Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bremen
Schiffe °/"Reg.-To. °/"
Bremen . .3266 68,411 666 414 40,36
Bromer Staat
Vegesack . ,29 0,623 733 0,09
Bremerhaven1613 28,931 798 610 ^ 43,68
zusammen87,863 468 667 ---- 83,99
°/°SchiffeReg.-To. °/o
Geestemünde1122191119 4,63
Preuszen und
Oldenburg
Brake....1122202 694 ^ 4,90
Nordenham . .2694,66263 667 6,14
andere Weserplätze1963,4814 071 0,34
zusammen6676 1004 129 998 100

Nur etwa 40 Prozent der Tonnage gelangte also weseraufwärts bis nach
Bremen. Der Bremer Handel ist daher einer schädlichen Dezentralisation aus¬
gesetzt und wird zum Teil einem verteuernden Umschlagverkehr unterworfen.
Eine baldige befriedigende Einigung zwischen Bremen einerseits, sowie Preußen
und Oldenburg anderseits wegen weiterer Vertiefung der Weser ist deshalb sür
Bremen von eminenter Bedeutung. Mit den: Anwachsen des Bremer Handels
würde auch für die Unterweserorte, die mit und durch Bremen aufgeblüht sind,
bald wieder ein Ausgleich geschaffen werden für den Ausfall, den sie vielleicht
vorübergehend erleiden könnten. Man darf nicht vergessen, daß sie nur durch
die Erfolge bremischen Wagemuth entwicklungsfähig geworden sind.

Außer wirtschaftlichen Gegensätzen einzelner Bundesstaaten kommen hier
auch Reichsinteressen in Frage. Vor einigen Jahren kam wegen ungenügender
Tiefe der Fahrrinne ein auf einer großen Bremer Werft erbautes Kriegsschiff
bei der Weserabwärtsfahrt auf Grund und konnte erst einige Wochen später
bei Springflut zur Wesermündung geschleppt werden. Die betreffende Werft
besitzt hohe technische Leistungsfähigkeit und lieferte in vierzig Jahren der
deutschen Marine viele gute und starke Schiffe. Ihre ungestörte Entwicklung
ist auch deshalb von Bedeutung, men es wichtig ist, im Falle eines Krieges
an der Unterweser eine Werft zu besitzen, die Schäden schnell und sachgemäß
ausbessern kann. Die übrigen Weserwerften betreiben keinen Kriegsschisfbau
und kommen selbst für Reparaturzeiten an Kriegsschiffen kaum in Frage.

Bremen, das mit außerordentlicher Zähigkeit bedacht ist, seinen Platz an
der Sonne zu sichern, hat die staatlichen Förderungsmöglichkeiten nicht voll¬
kommen genossen. Wir deuteten schon an, daß es bei seinen aus Vertiefung
der Unterweser gerichteten Bestrebungen statt Förderung Widerstand erfahren
hat. Auch das inzwischen in der Ausführung begriffene Mittellandkanalprojekt
hat bisher keine Bremen befriedigende Lösung gefunden. Mit der Fertigstellung
des Kanals vom Rhein nach Hannover und der Fortsetzung der Mainkanali-
sierung wird auch das Einflußgebiet der ausländischen Rheinhafen wesentlich
erweitert, während der Rhein-Hannover-Kanal in der Weser keine vollwertige
Fortsetzung findet. Bremen hat trotzdem im Interesse des Zustandekommens


Bremen
Schiffe °/„Reg.-To. °/„
Bremen . .3266 68,411 666 414 40,36
Bromer Staat
Vegesack . ,29 0,623 733 0,09
Bremerhaven1613 28,931 798 610 ^ 43,68
zusammen87,863 468 667 ---- 83,99
°/°SchiffeReg.-To. °/o
Geestemünde1122191119 4,63
Preuszen und
Oldenburg
Brake....1122202 694 ^ 4,90
Nordenham . .2694,66263 667 6,14
andere Weserplätze1963,4814 071 0,34
zusammen6676 1004 129 998 100

Nur etwa 40 Prozent der Tonnage gelangte also weseraufwärts bis nach
Bremen. Der Bremer Handel ist daher einer schädlichen Dezentralisation aus¬
gesetzt und wird zum Teil einem verteuernden Umschlagverkehr unterworfen.
Eine baldige befriedigende Einigung zwischen Bremen einerseits, sowie Preußen
und Oldenburg anderseits wegen weiterer Vertiefung der Weser ist deshalb sür
Bremen von eminenter Bedeutung. Mit den: Anwachsen des Bremer Handels
würde auch für die Unterweserorte, die mit und durch Bremen aufgeblüht sind,
bald wieder ein Ausgleich geschaffen werden für den Ausfall, den sie vielleicht
vorübergehend erleiden könnten. Man darf nicht vergessen, daß sie nur durch
die Erfolge bremischen Wagemuth entwicklungsfähig geworden sind.

