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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Emden

Staates und ermöglicht auch dem nächsten Hinterkante den Absatz aller seiner
Erzeugnisse. Wenn man sich diese großen Wirkungen vergegenwärtigt und die
großen wirtschaftlichen Werte berücksichtigt, die dabei auf dem Spiele stehen,
wird es begreiflich, daß die Stadt Emden, die ja in erster Linie dabei in Frage
kommt, mit allen Mitteln und nach jeder Richtung hin die Versuche unterstützt,
eine eigene Schiffahrtsgesellschaft zu erhalten. Anderseits werden aber auch die
Bestrebungen der Nachbarhäfen begreiflich, dies zu verhindern. Sache des
Staates ist es, in diesem Jnteressenkampfe den schwächeren zu unterstützen und
ihm wenigstens die Möglichkeit zu geben, eine erfolgreiche Tätigkeit zu entwickeln,
sein Können zu zeigen.

Auch der preußische Staat muß sich dieser Ansicht anschließen und den
gleichen Standpunkt einnehmen, schon aus Rücksichten auf die Besteuerung. Darin
liegt kein engherziger Partikularismus, sondern ein wohlberechtigtes Staats¬
interesse. Die Hafenanlagen in Emden sind mit preußischem Gelde erbaut,
nicht mit dem der Hansestädte, auch nicht mit dem des Reiches. Dasselbe gilt
von den Eisenbahnen und den Wasserstraßen. Es ist daher nicht mehr als
recht und billig, daß die Benutzer aller dieser Einrichtungen in Preußen steuer¬
pflichtig sein sollen. Das Emporblühen der Hansestädte wird gewiß von jedem
mit Freuden begrüßt, daneben dürfen aber nicht alle anderen Rücksichten ver¬
nachlässigt und beiseite geschoben werden. Durch die Verlegung des Vulkans
von Stettin nach Hamburg ist schon ein bedenklicher Schritt geschehen. Ob
es möglich gewesen wäre, den Vulkan seinerzeit zu veranlassen, statt nach
Hamburg nach Emden zu gehen, muß dahingestellt bleiben. Vielfach wird
dies behauptet. Dies hätte jedenfalls im preußischen Interesse gelegen und
hätte das Aufblühen von Emden sehr günstig beeinflußt. Ist diese Gelegen¬
heit auch unwiderruflich dahin, so hüte man sich doch, hier einen ähnlichen
Fehler zu begehen, und der wird begangen, wenn durch ein Versagen der
Auswandererkonzession das Entstehen einer eigenen Emdener Schiffahrtslinie
unmöglich gemacht und der Emdener Hafen mit seinem wichtigsten und
aussichtsreichen Verkehre den Hamburger und Bremer Gesellschaften aus¬
geliefert wird, "(^aveant cviiZuIes!"




Emden

Staates und ermöglicht auch dem nächsten Hinterkante den Absatz aller seiner
Erzeugnisse. Wenn man sich diese großen Wirkungen vergegenwärtigt und die
großen wirtschaftlichen Werte berücksichtigt, die dabei auf dem Spiele stehen,
wird es begreiflich, daß die Stadt Emden, die ja in erster Linie dabei in Frage
kommt, mit allen Mitteln und nach jeder Richtung hin die Versuche unterstützt,
eine eigene Schiffahrtsgesellschaft zu erhalten. Anderseits werden aber auch die
Bestrebungen der Nachbarhäfen begreiflich, dies zu verhindern. Sache des
Staates ist es, in diesem Jnteressenkampfe den schwächeren zu unterstützen und
ihm wenigstens die Möglichkeit zu geben, eine erfolgreiche Tätigkeit zu entwickeln,
sein Können zu zeigen.

