 10 Millionen Mark um. Freilich liegt einstweilen eine Ausbeutung der
Verbraucher durch den Rockefeller-Trust noch nicht vor; im Gegenteil, durch den
Konkurrenzkampf mit den Gegnern sind die Preise während der letzten Jahre
in Deutschland auf niedrigem Niveau geblieben, sie haben im Durchschnitt nur
etwa 15^2 Pfennig betragen und sind erst 1912 teilweise über 17 Pfennig
gestiegen. Dagegen rechnet der Regierungsplan mit einem Normalpreis von
21 Pfennigen ab Tankanlage, so daß also die unmittelbare Wirkung des
Monopols nicht etwa eine Verbilligung sein wird. Nur einer späteren Aus¬
beutung durch das Privatmonopol wird ein Riegel vorgeschoben.

Drittens endlich darf man es mit Genugtuung begrüßen, daß das Reich
durch diesen Plan finanzielle Vorteile erstrebt. Zwar verwahrt sich die
Reichsregierung entschieden gegen den Gedanken, daß der Monopolplan eine
verdeckte Verbrauchsabgabe schaffen wolle. Nicht zur Aufbesserung der laufenden
Einnahmen des Reichs, sondern zur Erfüllung besonderer sozialpolitischer Auf¬
gaben sollen die Erträgnisse des Monopols dienen. Aber das Ergebnis ist
doch jedenfalls das: die großen Gewinne, welche sonst einer Monopolgesellschaft
zugeflossen wären, sollen der Allgemeinheit zu gute kommen und der Erfüllung
öffentlicher Aufgaben dienen.

Kann man also den Grundgedanken des Monopols rückhaltlos zustimmen,
so verdient in gleicher Weise die geplante Durchführung Beifall. Der
Gedanke, das Handelsmonopol nicht in die Hände des Staats, sondern in die
einer unter staatlicher Kontrolle stehenden Privatgesellschaft zu legen und dem
Unternehmen damit kaufmännische Beweglichkeit zu sichern, ist im allgemeinen
durch das Vorbild der Neichsbank veranlaßt. Im einzelnen dagegen finden
sich bedeutende Abweichungen, entsprechend der verschiedenen Struktur und den
verschiedenen Aufgaben beider Unternehmungen. So die dauernde finanzielle
Beteiligung des Reichs durch Aktienbesitz, dem durch Beilegung fünffachen
Stimmrechts die dauernde Beherrschung der Gesellschaft gesichert ist, so vor allem
die ganz neuartige Gewinnregulierung, welche darauf abzielt, das finanzielle
Interesse der Gesellschaft und des Fiskus nicht mit hohen, sondern mit niedrigen


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Standard-Oil-Compam) für recht hält, muß er in gleicher Weise gegenüber den
großkapitalistischen Riesenunternehmungen für billig finden, welche einheimische
Bodenschätze, wie Kohle und Kali, oder die Versorgung mit Elektrizität zum
Gegenstand ihrer Monopolbestrebungen machen. Diese bewußte Ausdehnung
der staatlichen Aufgaben, welche dem Projekt zugrunde liegt, verdient um so
mehr hervorgehoben zu werden, als gerade in diesem Punkt sich eine offene
gegnerische Kritik nicht hervorgewagt hat. Der Begriff des Staatssozialismus
hat seine Schrecken verloren.

Die zweite Seite, welche das Projekt in günstigem Lichte erscheinen läßte
ist der Schutz des Konsums gegen Ausbeutung. Beträgt doch der jährliche
Verbrauch Deutschlands an Leuchtöl nicht viel weniger als eine Milliarde Liter.
Jeder Pfennig Preisaufschlag setzt sich daher in eine Besteuerung des Konsums
von 10 Millionen Mark um. Freilich liegt einstweilen eine Ausbeutung der
Verbraucher durch den Rockefeller-Trust noch nicht vor; im Gegenteil, durch den
Konkurrenzkampf mit den Gegnern sind die Preise während der letzten Jahre
in Deutschland auf niedrigem Niveau geblieben, sie haben im Durchschnitt nur
etwa 15^2 Pfennig betragen und sind erst 1912 teilweise über 17 Pfennig
gestiegen. Dagegen rechnet der Regierungsplan mit einem Normalpreis von
21 Pfennigen ab Tankanlage, so daß also die unmittelbare Wirkung des
Monopols nicht etwa eine Verbilligung sein wird. Nur einer späteren Aus¬
beutung durch das Privatmonopol wird ein Riegel vorgeschoben.

Drittens endlich darf man es mit Genugtuung begrüßen, daß das Reich
durch diesen Plan finanzielle Vorteile erstrebt. Zwar verwahrt sich die
Reichsregierung entschieden gegen den Gedanken, daß der Monopolplan eine
verdeckte Verbrauchsabgabe schaffen wolle. Nicht zur Aufbesserung der laufenden
Einnahmen des Reichs, sondern zur Erfüllung besonderer sozialpolitischer Auf¬
gaben sollen die Erträgnisse des Monopols dienen. Aber das Ergebnis ist
doch jedenfalls das: die großen Gewinne, welche sonst einer Monopolgesellschaft
zugeflossen wären, sollen der Allgemeinheit zu gute kommen und der Erfüllung
öffentlicher Aufgaben dienen.

Kann man also den Grundgedanken des Monopols rückhaltlos zustimmen,
so verdient in gleicher Weise die geplante Durchführung Beifall. Der
Gedanke, das Handelsmonopol nicht in die Hände des Staats, sondern in die
einer unter staatlicher Kontrolle stehenden Privatgesellschaft zu legen und dem
Unternehmen damit kaufmännische Beweglichkeit zu sichern, ist im allgemeinen
durch das Vorbild der Neichsbank veranlaßt. Im einzelnen dagegen finden
sich bedeutende Abweichungen, entsprechend der verschiedenen Struktur und den
verschiedenen Aufgaben beider Unternehmungen. So die dauernde finanzielle
Beteiligung des Reichs durch Aktienbesitz, dem durch Beilegung fünffachen
Stimmrechts die dauernde Beherrschung der Gesellschaft gesichert ist, so vor allem
die ganz neuartige Gewinnregulierung, welche darauf abzielt, das finanzielle
Interesse der Gesellschaft und des Fiskus nicht mit hohen, sondern mit niedrigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/298>, abgerufen am 15.01.2025.