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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die deutsche Rheinmündung

durch den Kanal selbst hervorgebrachte Verkehrsbelebung mit in Rechnung
gezogen würde.

Erscheint danach die Frage der Wirtschaftlichkeit des Kanals eine gute, so
bleibt die Bausumme eine außerordentlich hohe. Diesen Bedenken stehen
aber jene beregten außerordentlichen Vorteile für die ganze deutsche Volks¬
wirtschaft gegenüber. Besonders ist zu erwägen, daß es sich hier um eine
dauernde Anlage zur Hebung der Wohlfahrt des Reiches, insbesondere der
Industrie und der in ihr arbeitenden, nach Millionen zählenden und sich jährlich
um Hunderttausende vermehrenden Köpfe und Hände handelt, um eine einmalige
Ausgabe, die nicht die Hälfte der jährlichen Wehrausgaben erreicht (und die
sich überdies noch aller Voraussicht nach auch unmittelbar gut verzinsen wird).

Gleichwohl dürften Preußen und das Reich wie ihre Steuerzahler kaum
geneigt sein, ein Unternehmen solcher Tragweite allein aufzunehmen. Es wäre
daher wohl zu überlegen, ob nicht das finanzielle Aufbringen und die ganze
Kanalbauunternehmung auf andere Grundlage als die der ausschließlichen
Staatsunternehmung gestellt werden könnte, indem man davon ausginge, die
am nächsten am Kanalbau interessierten Kreise in geeigneter Weise an der
Unternehmung und ihrer Finanzierung zu beteiligen.

In dieser Richtung könnte man nun zunächst als billige Forderung auf¬
stellen, daß der Grund und Boden für den Kanalbau von denjenigen bereit
gestellt werde, deren Grundbesitz durch den Kanalbau in ganz außer¬
ordentlicher Weise im Werte gesteigert wird. d. h. also von den Grundbesitzern
der durchschnittenen, heute noch zum überwiegenden Teile geringwertigen Grenz¬
kreise vom Rheingebiet bis zur Emsmündung, Die Kreisverwaltungsorgane
wären hier die berufenen Vermittler dieser zunächst passiven Beteiligung der
Einwohner "der beteiligten Kreise.

Weiterhin schiene nicht unbillig, diejenigen besonders heranzuziehen, deren
Gewerbe, deren industrielles Kapital durch den Kanalbau besonders im Werte
gesteigert wird; das sind die großen gewerblichen und bergbaulichen Unter¬
nehmungen des Jndustriereviers oder wenigstens des im Bereiche einer näheren
Kanalzone belegenen Teiles des Reviers.

Sodann wären als besonders Interessierte die weiteren Bevölkerungskreise
der zunächst begünstigten Lande, Rheinland und Westfalen und zum Teil auch
Hannover, heranzuziehen. Hier wären die geborenen Träger der Beteiligung
die Landes-, die Provinzialverbände.

Nach angemessener Heranziehung aller dieser Interessenten wäre es endlich
auch an dem Staate, an Preußen, und an den: Reiche, an einem die Wohlfahrt
so großer Kreise des Landes und des Reiches fördernden Unternehmen gebührenden
Anteil zu nehmen. -- Es muß also hier ein Zusammenarbeiten aller interessierten
Teile vom Privatmann' bis zum Reiche stattfinden. Ein solches Zusammen¬
arbeiten von Staat, Kommunen und Privaten, auch unter rechtlichem Zusammen¬
schluß zu einer Unternehmungsgesellschaft, ist heute in der Zeit der Teilnahme


Die deutsche Rheinmündung

durch den Kanal selbst hervorgebrachte Verkehrsbelebung mit in Rechnung
gezogen würde.

Erscheint danach die Frage der Wirtschaftlichkeit des Kanals eine gute, so
bleibt die Bausumme eine außerordentlich hohe. Diesen Bedenken stehen
aber jene beregten außerordentlichen Vorteile für die ganze deutsche Volks¬
wirtschaft gegenüber. Besonders ist zu erwägen, daß es sich hier um eine
dauernde Anlage zur Hebung der Wohlfahrt des Reiches, insbesondere der
Industrie und der in ihr arbeitenden, nach Millionen zählenden und sich jährlich
um Hunderttausende vermehrenden Köpfe und Hände handelt, um eine einmalige
Ausgabe, die nicht die Hälfte der jährlichen Wehrausgaben erreicht (und die
sich überdies noch aller Voraussicht nach auch unmittelbar gut verzinsen wird).

Gleichwohl dürften Preußen und das Reich wie ihre Steuerzahler kaum
geneigt sein, ein Unternehmen solcher Tragweite allein aufzunehmen. Es wäre
daher wohl zu überlegen, ob nicht das finanzielle Aufbringen und die ganze
Kanalbauunternehmung auf andere Grundlage als die der ausschließlichen
Staatsunternehmung gestellt werden könnte, indem man davon ausginge, die
am nächsten am Kanalbau interessierten Kreise in geeigneter Weise an der
Unternehmung und ihrer Finanzierung zu beteiligen.

