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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die deutschen Volksbanken in Vberschlesien

zu den Gründungen ablehnend, und diese Stellungnahme wirkte natürlich auf
die Nachgeordneten Jndustriebeamten zurück. Wie sehr man auch hier Erfolgs¬
möglichkeiten der Deutschen Volksbanken unterschätzte, dafür bietet ein interessantes
Bild die Prophezeiung eben jener führenden industriellen Persönlichkeit, daß die
Volksbank in Königshütte überhaupt keine Spargelder bekommen würde; denn
die Arbeiter erhielten in der Hütte ihre Gelder mit 6 Prozent verzinst, da
würden sie sich doch hüten, sie zur Volksbank zu tragen, wo sie bestenfalls 4 bis
4^/2 Prozent erhielten. In der Praxis kam es umgekehrt. Der größte Teil
der Spargelder der Deutschen Volksbank Königshütte stammt aus den Kreisen
der Angestellten und Arbeiter der dortigen Werke. So oft der Vorstand der
Deutschen Volksbank diese beim Einzahlen gefragt hat, warum sie ihr Geld
nicht lieber auf die Hütte trügen, wo sie 6 Prozent bekämen, antworteten die
Arbeiter: "Weil wir nicht Lust haben, der Hüttenverwaltung Einblick zu
gewähren, wieviel wir sparen und, daß wir überhaupt etwas gespart haben."
Man kann also geradezu sagen, diese Spargelder wären zum größten Teil in
die Bank ludowv gewandert, wenn die Deutsche Volksbank nicht begründet
worden wäre.

Der Name "Deutsche Volksbank" hat sich in den wenigen Jahren seit der
Gründung der Kattowitzer Bank bereits einen so guten Klang in Oberschlesien
verschafft, daß sich je eine Genossenschaftsbank in Bismarckhütte und in Rybnik
freiwillig in "Deutsche Volksbanken" umgewandelt damit zugleich zu deren
Programm bekannt haben.

Das Hauptgeschäft der Deutschen Volksbanken als Genossenschaftsbanken
ist die Kreditgewährung. Sie legen ihre Mittel, getreu den Schultze-Delitzschen
Grundsätzen, nicht in langfristigen Krediten fest, sondern gewähren ihre Dar¬
lehen meist gegen Drei-Monatswechsel, deren Prolongation freilich oft unver¬
meidlich ist. Sie sichern ihre Darlehen durch Bürgschaften und Pfandbestellungen,
sie haben alle eine mäßige Obergrenze des einem einzelnen Genossen zu gewäh¬
renden Kredites, um dadurch ihre Mittel möglichst vielen und kleineren Leuten
zugute kommen zu lassen. Sie können sich rühmen, schon manchen national
Schwankenden aus dem polnischen Lager befreit zu haben, indem sie ihm den
Kredit, den er früher von der Bank ludowv erhielt, jetzt selbst zur Verfügung
stellten. Sie haben manchen deutschen Handwerker, der früher ungern aber
notgedrungen zur polnischen Volksbank ging, davor bewahrt, ssine deutsche
Gesinnung zu verleugnen, sie haben auch aus den Überschüssen ihres Verdienstes
stets für nationale Zwecke einen Betrag übrig. So sind die Deutschen Volks¬
banken in Oberschlesien, wenn sie auch wirtschaftlich an den Banken ludowv
oder gar an den Deutschen Kreditbanken gemessen, noch eine kleine Macht sind,
doch ein Faktor des Deutschtums im Kampfe um Oberschlesien geworden. Es
ist neben ihren natürlich noch bescheidenen Erfolgen auch das moralische Moment
nicht zu unterschätzen, daß das mittlere Bürgertum in allen den vorgenannten
Orten die Empfindung gewonnen hat, wir haben aus eigener Kraft Kredit-


Die deutschen Volksbanken in Vberschlesien

zu den Gründungen ablehnend, und diese Stellungnahme wirkte natürlich auf
die Nachgeordneten Jndustriebeamten zurück. Wie sehr man auch hier Erfolgs¬
möglichkeiten der Deutschen Volksbanken unterschätzte, dafür bietet ein interessantes
Bild die Prophezeiung eben jener führenden industriellen Persönlichkeit, daß die
Volksbank in Königshütte überhaupt keine Spargelder bekommen würde; denn
die Arbeiter erhielten in der Hütte ihre Gelder mit 6 Prozent verzinst, da
würden sie sich doch hüten, sie zur Volksbank zu tragen, wo sie bestenfalls 4 bis
4^/2 Prozent erhielten. In der Praxis kam es umgekehrt. Der größte Teil
der Spargelder der Deutschen Volksbank Königshütte stammt aus den Kreisen
der Angestellten und Arbeiter der dortigen Werke. So oft der Vorstand der
Deutschen Volksbank diese beim Einzahlen gefragt hat, warum sie ihr Geld
nicht lieber auf die Hütte trügen, wo sie 6 Prozent bekämen, antworteten die
Arbeiter: „Weil wir nicht Lust haben, der Hüttenverwaltung Einblick zu
gewähren, wieviel wir sparen und, daß wir überhaupt etwas gespart haben."
Man kann also geradezu sagen, diese Spargelder wären zum größten Teil in
die Bank ludowv gewandert, wenn die Deutsche Volksbank nicht begründet
worden wäre.

Der Name „Deutsche Volksbank" hat sich in den wenigen Jahren seit der
Gründung der Kattowitzer Bank bereits einen so guten Klang in Oberschlesien
verschafft, daß sich je eine Genossenschaftsbank in Bismarckhütte und in Rybnik
freiwillig in „Deutsche Volksbanken" umgewandelt damit zugleich zu deren
Programm bekannt haben.

Das Hauptgeschäft der Deutschen Volksbanken als Genossenschaftsbanken
ist die Kreditgewährung. Sie legen ihre Mittel, getreu den Schultze-Delitzschen
Grundsätzen, nicht in langfristigen Krediten fest, sondern gewähren ihre Dar¬
lehen meist gegen Drei-Monatswechsel, deren Prolongation freilich oft unver¬
meidlich ist. Sie sichern ihre Darlehen durch Bürgschaften und Pfandbestellungen,
sie haben alle eine mäßige Obergrenze des einem einzelnen Genossen zu gewäh¬
renden Kredites, um dadurch ihre Mittel möglichst vielen und kleineren Leuten
zugute kommen zu lassen. Sie können sich rühmen, schon manchen national
Schwankenden aus dem polnischen Lager befreit zu haben, indem sie ihm den
Kredit, den er früher von der Bank ludowv erhielt, jetzt selbst zur Verfügung
stellten. Sie haben manchen deutschen Handwerker, der früher ungern aber
notgedrungen zur polnischen Volksbank ging, davor bewahrt, ssine deutsche
Gesinnung zu verleugnen, sie haben auch aus den Überschüssen ihres Verdienstes
stets für nationale Zwecke einen Betrag übrig. So sind die Deutschen Volks¬
banken in Oberschlesien, wenn sie auch wirtschaftlich an den Banken ludowv
oder gar an den Deutschen Kreditbanken gemessen, noch eine kleine Macht sind,
doch ein Faktor des Deutschtums im Kampfe um Oberschlesien geworden. Es
ist neben ihren natürlich noch bescheidenen Erfolgen auch das moralische Moment
nicht zu unterschätzen, daß das mittlere Bürgertum in allen den vorgenannten
Orten die Empfindung gewonnen hat, wir haben aus eigener Kraft Kredit-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/517>, abgerufen am 24.08.2024.