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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die deutsche Rheinmündung

fernem Ausgangspunktes des Kanals, in den Vorschlägen der vielen, die Schiffahrt
behindernden und die Kanalunterhaltung verteuernden Schleusen samt dem durch
die Schleusenführung gebotenen kostspieligen Rheinpumpwerk, in der Berechnung
der Wirtschaftlichkeit und viertens in dem damit zusammenhängenden Ansätze
eines Tiefganges von nur 4.5 Meter.

Um zunächst auf die Höhe der Schleusenzahl einzugehen, so ist den Ver¬
fassern zweifellos Recht zu geben, daß schon allein infolge des Höhenunterschiedes
zwischen Niederrhein und der Emsmündung von rund 15 Meter eine Abstiegs¬
schleuse notwendig ist. Bezüglich der sechs weiteren Schleusen ist allerdings auch
nach den Ausführungen der Studie die Frage der Notwendigkeit wohl aufzu¬
werfen. Deun zunächst bleibt die Tatsache bestehen, daß die Schleusen mit
wachsender Zahl ein um so lästigeres und kostspieligeres Verkehrshindernis bilden.
Der Einwand, daß die Verzögerung nicht ins Gewicht falle, weil nur eine Durch¬
schleusungsdauer von dreiviertel Stunden pro Schleuse, also rund sechs Stunde"
für alle Schleusen eintrete, erscheint nicht ganz durchschlagend, da sechs Stunden
immerhin ein Zehntel bis ein Zwanzigstel der Gesamtfahrzeit ausmachen werden,
eine Verzögerung, die gegenüber der Fahrtdauer auf dem Rheinstromweg um
so mehr ins Gewicht fällt, als der Kanalwcg so wie so wegen seiner um 40 Kilo¬
meter weiteren Strecke eine längere Fahrzeit erfordert. Es wäre daher schon
im Nahmen der Pläne der Verfasser eine Schleusenminderung erwägenswert
und vielleicht auch mit Rücksicht auf die Baukosten nicht unausführbar. Daß
zunächst die Baukosten an sich durch die Anlage der Schleusen vermindert werden,
dürfte nicht zu bestreiten sein, da sonst ganz gewaltige Mehrbodenbewegungen
notwendig würden. Indessen müßten zunächst hierauf die Ersparnisse in An¬
rechnung gebracht werden, die sich aus dem Wegfalle der Bau- und Betriebs¬
kosten der nicht notwendigen Schleusen und Pumpanlagen ergeben. Diese Er¬
sparnisse dürften sich einschließlich der kapitalisierten Betriebskosten nach den
Ansätzen der Verfasser auf insgesamt fast 70 Millionen Mark beziffern. Diese
Summe, zur Vertiefung des Durchstiches verwendet, würde nach den Ansätzen
der Studie noch ein halb mal so viel Bodenbewegung als vorgesehen gestatten.
Daß eine solche Vertiefung technisch besondere Schwierigkeiten biete, bekunden
die Verfasser nach ihren Lokalstudien nicht. Sie scheinen auch nicht die leider
nicht berechneten Mehrkosten der schleusenverminderten Anlage als Hauptbedenken
dagegen anzunehmen, sondern eine möglichst große Schonung der bergbaulichen
Ausnutzbarkeit der durchschnittenen Steinkohlen, Eisenerze und andere abbau¬
würdige Mineralien führenden Steinkohlen-, Zechstein- und Kreideformation für
entscheidend zu halten. Es wäre zu wünschen, daß die sachvertrauten Verfasser
diese in ihrer Studie nur sehr kurz abgehandelte Frage eingehender nach ihrem
Für und Wider auseinandersetzten.