In dieser Richtung könnte man nun zunächst als billige Forderung auf¬
stellen, daß der Grund und Boden für den Kanalbau von denjenigen bereit
gestellt werde, deren Grundbesitz durch den Kanalbau in ganz außer¬
ordentlicher Weise im Werte gesteigert wird. d. h. also von den Grundbesitzern
der durchschnittenen, heute noch zum überwiegenden Teile geringwertigen Grenz¬
kreise vom Rheingebiet bis zur Emsmündung, Die Kreisverwaltungsorgane
wären hier die berufenen Vermittler dieser zunächst passiven Beteiligung der
Einwohner »der beteiligten Kreise.

Weiterhin schiene nicht unbillig, diejenigen besonders heranzuziehen, deren
Gewerbe, deren industrielles Kapital durch den Kanalbau besonders im Werte
gesteigert wird; das sind die großen gewerblichen und bergbaulichen Unter¬
nehmungen des Jndustriereviers oder wenigstens des im Bereiche einer näheren
Kanalzone belegenen Teiles des Reviers.

Sodann wären als besonders Interessierte die weiteren Bevölkerungskreise
der zunächst begünstigten Lande, Rheinland und Westfalen und zum Teil auch
Hannover, heranzuziehen. Hier wären die geborenen Träger der Beteiligung
die Landes-, die Provinzialverbände.

Nach angemessener Heranziehung aller dieser Interessenten wäre es endlich
auch an dem Staate, an Preußen, und an den: Reiche, an einem die Wohlfahrt
so großer Kreise des Landes und des Reiches fördernden Unternehmen gebührenden
Anteil zu nehmen. — Es muß also hier ein Zusammenarbeiten aller interessierten
Teile vom Privatmann' bis zum Reiche stattfinden. Ein solches Zusammen¬
arbeiten von Staat, Kommunen und Privaten, auch unter rechtlichem Zusammen¬
schluß zu einer Unternehmungsgesellschaft, ist heute in der Zeit der Teilnahme


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[0072] Die deutsche Rheinmündung durch den Kanal selbst hervorgebrachte Verkehrsbelebung mit in Rechnung gezogen würde. Erscheint danach die Frage der Wirtschaftlichkeit des Kanals eine gute, so bleibt die Bausumme eine außerordentlich hohe. Diesen Bedenken stehen aber jene beregten außerordentlichen Vorteile für die ganze deutsche Volks¬ wirtschaft gegenüber. Besonders ist zu erwägen, daß es sich hier um eine dauernde Anlage zur Hebung der Wohlfahrt des Reiches, insbesondere der Industrie und der in ihr arbeitenden, nach Millionen zählenden und sich jährlich um Hunderttausende vermehrenden Köpfe und Hände handelt, um eine einmalige Ausgabe, die nicht die Hälfte der jährlichen Wehrausgaben erreicht (und die sich überdies noch aller Voraussicht nach auch unmittelbar gut verzinsen wird). Gleichwohl dürften Preußen und das Reich wie ihre Steuerzahler kaum geneigt sein, ein Unternehmen solcher Tragweite allein aufzunehmen. Es wäre daher wohl zu überlegen, ob nicht das finanzielle Aufbringen und die ganze Kanalbauunternehmung auf andere Grundlage als die der ausschließlichen Staatsunternehmung gestellt werden könnte, indem man davon ausginge, die am nächsten am Kanalbau interessierten Kreise in geeigneter Weise an der Unternehmung und ihrer Finanzierung zu beteiligen. In dieser Richtung könnte man nun zunächst als billige Forderung auf¬ stellen, daß der Grund und Boden für den Kanalbau von denjenigen bereit gestellt werde, deren Grundbesitz durch den Kanalbau in ganz außer¬ ordentlicher Weise im Werte gesteigert wird. d. h. also von den Grundbesitzern der durchschnittenen, heute noch zum überwiegenden Teile geringwertigen Grenz¬ kreise vom Rheingebiet bis zur Emsmündung, Die Kreisverwaltungsorgane wären hier die berufenen Vermittler dieser zunächst passiven Beteiligung der Einwohner »der beteiligten Kreise. Weiterhin schiene nicht unbillig, diejenigen besonders heranzuziehen, deren Gewerbe, deren industrielles Kapital durch den Kanalbau besonders im Werte gesteigert wird; das sind die großen gewerblichen und bergbaulichen Unter¬ nehmungen des Jndustriereviers oder wenigstens des im Bereiche einer näheren Kanalzone belegenen Teiles des Reviers. Sodann wären als besonders Interessierte die weiteren Bevölkerungskreise der zunächst begünstigten Lande, Rheinland und Westfalen und zum Teil auch Hannover, heranzuziehen. Hier wären die geborenen Träger der Beteiligung die Landes-, die Provinzialverbände. Nach angemessener Heranziehung aller dieser Interessenten wäre es endlich auch an dem Staate, an Preußen, und an den: Reiche, an einem die Wohlfahrt so großer Kreise des Landes und des Reiches fördernden Unternehmen gebührenden Anteil zu nehmen. — Es muß also hier ein Zusammenarbeiten aller interessierten Teile vom Privatmann' bis zum Reiche stattfinden. Ein solches Zusammen¬ arbeiten von Staat, Kommunen und Privaten, auch unter rechtlichem Zusammen¬ schluß zu einer Unternehmungsgesellschaft, ist heute in der Zeit der Teilnahme

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/72>, abgerufen am 03.07.2024.