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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Das Hamburg der Ostsee
<Lin Blick in die Vergangenheit und Gegenwart Stettins
Herman von Potersdorff- von

is der schaffenslustige Oberbürgermeister Stettins Dr. Ackermann
am 28. August vorigen Jahres den deutschen Kaiser in Stettin
begrüßte, g"b er dem Empfinden Ausdruck, daß es der geschichtliche
Beruf Stettins wäre, das Hamburg der Ostsee zu sein. Und in
der Tat hat Stettin in der neueren Zeit einen großen Aufschwung
genommen, der es zu frohen Hoffnungen berechtigt.

Wie eine solche Stadt geworden ist, das zu erfahren, hat seinen eigenen
Reiz. An der Hand der neuerdings aus der Feder des um die Erforschung
Pommerns hochverdienten Professors Martin Wehrmann stammenden Geschichte
Stettins (mit 16 Tafeln und Beilagen sowie 41 Textabbildungen. Stettin 1911.
Verlag von Lüon Sauriers Buchhandlung) wollen wir die Hauptmomente des
Werdens der Stadt mit Berücksichtigung der lebendigen Gegenwart in einigen
großen Zügen uns zu vergegenwärtigen suchen.

Stettin ist eine uralte Stadt, und doch kann man sie jung nennen. Denn
dieses Gemeinwesen hat die längste Zeit seines Bestehens hindurch trotz einiger
großen Ansätze keine nennenswerte Rolle gespielt. Erst unter preußischer Ober¬
hoheit beginnt ein rascher Aufstieg, und seit etwa vierzig Jahren, seit dem Fall
der Festungswerke, reckt es sich mit Jugendkraft mächtig empor.

Schon in der Wendenzeit bestand hier eine ansehnliche Niederlassung. Die
erste Begebenheit, die für das Werden der deutschen Stadt Bedeutung hat,
liegt in der Tatsache, daß der Bischof Otto von Bamberg im Jahre 1124 hier
längere Zeit weilte, um den Ort für das Christentum zu gewinnen, und im
Jahre 1128 noch einmal auf einige Wochen erschien, um sich von der Fort¬
entwicklung seines Werkes zu überzeugen. Durch Bischof Otto wurden andere
Bamberger veranlaßt, sich hierher zu wenden, so ein Mann von edler Geburt
namens Beringer, der im Jahre 1187 die Jakobikirche erbaute, allerdings nicht
das Bauwerk, das heute diesen Namen trägt, das aber doch an seiner Stelle stand.
Bis zur Reformation hat das Michaelskloster zu Bamberg über diese Kirche
das Patronat ausgeübt und durch die Entsendung von Mönchen ständig lebhafte
Beziehungen zu Stettin unterhalten.




Das Hamburg der Ostsee
<Lin Blick in die Vergangenheit und Gegenwart Stettins
Herman von Potersdorff- von

is der schaffenslustige Oberbürgermeister Stettins Dr. Ackermann
am 28. August vorigen Jahres den deutschen Kaiser in Stettin
begrüßte, g«b er dem Empfinden Ausdruck, daß es der geschichtliche
Beruf Stettins wäre, das Hamburg der Ostsee zu sein. Und in
der Tat hat Stettin in der neueren Zeit einen großen Aufschwung
genommen, der es zu frohen Hoffnungen berechtigt.

Wie eine solche Stadt geworden ist, das zu erfahren, hat seinen eigenen
Reiz. An der Hand der neuerdings aus der Feder des um die Erforschung
Pommerns hochverdienten Professors Martin Wehrmann stammenden Geschichte
Stettins (mit 16 Tafeln und Beilagen sowie 41 Textabbildungen. Stettin 1911.
Verlag von Lüon Sauriers Buchhandlung) wollen wir die Hauptmomente des
Werdens der Stadt mit Berücksichtigung der lebendigen Gegenwart in einigen
großen Zügen uns zu vergegenwärtigen suchen.

