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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die deutschen Volksbanken in Vberschlesien

organisationen geschaffen, die ebenso im wirtschaftlichen wie politischen Kampfe
ihren Mann stehen. Viel bleibt freilich noch zu tun. Einmal sind noch manche
Städte in Oberschlesien vorhanden, wie z. B. Ratibor und Pleß, in denen eine
Deutsche Volksbank mit guten Aussichten auf Erfolg gegründet werden könnte,
und in denen es dringend not täte, daß den immer weiter um sich greifenden
polnischen Volksbanken ein Gegner erstünde. Zweitens könnten die bereits vor¬
handenen Deutschen Volksbanken recht gut eine Verstärkung ihrer Geldmittel
vertragen, um mit den ihnen an Spargeldern so sehr überlegenen Banken
ludowy leichter konkurrieren zu können. Es ist wohl sonst Grundsatz der
Schultze-Delitzschen Genossenschaften, nur auf der wirtschaftlichen Kraft der
Genossen sich aufzubauen, aber diesen Grundsatz wird man hier nicht so streng
zu wahren brauchen, wo die Deutschen Volksbanken neben den sonst den Ge¬
nossenschaften eigentümlichen wirtschaftlichen Aufgaben auch eine national-politische
zu erfüllen haben. Freilich wo sollen die Geldmittel zur Unterstützung der Deutschen
Volksbanken herkommen? Dazu genügt es nicht, daß sich, wie es neuerdings
geschehen ist, die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse für die Deutschen Volks¬
banken interessiert, und über deren Anschluß an eine ihrer Zentralkassen ver¬
handelt hat. Selbst wenn die Preußenkasse den Deutschen Volksbanken ent¬
gegenkommende Bedingungen macht, werden sie damit nicht besser stehen, als
wenn sie, wie heute die Mehrzahl von ihnen, dem Allgemeinen Verbände der
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft angeschlossen sind. Das was not tut,
wenn das Deutschtum durch finanz-politische Mittel in Oberschlesien Eroberungen
machen soll, wäre, einen Strom von 10 bis 20 Millionen Mark nach Ober¬
schlesien zu leiten, welcher dort zur Kleinkreditgewährung benutzt werden könnte.
Als Kanäle, welche diesen Goldstrom unter das Volk brächten, wären die
Deutschen Volksbanken wie geschaffen. Ja, die Negierung müßte es dankbar
begrüßen,' daß sie so bequeme und populäre Vermittlerstellen bereits vorfände
und nicht erst, wie in Posen und Westpreußen, nötig hätte, ein der Deutschen
Mittelstandskasse entsprechendes Institut zu gründen. Aber es besteht leider
keine Aussicht, daß dem Landtage ein solcher Kredit unterbreitet würde.




