Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Finanz- und Steuerfragen
Zur Geschichte der Vermögenssteuern. Von
Dr. pkil, Bruno Moll. Duncker ". Humblot,
Leipzig 1911. 3,69 M

Die Arbeit stellt sich die Aufgabe, den
Begriff der Vermögenssteuer zu erforschen.
Es werden zu dem Zwecke die Steuern be¬
sprochen, die in Deutschland auf dem Platten
Lande bis zum vierzehnten Jahrhundert und
in den Städten im Mütelalter bestanden. Auf
dem Lande wurde die "Bete" vom Grund
und Boden erhoben, nach der Hufe oder dem
Morgenmaß. Bewegliches Vermögen wurde
nur ergänzend besteuert. So mußten in
Brandenburg nur die Untertanen von ihrer
Fnhrhabe steuern, die nicht eine Hufe besaßen.
In Böhmen wurde dagegen eine allgemeine
Vermögenssteuer von, beweglichen und unbe¬
weglichen Gut erhoben, mit Selbsteinschätzung
und strengen Strafen.

Auch in den Städten waren die Steuern
der herrschenden Ansicht nach ursprünglich Jm-
mobiliarsteuern, bemessen nach dem Kapitals¬
wert, nur ausnahmsweise nach dem Ertrage.
Allmählich greift aber auch Mobiliarbesteuerung
in den Städten Platz, in Verbindung mit den
Abgaben auf Handel und Gewerbe. So haben
nach der Nördlinger Erwerbssteuer Viehhändler
für jede verkaufte Kuh 2 Pfennig, Fleischer eine
Schlachtsteuer von 4 Pfennig für die Kuh, ge¬
wisse Handwerker schlechthin eine Steuer von
mehreren Pfennigen wöchentlich zu entrichten.
Häusig findet sich neben der Vermögens- noch
eine Kopfsteuer. Allmählich aber treten Ab¬
gaben ans, die nach dem Arbeitseinkommen
beimessen sind; so betrug die Türkensteuer in
Magdeburg bei Dienstboten 2 Prozent ihres
Jcchreslohncs. Ebenso muß nach der Naum-
burger Ordnung derjenige, der keine 6 Mark
besitzt, von seiner "Nahrung" steuern. Das
sind die ersten bedeutsamen Ansätze einer Steuer
vom Einkommen.

Der Verfasser hat ein umfangreiches Ma¬
terial herangezogen und gründlich bearbeitet.
Seine Schrift bildet einen wertvollen Beitrag zur
wissenschaftlichen Erkenntnis der Vermögens¬
steuer.


Finanzreform in Österreich. Von Dr. Fer¬
dinand Schmid. H, Lnupp, Tübingen 1911.
4 M.
[Spaltenumbruch]