Was sodann die Wahl des Ausgangspunktes bei Wesel an Stelle des sonst meist
vorgeschlagenenDuisburg-Ruhrort anlangt, so wird diese neben demHinweis auf die
bei jenem Ausgang erwachsende übermäßige Kostensteigerung, damit begründet,


Die deutsche Rheinmündung

fernem Ausgangspunktes des Kanals, in den Vorschlägen der vielen, die Schiffahrt
behindernden und die Kanalunterhaltung verteuernden Schleusen samt dem durch
die Schleusenführung gebotenen kostspieligen Rheinpumpwerk, in der Berechnung
der Wirtschaftlichkeit und viertens in dem damit zusammenhängenden Ansätze
eines Tiefganges von nur 4.5 Meter.

Um zunächst auf die Höhe der Schleusenzahl einzugehen, so ist den Ver¬
fassern zweifellos Recht zu geben, daß schon allein infolge des Höhenunterschiedes
zwischen Niederrhein und der Emsmündung von rund 15 Meter eine Abstiegs¬
schleuse notwendig ist. Bezüglich der sechs weiteren Schleusen ist allerdings auch
nach den Ausführungen der Studie die Frage der Notwendigkeit wohl aufzu¬
werfen. Deun zunächst bleibt die Tatsache bestehen, daß die Schleusen mit
wachsender Zahl ein um so lästigeres und kostspieligeres Verkehrshindernis bilden.
Der Einwand, daß die Verzögerung nicht ins Gewicht falle, weil nur eine Durch¬
schleusungsdauer von dreiviertel Stunden pro Schleuse, also rund sechs Stunde»
für alle Schleusen eintrete, erscheint nicht ganz durchschlagend, da sechs Stunden
immerhin ein Zehntel bis ein Zwanzigstel der Gesamtfahrzeit ausmachen werden,
eine Verzögerung, die gegenüber der Fahrtdauer auf dem Rheinstromweg um
so mehr ins Gewicht fällt, als der Kanalwcg so wie so wegen seiner um 40 Kilo¬
meter weiteren Strecke eine längere Fahrzeit erfordert. Es wäre daher schon
im Nahmen der Pläne der Verfasser eine Schleusenminderung erwägenswert
und vielleicht auch mit Rücksicht auf die Baukosten nicht unausführbar. Daß
zunächst die Baukosten an sich durch die Anlage der Schleusen vermindert werden,
dürfte nicht zu bestreiten sein, da sonst ganz gewaltige Mehrbodenbewegungen
notwendig würden. Indessen müßten zunächst hierauf die Ersparnisse in An¬
rechnung gebracht werden, die sich aus dem Wegfalle der Bau- und Betriebs¬
kosten der nicht notwendigen Schleusen und Pumpanlagen ergeben. Diese Er¬
sparnisse dürften sich einschließlich der kapitalisierten Betriebskosten nach den
Ansätzen der Verfasser auf insgesamt fast 70 Millionen Mark beziffern. Diese
Summe, zur Vertiefung des Durchstiches verwendet, würde nach den Ansätzen
der Studie noch ein halb mal so viel Bodenbewegung als vorgesehen gestatten.
Daß eine solche Vertiefung technisch besondere Schwierigkeiten biete, bekunden
die Verfasser nach ihren Lokalstudien nicht. Sie scheinen auch nicht die leider
nicht berechneten Mehrkosten der schleusenverminderten Anlage als Hauptbedenken
dagegen anzunehmen, sondern eine möglichst große Schonung der bergbaulichen
Ausnutzbarkeit der durchschnittenen Steinkohlen, Eisenerze und andere abbau¬
würdige Mineralien führenden Steinkohlen-, Zechstein- und Kreideformation für
entscheidend zu halten. Es wäre zu wünschen, daß die sachvertrauten Verfasser
diese in ihrer Studie nur sehr kurz abgehandelte Frage eingehender nach ihrem
Für und Wider auseinandersetzten.