Außer wirtschaftlichen Gegensätzen einzelner Bundesstaaten kommen hier
auch Reichsinteressen in Frage. Vor einigen Jahren kam wegen ungenügender
Tiefe der Fahrrinne ein auf einer großen Bremer Werft erbautes Kriegsschiff
bei der Weserabwärtsfahrt auf Grund und konnte erst einige Wochen später
bei Springflut zur Wesermündung geschleppt werden. Die betreffende Werft
besitzt hohe technische Leistungsfähigkeit und lieferte in vierzig Jahren der
deutschen Marine viele gute und starke Schiffe. Ihre ungestörte Entwicklung
ist auch deshalb von Bedeutung, men es wichtig ist, im Falle eines Krieges
an der Unterweser eine Werft zu besitzen, die Schäden schnell und sachgemäß
ausbessern kann. Die übrigen Weserwerften betreiben keinen Kriegsschisfbau
und kommen selbst für Reparaturzeiten an Kriegsschiffen kaum in Frage.

Bremen, das mit außerordentlicher Zähigkeit bedacht ist, seinen Platz an
der Sonne zu sichern, hat die staatlichen Förderungsmöglichkeiten nicht voll¬
kommen genossen. Wir deuteten schon an, daß es bei seinen aus Vertiefung
der Unterweser gerichteten Bestrebungen statt Förderung Widerstand erfahren
hat. Auch das inzwischen in der Ausführung begriffene Mittellandkanalprojekt
hat bisher keine Bremen befriedigende Lösung gefunden. Mit der Fertigstellung
des Kanals vom Rhein nach Hannover und der Fortsetzung der Mainkanali-
sierung wird auch das Einflußgebiet der ausländischen Rheinhafen wesentlich
erweitert, während der Rhein-Hannover-Kanal in der Weser keine vollwertige
Fortsetzung findet. Bremen hat trotzdem im Interesse des Zustandekommens