Die Abhandlung, die zuerst in der "Zeit¬
schrift für die gesamte Stnatswissenschnft" von
Bücher erschien, beschäftigt sich mit den finan¬
ziellen Schwierigkeiten, unter denen in Oster¬
reich Staat, Länder und Gemeinden zu leiden
haben. Zur Kennzeichnung der Finanzlage
führt der Verfasser an, daß Zuschlage von
mehreren Hundert Prozent in Stadt und Land
nicht zu den Seltenheiten gehören und daß in
Südtirol solche von über 1009 Prozent vor¬
kommen. Er erörtert eingehend die Mittel
zur Abhilfe und bespricht insbesondere fünfzehn
Vorschläge einer Landessteuer, n. a. auf Zünd¬
hölzchen, Zucker, Licht, Wein, Mineralwasser,
auch "die jetzt in Mode kommende Wertzu¬
wachssteuer". In der Kritik der staatlichen
Finanzvorschläge billigt Schmid die Wein- und
Branntweinsteuer, verwirft hingegen eine Tan¬
tiemesteuer für Vorwaltuugsräte und eine
Zusatzsteuer für Aktiengesellschaften. Mit Un¬
recht wendet er sich in. E. gegen eine Erhöhung
der Einkommensteuer von 29999 Kronen auf¬
wärts. Ich halte es für gleichgültig, ob diese
Steuer nur den Charakter einer ErgänzungS-
steuer hat, wie der Verfasser anführt; der
Hinweis auf die Zurückhaltung, die man in
Preußen bei den höheren Einkommen übe, ist
um so weniger beweiskräftig, als man genötigt
sein wird, diese Zurückhaltung bei der nahe
bevorstehenden preußischen Reform aufzugeben.
Auch der von Schmid bekämpfte Vorschlag einer
Junggesellensteuer erscheint mir recht erwägens¬
wert. Die Regierung will nämlich die Ein¬
kommensteuer für Einzelpersonen um 16 Pro¬
zent, für zu zweit lebende Familienglieder um
19 Prozent erhöhen. Das entspricht als Regel
nur der Billigkeit, auch wenn es in einzelne"
Fällen zu einer Härte führen sollte. Mit der
Reform der Erbschaftssteuer ist Schund grund¬
sätzlich einverstanden, doch hat er Bedenken
gegen Steuersätze von 16 und 18 Prozent und
verweist auf die erbitterten Kämpfe, die die
Erbschaftssteuer in Deutschland hervorgerufen
habe. Diese Kämpfe drehten sich indessen uur
um die Ausdehnung der Steuer auf Kinder
und Ehegatten, nicht um die Frage, ob weitere
Verwandte nachdrücklich besteuert werden dür¬
fen, wenn ihnen eine Erbschaft als müheloser
Gewinn in den Schoß fällt; deswegen bestehen
n Deutschland wie in anderen Ländern je
nach der Entferntheit der Verwandtschaft und

[Ende Spaltensatz]
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Finanz- und Steuerfragen
Zur Geschichte der Vermögenssteuern. Von
Dr. pkil, Bruno Moll. Duncker ». Humblot,
Leipzig 1911. 3,69 M

Die Arbeit stellt sich die Aufgabe, den
Begriff der Vermögenssteuer zu erforschen.
Es werden zu dem Zwecke die Steuern be¬
sprochen, die in Deutschland auf dem Platten
Lande bis zum vierzehnten Jahrhundert und
in den Städten im Mütelalter bestanden. Auf
dem Lande wurde die „Bete" vom Grund
und Boden erhoben, nach der Hufe oder dem
Morgenmaß. Bewegliches Vermögen wurde
nur ergänzend besteuert. So mußten in
Brandenburg nur die Untertanen von ihrer
Fnhrhabe steuern, die nicht eine Hufe besaßen.
In Böhmen wurde dagegen eine allgemeine
Vermögenssteuer von, beweglichen und unbe¬
weglichen Gut erhoben, mit Selbsteinschätzung
und strengen Strafen.

Auch in den Städten waren die Steuern
der herrschenden Ansicht nach ursprünglich Jm-
mobiliarsteuern, bemessen nach dem Kapitals¬
wert, nur ausnahmsweise nach dem Ertrage.
Allmählich greift aber auch Mobiliarbesteuerung
in den Städten Platz, in Verbindung mit den
Abgaben auf Handel und Gewerbe. So haben
nach der Nördlinger Erwerbssteuer Viehhändler
für jede verkaufte Kuh 2 Pfennig, Fleischer eine
Schlachtsteuer von 4 Pfennig für die Kuh, ge¬
wisse Handwerker schlechthin eine Steuer von
mehreren Pfennigen wöchentlich zu entrichten.
Häusig findet sich neben der Vermögens- noch
eine Kopfsteuer. Allmählich aber treten Ab¬
gaben ans, die nach dem Arbeitseinkommen
beimessen sind; so betrug die Türkensteuer in
Magdeburg bei Dienstboten 2 Prozent ihres
Jcchreslohncs. Ebenso muß nach der Naum-
burger Ordnung derjenige, der keine 6 Mark
besitzt, von seiner „Nahrung" steuern. Das
sind die ersten bedeutsamen Ansätze einer Steuer
vom Einkommen.