Stettin ist eine uralte Stadt, und doch kann man sie jung nennen. Denn
dieses Gemeinwesen hat die längste Zeit seines Bestehens hindurch trotz einiger
großen Ansätze keine nennenswerte Rolle gespielt. Erst unter preußischer Ober¬
hoheit beginnt ein rascher Aufstieg, und seit etwa vierzig Jahren, seit dem Fall
der Festungswerke, reckt es sich mit Jugendkraft mächtig empor.

Schon in der Wendenzeit bestand hier eine ansehnliche Niederlassung. Die
erste Begebenheit, die für das Werden der deutschen Stadt Bedeutung hat,
liegt in der Tatsache, daß der Bischof Otto von Bamberg im Jahre 1124 hier
längere Zeit weilte, um den Ort für das Christentum zu gewinnen, und im
Jahre 1128 noch einmal auf einige Wochen erschien, um sich von der Fort¬
entwicklung seines Werkes zu überzeugen. Durch Bischof Otto wurden andere
Bamberger veranlaßt, sich hierher zu wenden, so ein Mann von edler Geburt
namens Beringer, der im Jahre 1187 die Jakobikirche erbaute, allerdings nicht
das Bauwerk, das heute diesen Namen trägt, das aber doch an seiner Stelle stand.
Bis zur Reformation hat das Michaelskloster zu Bamberg über diese Kirche
das Patronat ausgeübt und durch die Entsendung von Mönchen ständig lebhafte
Beziehungen zu Stettin unterhalten.


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[0128] [Abbildung] Das Hamburg der Ostsee <Lin Blick in die Vergangenheit und Gegenwart Stettins Herman von Potersdorff- von is der schaffenslustige Oberbürgermeister Stettins Dr. Ackermann am 28. August vorigen Jahres den deutschen Kaiser in Stettin begrüßte, g«b er dem Empfinden Ausdruck, daß es der geschichtliche Beruf Stettins wäre, das Hamburg der Ostsee zu sein. Und in der Tat hat Stettin in der neueren Zeit einen großen Aufschwung genommen, der es zu frohen Hoffnungen berechtigt. Wie eine solche Stadt geworden ist, das zu erfahren, hat seinen eigenen Reiz. An der Hand der neuerdings aus der Feder des um die Erforschung Pommerns hochverdienten Professors Martin Wehrmann stammenden Geschichte Stettins (mit 16 Tafeln und Beilagen sowie 41 Textabbildungen. Stettin 1911. Verlag von Lüon Sauriers Buchhandlung) wollen wir die Hauptmomente des Werdens der Stadt mit Berücksichtigung der lebendigen Gegenwart in einigen großen Zügen uns zu vergegenwärtigen suchen. Stettin ist eine uralte Stadt, und doch kann man sie jung nennen. Denn dieses Gemeinwesen hat die längste Zeit seines Bestehens hindurch trotz einiger großen Ansätze keine nennenswerte Rolle gespielt. Erst unter preußischer Ober¬ hoheit beginnt ein rascher Aufstieg, und seit etwa vierzig Jahren, seit dem Fall der Festungswerke, reckt es sich mit Jugendkraft mächtig empor. Schon in der Wendenzeit bestand hier eine ansehnliche Niederlassung. Die erste Begebenheit, die für das Werden der deutschen Stadt Bedeutung hat, liegt in der Tatsache, daß der Bischof Otto von Bamberg im Jahre 1124 hier längere Zeit weilte, um den Ort für das Christentum zu gewinnen, und im Jahre 1128 noch einmal auf einige Wochen erschien, um sich von der Fort¬ entwicklung seines Werkes zu überzeugen. Durch Bischof Otto wurden andere Bamberger veranlaßt, sich hierher zu wenden, so ein Mann von edler Geburt namens Beringer, der im Jahre 1187 die Jakobikirche erbaute, allerdings nicht das Bauwerk, das heute diesen Namen trägt, das aber doch an seiner Stelle stand. Bis zur Reformation hat das Michaelskloster zu Bamberg über diese Kirche das Patronat ausgeübt und durch die Entsendung von Mönchen ständig lebhafte Beziehungen zu Stettin unterhalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/128>, abgerufen am 03.07.2024.