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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Oon alten Liedern
Hemdes sprach aus großem Tratz
"el, warumb ist der hinder so schwartz?"
Sie zogen ober den Berg hinauß,
sie funden den Stern stehn ob dem Hauß.
"O, lieber Herr, er ist uns wol uekant,
er ist ein König in Morenland.
Sie traten in das Haus hinein
Sie fanden Jesum in dem Krippelein.
Sie gaben ihn: ein reichen Sold
Myrrhen und weyrcmch und rotes gold.
Und wollene jr uns recht erkennen,
wir dörffen uns gar wol nennen.
Wir sind die König vom finstern stern
und brächten dem Kindlein opffer gern.
Joseph bei dem Krippelein saß,
bis daß er schier erfroren was.
Joseph nam ein pfiinnelein
und macht dem Kind ein Müselein.
Myrrhen und Wcyrauch und rotes gold
wir sind dem Kindlein ins Hertz nein hold."
Herodes sprach aus Übermut
"bleibet Nacht bei mir und remet für gut:
Joseph der zog seine Höhlen ab
Und machet dem Kindlein zwei windelein brav.
"Joseph, lieber Joseph mein,
hilf mir wiegen mein Kindelein."
Ich will euch geben dew und strew,
ich will euch halten zerung frei."
Es waren da zwei unvernünftige Tier,
sie fielen nyder aufs jre knie:
Die heiligen drei König ehedem sich besinnen,
"furwar, wir "vollen jetzt von hinnen."
Das Ochslein und das Eselein
die lauten Gott den Herren rein.
Herodes sprach aus trutzigem Sinn:
"wolt jr nicht bleiben, so farce hin."

Dreikönigslieder, prachtvoll erzählende, gibt es noch viele. Da ist dies:

und dies:

In dies sein liebstes Thema hat sich das Volk so recht hinein versenkt,
mit einem prachtvollen Instinkt für das Dramatische, Bildhafte: Da ist z. B. die
alte "Tagweis von den heyligen drey Königen", die in mehreren Handschriften,
in München, in Wien und in Nürnberg erhalten ist:



") frit Weiler, Flecken.
Oon alten Liedern
Hemdes sprach aus großem Tratz
„el, warumb ist der hinder so schwartz?"
Sie zogen ober den Berg hinauß,
sie funden den Stern stehn ob dem Hauß.
„O, lieber Herr, er ist uns wol uekant,
er ist ein König in Morenland.
Sie traten in das Haus hinein
Sie fanden Jesum in dem Krippelein.
Sie gaben ihn: ein reichen Sold
Myrrhen und weyrcmch und rotes gold.
Und wollene jr uns recht erkennen,
wir dörffen uns gar wol nennen.
Wir sind die König vom finstern stern
und brächten dem Kindlein opffer gern.
Joseph bei dem Krippelein saß,
bis daß er schier erfroren was.
Joseph nam ein pfiinnelein
und macht dem Kind ein Müselein.
Myrrhen und Wcyrauch und rotes gold
wir sind dem Kindlein ins Hertz nein hold."
Herodes sprach aus Übermut
„bleibet Nacht bei mir und remet für gut:
Joseph der zog seine Höhlen ab
Und machet dem Kindlein zwei windelein brav.
„Joseph, lieber Joseph mein,
hilf mir wiegen mein Kindelein."
Ich will euch geben dew und strew,
ich will euch halten zerung frei."
Es waren da zwei unvernünftige Tier,
sie fielen nyder aufs jre knie:
Die heiligen drei König ehedem sich besinnen,
„furwar, wir »vollen jetzt von hinnen."
Das Ochslein und das Eselein
die lauten Gott den Herren rein.
Herodes sprach aus trutzigem Sinn:
„wolt jr nicht bleiben, so farce hin."

Dreikönigslieder, prachtvoll erzählende, gibt es noch viele. Da ist dies:

und dies:

In dies sein liebstes Thema hat sich das Volk so recht hinein versenkt,
mit einem prachtvollen Instinkt für das Dramatische, Bildhafte: Da ist z. B. die
alte „Tagweis von den heyligen drey Königen", die in mehreren Handschriften,
in München, in Wien und in Nürnberg erhalten ist:



") frit Weiler, Flecken.
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[0042] Oon alten Liedern Hemdes sprach aus großem Tratz „el, warumb ist der hinder so schwartz?" Sie zogen ober den Berg hinauß, sie funden den Stern stehn ob dem Hauß. „O, lieber Herr, er ist uns wol uekant, er ist ein König in Morenland. Sie traten in das Haus hinein Sie fanden Jesum in dem Krippelein. Sie gaben ihn: ein reichen Sold Myrrhen und weyrcmch und rotes gold. Und wollene jr uns recht erkennen, wir dörffen uns gar wol nennen. Wir sind die König vom finstern stern und brächten dem Kindlein opffer gern. Joseph bei dem Krippelein saß, bis daß er schier erfroren was. Joseph nam ein pfiinnelein und macht dem Kind ein Müselein. Myrrhen und Wcyrauch und rotes gold wir sind dem Kindlein ins Hertz nein hold." Herodes sprach aus Übermut „bleibet Nacht bei mir und remet für gut: Joseph der zog seine Höhlen ab Und machet dem Kindlein zwei windelein brav. „Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen mein Kindelein." Ich will euch geben dew und strew, ich will euch halten zerung frei." Es waren da zwei unvernünftige Tier, sie fielen nyder aufs jre knie: Die heiligen drei König ehedem sich besinnen, „furwar, wir »vollen jetzt von hinnen." Das Ochslein und das Eselein die lauten Gott den Herren rein. Herodes sprach aus trutzigem Sinn: „wolt jr nicht bleiben, so farce hin." Dreikönigslieder, prachtvoll erzählende, gibt es noch viele. Da ist dies: und dies: In dies sein liebstes Thema hat sich das Volk so recht hinein versenkt, mit einem prachtvollen Instinkt für das Dramatische, Bildhafte: Da ist z. B. die alte „Tagweis von den heyligen drey Königen", die in mehreren Handschriften, in München, in Wien und in Nürnberg erhalten ist: ") frit Weiler, Flecken.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/42>, abgerufen am 22.07.2024.