Die deutschen Volksbanken in Vberschlesien

organisationen geschaffen, die ebenso im wirtschaftlichen wie politischen Kampfe
ihren Mann stehen. Viel bleibt freilich noch zu tun. Einmal sind noch manche
Städte in Oberschlesien vorhanden, wie z. B. Ratibor und Pleß, in denen eine
Deutsche Volksbank mit guten Aussichten auf Erfolg gegründet werden könnte,
und in denen es dringend not täte, daß den immer weiter um sich greifenden
polnischen Volksbanken ein Gegner erstünde. Zweitens könnten die bereits vor¬
handenen Deutschen Volksbanken recht gut eine Verstärkung ihrer Geldmittel
vertragen, um mit den ihnen an Spargeldern so sehr überlegenen Banken
ludowy leichter konkurrieren zu können. Es ist wohl sonst Grundsatz der
Schultze-Delitzschen Genossenschaften, nur auf der wirtschaftlichen Kraft der
Genossen sich aufzubauen, aber diesen Grundsatz wird man hier nicht so streng
zu wahren brauchen, wo die Deutschen Volksbanken neben den sonst den Ge¬
nossenschaften eigentümlichen wirtschaftlichen Aufgaben auch eine national-politische
zu erfüllen haben. Freilich wo sollen die Geldmittel zur Unterstützung der Deutschen
Volksbanken herkommen? Dazu genügt es nicht, daß sich, wie es neuerdings
geschehen ist, die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse für die Deutschen Volks¬
banken interessiert, und über deren Anschluß an eine ihrer Zentralkassen ver¬
handelt hat. Selbst wenn die Preußenkasse den Deutschen Volksbanken ent¬
gegenkommende Bedingungen macht, werden sie damit nicht besser stehen, als
wenn sie, wie heute die Mehrzahl von ihnen, dem Allgemeinen Verbände der
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft angeschlossen sind. Das was not tut,
wenn das Deutschtum durch finanz-politische Mittel in Oberschlesien Eroberungen
machen soll, wäre, einen Strom von 10 bis 20 Millionen Mark nach Ober¬
schlesien zu leiten, welcher dort zur Kleinkreditgewährung benutzt werden könnte.
Als Kanäle, welche diesen Goldstrom unter das Volk brächten, wären die
Deutschen Volksbanken wie geschaffen. Ja, die Negierung müßte es dankbar
begrüßen,' daß sie so bequeme und populäre Vermittlerstellen bereits vorfände
und nicht erst, wie in Posen und Westpreußen, nötig hätte, ein der Deutschen
Mittelstandskasse entsprechendes Institut zu gründen. Aber es besteht leider
keine Aussicht, daß dem Landtage ein solcher Kredit unterbreitet würde.




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[0518] Die deutschen Volksbanken in Vberschlesien organisationen geschaffen, die ebenso im wirtschaftlichen wie politischen Kampfe ihren Mann stehen. Viel bleibt freilich noch zu tun. Einmal sind noch manche Städte in Oberschlesien vorhanden, wie z. B. Ratibor und Pleß, in denen eine Deutsche Volksbank mit guten Aussichten auf Erfolg gegründet werden könnte, und in denen es dringend not täte, daß den immer weiter um sich greifenden polnischen Volksbanken ein Gegner erstünde. Zweitens könnten die bereits vor¬ handenen Deutschen Volksbanken recht gut eine Verstärkung ihrer Geldmittel vertragen, um mit den ihnen an Spargeldern so sehr überlegenen Banken ludowy leichter konkurrieren zu können. Es ist wohl sonst Grundsatz der Schultze-Delitzschen Genossenschaften, nur auf der wirtschaftlichen Kraft der Genossen sich aufzubauen, aber diesen Grundsatz wird man hier nicht so streng zu wahren brauchen, wo die Deutschen Volksbanken neben den sonst den Ge¬ nossenschaften eigentümlichen wirtschaftlichen Aufgaben auch eine national-politische zu erfüllen haben. Freilich wo sollen die Geldmittel zur Unterstützung der Deutschen Volksbanken herkommen? Dazu genügt es nicht, daß sich, wie es neuerdings geschehen ist, die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse für die Deutschen Volks¬ banken interessiert, und über deren Anschluß an eine ihrer Zentralkassen ver¬ handelt hat. Selbst wenn die Preußenkasse den Deutschen Volksbanken ent¬ gegenkommende Bedingungen macht, werden sie damit nicht besser stehen, als wenn sie, wie heute die Mehrzahl von ihnen, dem Allgemeinen Verbände der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft angeschlossen sind. Das was not tut, wenn das Deutschtum durch finanz-politische Mittel in Oberschlesien Eroberungen machen soll, wäre, einen Strom von 10 bis 20 Millionen Mark nach Ober¬ schlesien zu leiten, welcher dort zur Kleinkreditgewährung benutzt werden könnte. Als Kanäle, welche diesen Goldstrom unter das Volk brächten, wären die Deutschen Volksbanken wie geschaffen. Ja, die Negierung müßte es dankbar begrüßen,' daß sie so bequeme und populäre Vermittlerstellen bereits vorfände und nicht erst, wie in Posen und Westpreußen, nötig hätte, ein der Deutschen Mittelstandskasse entsprechendes Institut zu gründen. Aber es besteht leider keine Aussicht, daß dem Landtage ein solcher Kredit unterbreitet würde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/518>, abgerufen am 24.08.2024.