Was sodann die Wahl des Ausgangspunktes bei Wesel an Stelle des sonst meist
vorgeschlagenenDuisburg-Ruhrort anlangt, so wird diese neben demHinweis auf die
bei jenem Ausgang erwachsende übermäßige Kostensteigerung, damit begründet,


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[0067] Die deutsche Rheinmündung fernem Ausgangspunktes des Kanals, in den Vorschlägen der vielen, die Schiffahrt behindernden und die Kanalunterhaltung verteuernden Schleusen samt dem durch die Schleusenführung gebotenen kostspieligen Rheinpumpwerk, in der Berechnung der Wirtschaftlichkeit und viertens in dem damit zusammenhängenden Ansätze eines Tiefganges von nur 4.5 Meter. Um zunächst auf die Höhe der Schleusenzahl einzugehen, so ist den Ver¬ fassern zweifellos Recht zu geben, daß schon allein infolge des Höhenunterschiedes zwischen Niederrhein und der Emsmündung von rund 15 Meter eine Abstiegs¬ schleuse notwendig ist. Bezüglich der sechs weiteren Schleusen ist allerdings auch nach den Ausführungen der Studie die Frage der Notwendigkeit wohl aufzu¬ werfen. Deun zunächst bleibt die Tatsache bestehen, daß die Schleusen mit wachsender Zahl ein um so lästigeres und kostspieligeres Verkehrshindernis bilden. Der Einwand, daß die Verzögerung nicht ins Gewicht falle, weil nur eine Durch¬ schleusungsdauer von dreiviertel Stunden pro Schleuse, also rund sechs Stunde» für alle Schleusen eintrete, erscheint nicht ganz durchschlagend, da sechs Stunden immerhin ein Zehntel bis ein Zwanzigstel der Gesamtfahrzeit ausmachen werden, eine Verzögerung, die gegenüber der Fahrtdauer auf dem Rheinstromweg um so mehr ins Gewicht fällt, als der Kanalwcg so wie so wegen seiner um 40 Kilo¬ meter weiteren Strecke eine längere Fahrzeit erfordert. Es wäre daher schon im Nahmen der Pläne der Verfasser eine Schleusenminderung erwägenswert und vielleicht auch mit Rücksicht auf die Baukosten nicht unausführbar. Daß zunächst die Baukosten an sich durch die Anlage der Schleusen vermindert werden, dürfte nicht zu bestreiten sein, da sonst ganz gewaltige Mehrbodenbewegungen notwendig würden. Indessen müßten zunächst hierauf die Ersparnisse in An¬ rechnung gebracht werden, die sich aus dem Wegfalle der Bau- und Betriebs¬ kosten der nicht notwendigen Schleusen und Pumpanlagen ergeben. Diese Er¬ sparnisse dürften sich einschließlich der kapitalisierten Betriebskosten nach den Ansätzen der Verfasser auf insgesamt fast 70 Millionen Mark beziffern. Diese Summe, zur Vertiefung des Durchstiches verwendet, würde nach den Ansätzen der Studie noch ein halb mal so viel Bodenbewegung als vorgesehen gestatten. Daß eine solche Vertiefung technisch besondere Schwierigkeiten biete, bekunden die Verfasser nach ihren Lokalstudien nicht. Sie scheinen auch nicht die leider nicht berechneten Mehrkosten der schleusenverminderten Anlage als Hauptbedenken dagegen anzunehmen, sondern eine möglichst große Schonung der bergbaulichen Ausnutzbarkeit der durchschnittenen Steinkohlen, Eisenerze und andere abbau¬ würdige Mineralien führenden Steinkohlen-, Zechstein- und Kreideformation für entscheidend zu halten. Es wäre zu wünschen, daß die sachvertrauten Verfasser diese in ihrer Studie nur sehr kurz abgehandelte Frage eingehender nach ihrem Für und Wider auseinandersetzten. Was sodann die Wahl des Ausgangspunktes bei Wesel an Stelle des sonst meist vorgeschlagenenDuisburg-Ruhrort anlangt, so wird diese neben demHinweis auf die bei jenem Ausgang erwachsende übermäßige Kostensteigerung, damit begründet,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/67>, abgerufen am 03.07.2024.