Der Verfasser hat ein umfangreiches Ma¬
terial herangezogen und gründlich bearbeitet.
Seine Schrift bildet einen wertvollen Beitrag zur
wissenschaftlichen Erkenntnis der Vermögens¬
steuer.


Finanzreform in Österreich. Von Dr. Fer¬
dinand Schmid. H, Lnupp, Tübingen 1911.
4 M.
[Spaltenumbruch]

Die Abhandlung, die zuerst in der „Zeit¬
schrift für die gesamte Stnatswissenschnft" von
Bücher erschien, beschäftigt sich mit den finan¬
ziellen Schwierigkeiten, unter denen in Oster¬
reich Staat, Länder und Gemeinden zu leiden
haben. Zur Kennzeichnung der Finanzlage
führt der Verfasser an, daß Zuschlage von
mehreren Hundert Prozent in Stadt und Land
nicht zu den Seltenheiten gehören und daß in
Südtirol solche von über 1009 Prozent vor¬
kommen. Er erörtert eingehend die Mittel
zur Abhilfe und bespricht insbesondere fünfzehn
Vorschläge einer Landessteuer, n. a. auf Zünd¬
hölzchen, Zucker, Licht, Wein, Mineralwasser,
auch „die jetzt in Mode kommende Wertzu¬
wachssteuer". In der Kritik der staatlichen
Finanzvorschläge billigt Schmid die Wein- und
Branntweinsteuer, verwirft hingegen eine Tan¬
tiemesteuer für Vorwaltuugsräte und eine
Zusatzsteuer für Aktiengesellschaften. Mit Un¬
recht wendet er sich in. E. gegen eine Erhöhung
der Einkommensteuer von 29999 Kronen auf¬
wärts. Ich halte es für gleichgültig, ob diese
Steuer nur den Charakter einer ErgänzungS-
steuer hat, wie der Verfasser anführt; der
Hinweis auf die Zurückhaltung, die man in
Preußen bei den höheren Einkommen übe, ist
um so weniger beweiskräftig, als man genötigt
sein wird, diese Zurückhaltung bei der nahe
bevorstehenden preußischen Reform aufzugeben.
Auch der von Schmid bekämpfte Vorschlag einer
Junggesellensteuer erscheint mir recht erwägens¬
wert. Die Regierung will nämlich die Ein¬
kommensteuer für Einzelpersonen um 16 Pro¬
zent, für zu zweit lebende Familienglieder um
19 Prozent erhöhen. Das entspricht als Regel
nur der Billigkeit, auch wenn es in einzelne»
Fällen zu einer Härte führen sollte. Mit der
Reform der Erbschaftssteuer ist Schund grund¬
sätzlich einverstanden, doch hat er Bedenken
gegen Steuersätze von 16 und 18 Prozent und
verweist auf die erbitterten Kämpfe, die die
Erbschaftssteuer in Deutschland hervorgerufen
habe. Diese Kämpfe drehten sich indessen uur
um die Ausdehnung der Steuer auf Kinder
und Ehegatten, nicht um die Frage, ob weitere
Verwandte nachdrücklich besteuert werden dür¬
fen, wenn ihnen eine Erbschaft als müheloser
Gewinn in den Schoß fällt; deswegen bestehen
n Deutschland wie in anderen Ländern je
nach der Entferntheit der Verwandtschaft und

