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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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"Amerika den Amerikanern

von ungeheurer Tragweite sein würde, ist die grundsätzliche Anerkennung eines
Systems von interamerikanischen Vorzugszöllen. In der Praxis ist die Union in
dieser Richtung schon erheblich weiter. Mit Brasilien und Ecuador sind die Ver¬
handlungen über einen Vorzugszolltarif abgeschlossen. Und selbst Argentinien
und Chile scheinen gegen Gewährung entsprechender Liebesgaben nicht abgeneigt,
in die Falle zu gehen. Die Besprechungen über ein interamerikanisches Schiff-
sahrtsvorzugssystem, wie über interamerikanische Bank- und Kabelverbindungen
sind, für die Öffentlichkeit wenigstens, über einen grundsätzlich zustimmenden
Meinungsaustausch nicht viel hinausgekommen.

Dagegen wurde auf wirtschaftlichem Gebiete ein anderer beachtenswerter
Beschluß von praktischer Bedeutung gefaßt: eine "Panamerican-Products-Ex-
hibition" zu veranstalten. Die Ausführung dieses Planes wird nicht allzulange
auf sich warten lassen und der Erfolg kann bei den unbegrenzten Mitteln der
Jankees nicht ausbleiben. Vorläufig wird ein Ausstellungsschiff fungieren, auf
dem die Wunder nordamerikanischer Industrie den Südamerikanern in ihren
eigenen Häfen gezeigt werden sollen. Der Gedanke ist an und für sich nicht
neu. Was ihn aber unter dem Management der Aankees zu einem gefähr¬
lichen Instrument gegen den europäischen Handelsverkehr mit Südamerika macht,
ist die Art und Weise, wie er zur Ausführung gelangt. Das im Mai dieses
Jahres gegründete Komitee für Bau und Einrichtung dieser Ausstellungsschiffe
weist nicht nur alle großen Namen aus Finanz, Handel und Industrie des
Dollarlandes auf. Es erfreut sich vor allem des werktätigen Beistandes der
diplomatischen Konsularbehörden. Und da die einzig wirklich vorhandene
unbegrenzte Möglichkeit des Aankeelandes, die Aufbringung unbegrenzter Mittel,
selbstverständlich dieser schwimmenden Schaubude in reichem Maße zugute kommen
wird, so brauchen sich ihre Veranstalter über das Ergebnis keine Sorgen zu
machen.

Das sind überhaupt die beiden wesentlichen Merkmale der neueren im¬
perialistischen Expansionspolitik der Vereinigten Staaten: Geld spielt keine Rolle
und die Diplomatie tritt bedingungslos für die wirtschaftlichen Vorteile der Großen
ein. Green-Banks und Diplomatie arbeiten unzertrennlich Hand in Hand. So darf
man sich über die Erfolge nicht wundern. Woher das Geld allerdings manchmal
kommt und wer die Leidtragenden sind, falls eine Unternehmung mißlingt, dafür
ein Beispiel, das ich dem leider zu früh verstorbenen Prof. E. von Halle,
einem aufrichtigen Bewunderer alles Großen und Guten in den Vereinigten
Staaten, verdanke. Vor Jahren wurden die Aktien eines großen Minen¬
komplexes in Bolivien auf Grund erstklassiger Gutachten von Bergingenieuren
unter entsprechenden Anpreisungen ins Publikum geworfen. Nach Jahr und
Tag, als die Portefeuilles der Banken sich dieser 8rare8 gänzlich entledigt
hatten, mußten die Inhaber der Papiere sich allmählich mit der Tatsache ab¬
finden, daß die Minen zwar vorhanden waren, ihre Erschließung jedoch so
ungeheuere Summen erfordert haben würde, daß an eine Ausbeutung unter


„Amerika den Amerikanern

von ungeheurer Tragweite sein würde, ist die grundsätzliche Anerkennung eines
Systems von interamerikanischen Vorzugszöllen. In der Praxis ist die Union in
dieser Richtung schon erheblich weiter. Mit Brasilien und Ecuador sind die Ver¬
handlungen über einen Vorzugszolltarif abgeschlossen. Und selbst Argentinien
und Chile scheinen gegen Gewährung entsprechender Liebesgaben nicht abgeneigt,
in die Falle zu gehen. Die Besprechungen über ein interamerikanisches Schiff-
sahrtsvorzugssystem, wie über interamerikanische Bank- und Kabelverbindungen
sind, für die Öffentlichkeit wenigstens, über einen grundsätzlich zustimmenden
Meinungsaustausch nicht viel hinausgekommen.

Dagegen wurde auf wirtschaftlichem Gebiete ein anderer beachtenswerter
Beschluß von praktischer Bedeutung gefaßt: eine „Panamerican-Products-Ex-
hibition" zu veranstalten. Die Ausführung dieses Planes wird nicht allzulange
auf sich warten lassen und der Erfolg kann bei den unbegrenzten Mitteln der
Jankees nicht ausbleiben. Vorläufig wird ein Ausstellungsschiff fungieren, auf
dem die Wunder nordamerikanischer Industrie den Südamerikanern in ihren
eigenen Häfen gezeigt werden sollen. Der Gedanke ist an und für sich nicht
neu. Was ihn aber unter dem Management der Aankees zu einem gefähr¬
lichen Instrument gegen den europäischen Handelsverkehr mit Südamerika macht,
ist die Art und Weise, wie er zur Ausführung gelangt. Das im Mai dieses
Jahres gegründete Komitee für Bau und Einrichtung dieser Ausstellungsschiffe
weist nicht nur alle großen Namen aus Finanz, Handel und Industrie des
Dollarlandes auf. Es erfreut sich vor allem des werktätigen Beistandes der
diplomatischen Konsularbehörden. Und da die einzig wirklich vorhandene
unbegrenzte Möglichkeit des Aankeelandes, die Aufbringung unbegrenzter Mittel,
selbstverständlich dieser schwimmenden Schaubude in reichem Maße zugute kommen
wird, so brauchen sich ihre Veranstalter über das Ergebnis keine Sorgen zu
machen.

Das sind überhaupt die beiden wesentlichen Merkmale der neueren im¬
perialistischen Expansionspolitik der Vereinigten Staaten: Geld spielt keine Rolle
und die Diplomatie tritt bedingungslos für die wirtschaftlichen Vorteile der Großen
ein. Green-Banks und Diplomatie arbeiten unzertrennlich Hand in Hand. So darf
man sich über die Erfolge nicht wundern. Woher das Geld allerdings manchmal
kommt und wer die Leidtragenden sind, falls eine Unternehmung mißlingt, dafür
ein Beispiel, das ich dem leider zu früh verstorbenen Prof. E. von Halle,
einem aufrichtigen Bewunderer alles Großen und Guten in den Vereinigten
Staaten, verdanke. Vor Jahren wurden die Aktien eines großen Minen¬
komplexes in Bolivien auf Grund erstklassiger Gutachten von Bergingenieuren
unter entsprechenden Anpreisungen ins Publikum geworfen. Nach Jahr und
Tag, als die Portefeuilles der Banken sich dieser 8rare8 gänzlich entledigt
hatten, mußten die Inhaber der Papiere sich allmählich mit der Tatsache ab¬
finden, daß die Minen zwar vorhanden waren, ihre Erschließung jedoch so
ungeheuere Summen erfordert haben würde, daß an eine Ausbeutung unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/596>, abgerufen am 22.07.2024.