Auch der preußische Staat muß sich dieser Ansicht anschließen und den
gleichen Standpunkt einnehmen, schon aus Rücksichten auf die Besteuerung. Darin
liegt kein engherziger Partikularismus, sondern ein wohlberechtigtes Staats¬
interesse. Die Hafenanlagen in Emden sind mit preußischem Gelde erbaut,
nicht mit dem der Hansestädte, auch nicht mit dem des Reiches. Dasselbe gilt
von den Eisenbahnen und den Wasserstraßen. Es ist daher nicht mehr als
recht und billig, daß die Benutzer aller dieser Einrichtungen in Preußen steuer¬
pflichtig sein sollen. Das Emporblühen der Hansestädte wird gewiß von jedem
mit Freuden begrüßt, daneben dürfen aber nicht alle anderen Rücksichten ver¬
nachlässigt und beiseite geschoben werden. Durch die Verlegung des Vulkans
von Stettin nach Hamburg ist schon ein bedenklicher Schritt geschehen. Ob
es möglich gewesen wäre, den Vulkan seinerzeit zu veranlassen, statt nach
Hamburg nach Emden zu gehen, muß dahingestellt bleiben. Vielfach wird
dies behauptet. Dies hätte jedenfalls im preußischen Interesse gelegen und
hätte das Aufblühen von Emden sehr günstig beeinflußt. Ist diese Gelegen¬
heit auch unwiderruflich dahin, so hüte man sich doch, hier einen ähnlichen
Fehler zu begehen, und der wird begangen, wenn durch ein Versagen der
Auswandererkonzession das Entstehen einer eigenen Emdener Schiffahrtslinie
unmöglich gemacht und der Emdener Hafen mit seinem wichtigsten und
aussichtsreichen Verkehre den Hamburger und Bremer Gesellschaften aus¬
geliefert wird, „(^aveant cviiZuIes!"




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[0376] Emden Staates und ermöglicht auch dem nächsten Hinterkante den Absatz aller seiner Erzeugnisse. Wenn man sich diese großen Wirkungen vergegenwärtigt und die großen wirtschaftlichen Werte berücksichtigt, die dabei auf dem Spiele stehen, wird es begreiflich, daß die Stadt Emden, die ja in erster Linie dabei in Frage kommt, mit allen Mitteln und nach jeder Richtung hin die Versuche unterstützt, eine eigene Schiffahrtsgesellschaft zu erhalten. Anderseits werden aber auch die Bestrebungen der Nachbarhäfen begreiflich, dies zu verhindern. Sache des Staates ist es, in diesem Jnteressenkampfe den schwächeren zu unterstützen und ihm wenigstens die Möglichkeit zu geben, eine erfolgreiche Tätigkeit zu entwickeln, sein Können zu zeigen. Auch der preußische Staat muß sich dieser Ansicht anschließen und den gleichen Standpunkt einnehmen, schon aus Rücksichten auf die Besteuerung. Darin liegt kein engherziger Partikularismus, sondern ein wohlberechtigtes Staats¬ interesse. Die Hafenanlagen in Emden sind mit preußischem Gelde erbaut, nicht mit dem der Hansestädte, auch nicht mit dem des Reiches. Dasselbe gilt von den Eisenbahnen und den Wasserstraßen. Es ist daher nicht mehr als recht und billig, daß die Benutzer aller dieser Einrichtungen in Preußen steuer¬ pflichtig sein sollen. Das Emporblühen der Hansestädte wird gewiß von jedem mit Freuden begrüßt, daneben dürfen aber nicht alle anderen Rücksichten ver¬ nachlässigt und beiseite geschoben werden. Durch die Verlegung des Vulkans von Stettin nach Hamburg ist schon ein bedenklicher Schritt geschehen. Ob es möglich gewesen wäre, den Vulkan seinerzeit zu veranlassen, statt nach Hamburg nach Emden zu gehen, muß dahingestellt bleiben. Vielfach wird dies behauptet. Dies hätte jedenfalls im preußischen Interesse gelegen und hätte das Aufblühen von Emden sehr günstig beeinflußt. Ist diese Gelegen¬ heit auch unwiderruflich dahin, so hüte man sich doch, hier einen ähnlichen Fehler zu begehen, und der wird begangen, wenn durch ein Versagen der Auswandererkonzession das Entstehen einer eigenen Emdener Schiffahrtslinie unmöglich gemacht und der Emdener Hafen mit seinem wichtigsten und aussichtsreichen Verkehre den Hamburger und Bremer Gesellschaften aus¬ geliefert wird, „(^aveant cviiZuIes!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/376>, abgerufen am 03.07.2024.