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0567" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320168"/>
              <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
            </div>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Finanz- und Steuerfragen</head>
            <div n="3">
              <head> Zur Geschichte der Vermögenssteuern. Von<lb/>
Dr. pkil, Bruno Moll. Duncker ». Humblot,<lb/>
Leipzig 1911.  3,69 M</head><lb/>
              <p xml:id="ID_2450"> Die Arbeit stellt sich die Aufgabe, den<lb/>
Begriff der Vermögenssteuer zu erforschen.<lb/>
Es werden zu dem Zwecke die Steuern be¬<lb/>
sprochen, die in Deutschland auf dem Platten<lb/>
Lande bis zum vierzehnten Jahrhundert und<lb/>
in den Städten im Mütelalter bestanden. Auf<lb/>
dem Lande wurde die &#x201E;Bete" vom Grund<lb/>
und Boden erhoben, nach der Hufe oder dem<lb/>
Morgenmaß. Bewegliches Vermögen wurde<lb/>
nur ergänzend besteuert. So mußten in<lb/>
Brandenburg nur die Untertanen von ihrer<lb/>
Fnhrhabe steuern, die nicht eine Hufe besaßen.<lb/>
In Böhmen wurde dagegen eine allgemeine<lb/>
Vermögenssteuer von, beweglichen und unbe¬<lb/>
weglichen Gut erhoben, mit Selbsteinschätzung<lb/>
und strengen Strafen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_2451"> Auch in den Städten waren die Steuern<lb/>
der herrschenden Ansicht nach ursprünglich Jm-<lb/>
mobiliarsteuern, bemessen nach dem Kapitals¬<lb/>
wert, nur ausnahmsweise nach dem Ertrage.<lb/>
Allmählich greift aber auch Mobiliarbesteuerung<lb/>
in den Städten Platz, in Verbindung mit den<lb/>
Abgaben auf Handel und Gewerbe. So haben<lb/>
nach der Nördlinger Erwerbssteuer Viehhändler<lb/>
für jede verkaufte Kuh 2 Pfennig, Fleischer eine<lb/>
Schlachtsteuer von 4 Pfennig für die Kuh, ge¬<lb/>
wisse Handwerker schlechthin eine Steuer von<lb/>
mehreren Pfennigen wöchentlich zu entrichten.<lb/>
Häusig findet sich neben der Vermögens- noch<lb/>
eine Kopfsteuer. Allmählich aber treten Ab¬<lb/>
gaben ans, die nach dem Arbeitseinkommen<lb/>
beimessen sind; so betrug die Türkensteuer in<lb/>
Magdeburg bei Dienstboten 2 Prozent ihres<lb/>
Jcchreslohncs. Ebenso muß nach der Naum-<lb/>
burger Ordnung derjenige, der keine 6 Mark<lb/>
besitzt, von seiner &#x201E;Nahrung" steuern. Das<lb/>
sind die ersten bedeutsamen Ansätze einer Steuer<lb/>
vom Einkommen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_2452"> Der Verfasser hat ein umfangreiches Ma¬<lb/>
terial herangezogen und gründlich bearbeitet.<lb/>
Seine Schrift bildet einen wertvollen Beitrag zur<lb/>
wissenschaftlichen Erkenntnis der Vermögens¬<lb/>
steuer.</p><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head> Finanzreform in Österreich. Von Dr. Fer¬<lb/>
dinand Schmid. H, Lnupp, Tübingen 1911.<lb/>
4 M.</head>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_2453" next="#ID_2454"> Die Abhandlung, die zuerst in der &#x201E;Zeit¬<lb/>
schrift für die gesamte Stnatswissenschnft" von<lb/>
Bücher erschien, beschäftigt sich mit den finan¬<lb/>
ziellen Schwierigkeiten, unter denen in Oster¬<lb/>
reich Staat, Länder und Gemeinden zu leiden<lb/>
haben. Zur Kennzeichnung der Finanzlage<lb/>
führt der Verfasser an, daß Zuschlage von<lb/>
mehreren Hundert Prozent in Stadt und Land<lb/>
nicht zu den Seltenheiten gehören und daß in<lb/>
