Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Reichsspiegel Es gälte dann, mit ganzer Kraft sich wirtschaftlich auf alle Eventualitäten Unter diesen Umständen gewinnt natürlich die Frage nach der finanziellen Indessen sind wir von dem Ziele, der Reichsbank einen Goldschatz zu Erfreulicherweise ist nun auf dem Bankiertag in München, der sich auch Interessant ist, daß der früher, in der Bankenquete und auch nachher noch, Grenzboten IV 1912 Is
Reichsspiegel Es gälte dann, mit ganzer Kraft sich wirtschaftlich auf alle Eventualitäten Unter diesen Umständen gewinnt natürlich die Frage nach der finanziellen Indessen sind wir von dem Ziele, der Reichsbank einen Goldschatz zu Erfreulicherweise ist nun auf dem Bankiertag in München, der sich auch Interessant ist, daß der früher, in der Bankenquete und auch nachher noch, Grenzboten IV 1912 Is
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Reichsspiegel
Es gälte dann, mit ganzer Kraft sich wirtschaftlich auf alle Eventualitäten
zu rüsten.
Unter diesen Umständen gewinnt natürlich die Frage nach der finanziellen
Kriegsbereitschaft Deutschlands ein erhöhtes aktuelles, wenn auch glücklicher¬
weise einstweilen nur theoretisches Interesse. Lager die Dinge hinsichtlich der
Finanzkraft Deutschlands so, wie man sie im Ausland bei unseren guten
Freunden noch bis vor kurzem wieder und wieder zu schildern beliebte — wir
hätten dann allen Grund, europäischen Verwicklungen sorgenvoll entgegenzusehen.
Glücklicherweise aber haben wir soeben erst den Beweis dafür erbracht, daß
unsere Geldverhältnisse eine ganz unerwartete und erstaunliche Elastizität besitzen.
Angesichts der gespannten Lage des Geldmarktes im Vorsommer und den täglich
wachsenden Ansprüchen der Industrie und der Börse mußte man mit Sicherheit
darauf rechnen, daß die Reichsbank vor dem Beginn des Herbstquartals ihren
Zinsfuß erhöhen würde, um so mehr als der Privatdiskont sich hart in der
Nähe der Bankrate hielt. Nun hat sich aber, man kann sagen verblüffender
Weise herausgestellt, daß es der Bank trotz einer gewaltigen Inanspruchnahme
am Ende September möglich war, diesen gefurchtsten Termin ohne Diskont¬
erhöhung zu überwinden. DerReichsbankpräsidenthatbeiKonstatierungdieserTatsache
ausdrücklich hervorgehoben, daß dieses erfreuliche Resultat der vorsichtigeren
Disposition zu verdanken sei, welche die Banken sich haben angelegen sein
lassen. Es zeigt sich also, daß bei gutem Willen der Beteiligten viel erreicht
werden kann.
Indessen sind wir von dem Ziele, der Reichsbank einen Goldschatz zu
sichern, der sie auch den schwierigsten Wechselfällen gegenüber gewappnet
erscheinen läßt, noch weit genug entfernt. Müßte der Goldbestand zu diesem
Behuf doch ungefähr auf das Doppelte seiner gegenwärtigen Höhe anwachsenl
Erfreulicherweise ist nun auf dem Bankiertag in München, der sich auch
mit der Erörterung dieser Frage befaßt hat, der ernste Wille und die Bereitschaft
der Großbanken zutage getreten, an dieser wichtigsten Aufgabe unserer nationalen
Wirtschaft mitzuarbeiten. Das ausgezeichnete Referat des Direktors der Deutschen
Bank Helfferich darf nach dieser Richtung als eine programmatische Erklärung
angesehen werden.
Interessant ist, daß der früher, in der Bankenquete und auch nachher noch,
besonders von Rießer, lebhaft «erfochtene Widerspruch gegen die Erhöhung der
Giroguthaben der Banken fallen gelassen wurde. Es besteht also nunmehr in
dieser schwerwiegenden und entscheidenden Frage Einigkeit zwischen der Reichs¬
bank und den Großbanken. Demgegenüber hat es wenig zu bedeuten, wenn in
einer Art Rückzugsgefecht der Referent Helfferich die Staatsverwaltung und die
Seehandlung mit der Behauptung angriff, daß sie nicht auf genügende bare
Kassenbestände hielten. Dieselbe wurde von feiten der Regierung sofort ziffern¬
mäßig und in energischer Form widerlegt. Auch über die Empfehlung des
Hilfsmittels der kleinen Noten zur Vermehrung des Goldbestandes der Reichs-
Grenzboten IV 1912 Is
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