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0307" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322054"/>
          <fw type="header" place="top"> Bremen</fw><lb/>
          <list>
            <item> Schiffe °/&#x201E;Reg.-To. °/&#x201E;</item>
            <item> Bremen . .3266 68,411 666 414 40,36</item>
            <item> Bromer Staat</item>
            <item> Vegesack . ,29 0,623 733 0,09</item>
            <item> Bremerhaven1613 28,931 798 610 ^ 43,68</item>
            <item> zusammen87,863 468 667 ---- 83,99</item>
            <item> °/°SchiffeReg.-To. °/o</item>
            <item> Geestemünde1122191119 4,63</item>
            <item> Preuszen und<lb/>
Oldenburg</item>
            <item> Brake....1122202 694 ^ 4,90</item>
            <item> Nordenham . .2694,66263 667 6,14</item>
            <item> andere Weserplätze1963,4814 071 0,34</item>
            <item> zusammen6676 1004 129 998 100</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1257"> Nur etwa 40 Prozent der Tonnage gelangte also weseraufwärts bis nach<lb/>
Bremen. Der Bremer Handel ist daher einer schädlichen Dezentralisation aus¬<lb/>
gesetzt und wird zum Teil einem verteuernden Umschlagverkehr unterworfen.<lb/>
Eine baldige befriedigende Einigung zwischen Bremen einerseits, sowie Preußen<lb/>
und Oldenburg anderseits wegen weiterer Vertiefung der Weser ist deshalb sür<lb/>
Bremen von eminenter Bedeutung. Mit den: Anwachsen des Bremer Handels<lb/>
würde auch für die Unterweserorte, die mit und durch Bremen aufgeblüht sind,<lb/>
bald wieder ein Ausgleich geschaffen werden für den Ausfall, den sie vielleicht<lb/>
vorübergehend erleiden könnten. Man darf nicht vergessen, daß sie nur durch<lb/>
die Erfolge bremischen Wagemuth entwicklungsfähig geworden sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1258"> Außer wirtschaftlichen Gegensätzen einzelner Bundesstaaten kommen hier<lb/>
auch Reichsinteressen in Frage. Vor einigen Jahren kam wegen ungenügender<lb/>
Tiefe der Fahrrinne ein auf einer großen Bremer Werft erbautes Kriegsschiff<lb/>
bei der Weserabwärtsfahrt auf Grund und konnte erst einige Wochen später<lb/>
bei Springflut zur Wesermündung geschleppt werden. Die betreffende Werft<lb/>
besitzt hohe technische Leistungsfähigkeit und lieferte in vierzig Jahren der<lb/>
deutschen Marine viele gute und starke Schiffe. Ihre ungestörte Entwicklung<lb/>
ist auch deshalb von Bedeutung, men es wichtig ist, im Falle eines Krieges<lb/>
an der Unterweser eine Werft zu besitzen, die Schäden schnell und sachgemäß<lb/>
ausbessern kann. Die übrigen Weserwerften betreiben keinen Kriegsschisfbau<lb/>
und kommen selbst für Reparaturzeiten an Kriegsschiffen kaum in Frage.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1259" next="#ID_1260"> Bremen, das mit außerordentlicher Zähigkeit bedacht ist, seinen Platz an<lb/>
der Sonne zu sichern, hat die staatlichen Förderungsmöglichkeiten nicht voll¬<lb/>
kommen genossen. Wir deuteten schon an, daß es bei seinen aus Vertiefung<lb/>
der Unterweser gerichteten Bestrebungen statt Förderung Widerstand erfahren<lb/>
hat. Auch das inzwischen in der Ausführung begriffene Mittellandkanalprojekt<lb/>
hat bisher keine Bremen befriedigende Lösung gefunden. Mit der Fertigstellung<lb/>
des Kanals vom Rhein nach Hannover und der Fortsetzung der Mainkanali-<lb/>
sierung wird auch das Einflußgebiet der ausländischen Rheinhafen wesentlich<lb/>
erweitert, während der Rhein-Hannover-Kanal in der Weser keine vollwertige<lb/>
Fortsetzung findet.  Bremen hat trotzdem im Interesse des Zustandekommens</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0307] Bremen Schiffe °/„Reg.-To. °/„ Bremen . .3266 68,411 666 414 40,36 Bromer Staat Vegesack . ,29 0,623 733 0,09 Bremerhaven1613 28,931 798 610 ^ 43,68 zusammen87,863 468 667 ---- 83,99 °/°SchiffeReg.-To. °/o Geestemünde1122191119 4,63 Preuszen und Oldenburg Brake....1122202 694 ^ 4,90 Nordenham . .2694,66263 667 6,14 andere Weserplätze1963,4814 071 0,34 zusammen6676 1004 129 998 100 Nur etwa 40 Prozent der Tonnage gelangte also weseraufwärts bis nach Bremen. Der Bremer Handel ist daher einer schädlichen Dezentralisation aus¬ gesetzt und wird zum Teil einem verteuernden Umschlagverkehr unterworfen. Eine baldige befriedigende Einigung zwischen Bremen einerseits, sowie Preußen und Oldenburg anderseits wegen weiterer Vertiefung der Weser ist deshalb sür Bremen von eminenter Bedeutung. Mit den: Anwachsen des Bremer Handels würde auch für die Unterweserorte, die mit und durch Bremen aufgeblüht sind, bald wieder ein Ausgleich geschaffen werden für den Ausfall, den sie vielleicht vorübergehend erleiden könnten. Man darf nicht vergessen, daß sie nur durch die Erfolge bremischen Wagemuth entwicklungsfähig geworden sind. Außer wirtschaftlichen Gegensätzen einzelner Bundesstaaten kommen hier auch Reichsinteressen in Frage. Vor einigen Jahren kam wegen ungenügender Tiefe der Fahrrinne ein auf einer großen Bremer Werft erbautes Kriegsschiff bei der Weserabwärtsfahrt auf Grund und konnte erst einige Wochen später bei Springflut zur Wesermündung geschleppt werden. Die betreffende Werft besitzt hohe technische Leistungsfähigkeit und lieferte in vierzig Jahren der deutschen Marine viele gute und starke Schiffe. Ihre ungestörte Entwicklung ist auch deshalb von Bedeutung, men es wichtig ist, im Falle eines Krieges an der Unterweser eine Werft zu besitzen, die Schäden schnell und sachgemäß ausbessern kann. Die übrigen Weserwerften betreiben keinen Kriegsschisfbau und kommen selbst für Reparaturzeiten an Kriegsschiffen kaum in Frage. Bremen, das mit außerordentlicher Zähigkeit bedacht ist, seinen Platz an der Sonne zu sichern, hat die staatlichen Förderungsmöglichkeiten nicht voll¬ kommen genossen. Wir deuteten schon an, daß es bei seinen aus Vertiefung der Unterweser gerichteten Bestrebungen statt Förderung Widerstand erfahren hat. Auch das inzwischen in der Ausführung begriffene Mittellandkanalprojekt hat bisher keine Bremen befriedigende Lösung gefunden. Mit der Fertigstellung des Kanals vom Rhein nach Hannover und der Fortsetzung der Mainkanali- sierung wird auch das Einflußgebiet der ausländischen Rheinhafen wesentlich erweitert, während der Rhein-Hannover-Kanal in der Weser keine vollwertige Fortsetzung findet. Bremen hat trotzdem im Interesse des Zustandekommens

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/307
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/307>, abgerufen am 03.07.2024.