Südtirol solche von über 1009 Prozent vor¬<lb/>
kommen. Er erörtert eingehend die Mittel<lb/>
zur Abhilfe und bespricht insbesondere fünfzehn<lb/>
Vorschläge einer Landessteuer, n. a. auf Zünd¬<lb/>
hölzchen, Zucker, Licht, Wein, Mineralwasser,<lb/>
auch &#x201E;die jetzt in Mode kommende Wertzu¬<lb/>
wachssteuer". In der Kritik der staatlichen<lb/>
Finanzvorschläge billigt Schmid die Wein- und<lb/>
Branntweinsteuer, verwirft hingegen eine Tan¬<lb/>
tiemesteuer für Vorwaltuugsräte und eine<lb/>
Zusatzsteuer für Aktiengesellschaften. Mit Un¬<lb/>
recht wendet er sich in. E. gegen eine Erhöhung<lb/>
der Einkommensteuer von 29999 Kronen auf¬<lb/>
wärts. Ich halte es für gleichgültig, ob diese<lb/>
Steuer nur den Charakter einer ErgänzungS-<lb/>
steuer hat, wie der Verfasser anführt; der<lb/>
Hinweis auf die Zurückhaltung, die man in<lb/>
Preußen bei den höheren Einkommen übe, ist<lb/>
um so weniger beweiskräftig, als man genötigt<lb/>
sein wird, diese Zurückhaltung bei der nahe<lb/>
bevorstehenden preußischen Reform aufzugeben.<lb/>
Auch der von Schmid bekämpfte Vorschlag einer<lb/>
Junggesellensteuer erscheint mir recht erwägens¬<lb/>
wert. Die Regierung will nämlich die Ein¬<lb/>
kommensteuer für Einzelpersonen um 16 Pro¬<lb/>
zent, für zu zweit lebende Familienglieder um<lb/>
19 Prozent erhöhen. Das entspricht als Regel<lb/>
nur der Billigkeit, auch wenn es in einzelne»<lb/>
Fällen zu einer Härte führen sollte. Mit der<lb/>
Reform der Erbschaftssteuer ist Schund grund¬<lb/>
sätzlich einverstanden, doch hat er Bedenken<lb/>
gegen Steuersätze von 16 und 18 Prozent und<lb/>
verweist auf die erbitterten Kämpfe, die die<lb/>
Erbschaftssteuer in Deutschland hervorgerufen<lb/>
habe. Diese Kämpfe drehten sich indessen uur<lb/>
um die Ausdehnung der Steuer auf Kinder<lb/>
und Ehegatten, nicht um die Frage, ob weitere<lb/>
Verwandte nachdrücklich besteuert werden dür¬<lb/>
fen, wenn ihnen eine Erbschaft als müheloser<lb/>
Gewinn in den Schoß fällt; deswegen bestehen<lb/>
n Deutschland wie in anderen Ländern je<lb/>
nach der Entferntheit der Verwandtschaft und</p>
              <cb type="end"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0567] Maßgebliches und Unmaßgebliches Finanz- und Steuerfragen Zur Geschichte der Vermögenssteuern. Von Dr. pkil, Bruno Moll. Duncker ». Humblot, Leipzig 1911. 3,69 M Die Arbeit stellt sich die Aufgabe, den Begriff der Vermögenssteuer zu erforschen. Es werden zu dem Zwecke die Steuern be¬ sprochen, die in Deutschland auf dem Platten Lande bis zum vierzehnten Jahrhundert und in den Städten im Mütelalter bestanden. Auf dem Lande wurde die „Bete" vom Grund und Boden erhoben, nach der Hufe oder dem Morgenmaß. Bewegliches Vermögen wurde nur ergänzend besteuert. So mußten in Brandenburg nur die Untertanen von ihrer Fnhrhabe steuern, die nicht eine Hufe besaßen. In Böhmen wurde dagegen eine allgemeine Vermögenssteuer von, beweglichen und unbe¬ weglichen Gut erhoben, mit Selbsteinschätzung und strengen Strafen. Auch in den Städten waren die Steuern der herrschenden Ansicht nach ursprünglich Jm- mobiliarsteuern, bemessen nach dem Kapitals¬ wert, nur ausnahmsweise nach dem Ertrage. Allmählich greift aber auch Mobiliarbesteuerung in den Städten Platz, in Verbindung mit den Abgaben auf Handel und Gewerbe. So haben nach der Nördlinger Erwerbssteuer Viehhändler für jede verkaufte Kuh 2 Pfennig, Fleischer eine Schlachtsteuer von 4 Pfennig für die Kuh, ge¬ wisse Handwerker schlechthin eine Steuer von mehreren Pfennigen wöchentlich zu entrichten. Häusig findet sich neben der Vermögens- noch eine Kopfsteuer. Allmählich aber treten Ab¬ gaben ans, die nach dem Arbeitseinkommen beimessen sind; so betrug die Türkensteuer in Magdeburg bei Dienstboten 2 Prozent ihres Jcchreslohncs. Ebenso muß nach der Naum- burger Ordnung derjenige, der keine 6 Mark besitzt, von seiner „Nahrung" steuern. Das sind die ersten bedeutsamen Ansätze einer Steuer vom Einkommen. Der Verfasser hat ein umfangreiches Ma¬ terial herangezogen und gründlich bearbeitet. Seine Schrift bildet einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen Erkenntnis der Vermögens¬ steuer. Finanzreform in Österreich. Von Dr. Fer¬ dinand Schmid. H, Lnupp, Tübingen 1911. 4 M. Die Abhandlung, die zuerst in der „Zeit¬ schrift für die gesamte Stnatswissenschnft" von Bücher erschien, beschäftigt sich mit den finan¬ ziellen Schwierigkeiten, unter denen in Oster¬ reich Staat, Länder und Gemeinden zu leiden haben. Zur Kennzeichnung der Finanzlage führt der Verfasser an, daß Zuschlage von mehreren Hundert Prozent in Stadt und Land nicht zu den Seltenheiten gehören und daß in Südtirol solche von über 1009 Prozent vor¬ kommen. Er erörtert eingehend die Mittel zur Abhilfe und bespricht insbesondere fünfzehn Vorschläge einer Landessteuer, n. a. auf Zünd¬ hölzchen, Zucker, Licht, Wein, Mineralwasser, auch „die jetzt in Mode kommende Wertzu¬ wachssteuer". In der Kritik der staatlichen Finanzvorschläge billigt Schmid die Wein- und Branntweinsteuer, verwirft hingegen eine Tan¬ tiemesteuer für Vorwaltuugsräte und eine Zusatzsteuer für Aktiengesellschaften. Mit Un¬ recht wendet er sich in. E. gegen eine Erhöhung der Einkommensteuer von 29999 Kronen auf¬ wärts. Ich halte es für gleichgültig, ob diese Steuer nur den Charakter einer ErgänzungS- steuer hat, wie der Verfasser anführt; der Hinweis auf die Zurückhaltung, die man in Preußen bei den höheren Einkommen übe, ist um so weniger beweiskräftig, als man genötigt sein wird, diese Zurückhaltung bei der nahe bevorstehenden preußischen Reform aufzugeben. Auch der von Schmid bekämpfte Vorschlag einer Junggesellensteuer erscheint mir recht erwägens¬ wert. Die Regierung will nämlich die Ein¬ kommensteuer für Einzelpersonen um 16 Pro¬ zent, für zu zweit lebende Familienglieder um 19 Prozent erhöhen. Das entspricht als Regel nur der Billigkeit, auch wenn es in einzelne» Fällen zu einer Härte führen sollte. Mit der Reform der Erbschaftssteuer ist Schund grund¬ sätzlich einverstanden, doch hat er Bedenken gegen Steuersätze von 16 und 18 Prozent und verweist auf die erbitterten Kämpfe, die die Erbschaftssteuer in Deutschland hervorgerufen habe. Diese Kämpfe drehten sich indessen uur um die Ausdehnung der Steuer auf Kinder und Ehegatten, nicht um die Frage, ob weitere Verwandte nachdrücklich besteuert werden dür¬ fen, wenn ihnen eine Erbschaft als müheloser Gewinn in den Schoß fällt; deswegen bestehen n Deutschland wie in anderen Ländern je nach der Entferntheit der Verwandtschaft und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/567
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/567>, abgerufen am 23.07.2024.